Name der interviewten Person Suzana Arifovska
Geschlecht weiblich
Alter 59
Religion/Glaubenszugehörigkeit orthodox
Herkunftsland Serbien
Herkunftsland der Eltern Serbien
LG/TZ LG
Speaker 1 [00:00:00]
So, Suzana, vielen Dank, dass du zugestimmt hast zu dem Interview. Ich habe dir gerade erklärt, was das genau ist, dass das ein Forschungsprojekt ist und dass dieses Interview und alles, was du da sagst, zur Forschungszwecken gebraucht wird. Es geht sich um die Diskriminierung und Resilienz an Roma. Ähm. Alles okay? Können wir machen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 2] Gut, dann starte ich einfach mit der ersten Frage. Erzähl mir einfach mal über dein Leben.
Speaker 2 [00:00:00]
[holt tief Luft] Ich weiß nicht, wann bin ich geboren, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] weil meine Mutter sagte, ich bin am 25. Mai. Aber weil das war die Tag, wo die Stafette[1] hat gelaufen durch die Serbien, war niemand da. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Erst mal, ich weiß nicht, welches Datum sie sagt. 26. Aber 25.. Aber in Papiere mein Opa hat mich gemeldet am 26. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ähm, meine Mutter hat mir erzählt, dass sie hat früh morgens die Wehen bekommen und keiner war da. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und wann, sie hat diese starken Schmerzen bekommen. Das hat eine andere Oma mitbekommen und ist gekommen um zu helfen. Und dann bin ich geboren, meine Mutter hat mir nur mit einem Finger das Bein hoch gemacht. Das sie guckt, bin ich ein Mädchen oder ein Junge? Und dann hat sie gesehen, [lacht] dass sich ein Mädchen bin, hat sie diese „Lavor“[2]. Wie heißt das? [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Umgedreht über mich [lacht] und wollte mich umbringen. Aber das ist das diese zweite mal gekommen. Hat mich gerettet in diese ähm, Teppiche. Weißt du bei uns „Ponjave“? Diese,
Speaker 1 [00:02:19]
Ähm, Čerga![3]
Speaker 2 [00:02:20]
Diese, [spricht in Romanes] Sar god Čerga, ama nanaj Čerga. Ponjava. (Übersetzung: Ähnlich wie Čerga, aber ist keine Čerga, sondern Ponjava[4])
Speaker 1 [00:02:23]
Okay
Speaker 2 [00:02:24]
Er hat mich gewickelt. Und so geretet. Sodas bis zum heutigen Tage, ich feier zwei Tage Geburtstag. [Speaker 1: 25. Und 26.] 25. und 26. Und ich freue mich immer, wenn wenn mir jemand schickt, so zum Beispiel von meine Krankengymnastik, wenn sich jemand erinnert das sie sehr schön, oder meine Freunde oder so, aber trotzdem sage ich ja ich habe morgen oder ich hatte gestern Geburtstag, verstehst du? [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Das war meine, sozusagen am Anfang Interessant was für mich.
Speaker 1 [00:03:04]
Wo? Wo bist du geboren?
Speaker 2 [00:03:05]
Im Dorf.
Speaker 1 [00:03:06]
Wie heißt das?
Speaker 2 [00:03:08]
Gabrovac. Neben Niš. Dass es eine kleine Dorf. Wie auch und sagen wir jetzt Eilendorf. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] So ungefähr weit. Jetzt ist das alles zusammen. Aber früher war, Dorf.
Speaker 1 [00:03:22]
Hattest du noch weitere Geschwister?
Speaker 2 [00:03:24]
Ja.
Speaker 1 [00:03:25]
Welche warst du an der Reihe?
Speaker 2 [00:03:26]
Ich war dritte. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und das war die Grund.
Speaker 1 [00:03:29]
Und was war Erster und Zweiter?
Speaker 2 [00:03:32]
A pa, die erste Beide waren meine Schwester.
Speaker 1 [00:03:35]
Beide Mädchen?
Speaker 2 [00:03:35]
Beide Mädchen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 2 [00:03:36]
Und mein Vater war nicht zu Hause. Das habe ich vergessen. Mein Vater war nicht zu Hause. Mein Vater ist, war, Maler und Lackierer und normalerweise, die war immer auf Baustelle [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] ein Tag da, ein Tag da, die andere Städte und so weiter, und weil meine Mutter hat gesehen, dass ich Mädchen bin, und mein Vater hat gesagt, wenn das keine Junge ist, warte nicht auf mich zu Hause, und darum sie wollte mich umbringen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und dann ist mein Vater gekommen. Aber meine Mutter hat versteckt, dass ich bin ein Mädchen, ganze Zeit ich war gewickelt. Weißt du, bei uns? [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] und er hat sich gefreut. Er hat eine Junge, und so, und dann ein Tag, meine Mutter war irgendwas für die Wasserholen oder so was. Und die, ich habe Pipi gemacht [unverständlich] und er wollte mich selber wickeln. Und er war stolz. Sein Sohn. Und dann hat er gesehen. [kurze Pause] Dass ich ein Mädchen bin. Meine Mutter hat sehr, sehr viele Schläge bekommen. Das war Poah… Bah. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 2 [00:04:49]
Sozusagen, [kurze Pause] ich war dritte. Aber, wir waren nicht so wie von meiner, sozusagen, wie soll ich sagen, von meine anderen Familie. Die. Die Kinder. Welche waren Jungs. Weil, bei uns in Familie sind, sehr, sehr, sehr wenige, [kurze Pause] Jungs geboren. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Mehr Mädchen als die Jungs. Und wir waren immer [kurze Pause] so unten. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und jede von meine Schwester, welche ist mit 15, 16, mein Vater hat sie sofort [Handzeichen fürs gehen]
Speaker 1 [00:05:27]
Verheiratet.
Speaker 2 [00:05:29]
Verheiratet. Er wollte keine, keine Mädchen. Er wollte keine Mädchen.
Speaker 1 [00:05:37]
[kurze Pause] Ähm, und habt ihr in diesem Dorf eigenes Haus gehabt, [Ja. Zustimmung durch Speaker 2] wo ihr gelebt hat?
Speaker 2 [00:05:47]
Ja. Wir hatten unser Haus und wir hatten sehr, sehr, sehr viele Tiere. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Schweine, Lämmer, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] diese [unverständlich] wie heißt das, [serbisch] Ćurke, Guske (Übersetzung: Puten, Gänsen) lelee, Wir hatten einen Hund und wir hatten auch eine ganze [serbisch] šupa . Ich weiß nicht. Wie heißt das?
Speaker 1 [00:06:13]
Schuppen?
Speaker 2 [00:06:13]
Schuppen mit voll mit Tauben [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] darin. Und sehr wertvolle Taube. Und ein Hund Bobi.
Speaker 1 [00:06:25]
Ähm, nach dir kamen noch weitere Geschwister?
Speaker 2 [00:06:27]
Nein.
Speaker 1 [00:06:28]
Du bist die Letzte?
Speaker 2 [00:06:29]
Ich bin die Letzte mit meiner Mutter. Mit andere Frau, ja. Aber nicht mit meine Mutter.
Speaker 1 [00:06:39]
[kurze Pause] Welche andere Frau jetzt?
Speaker 2 [00:06:41]
[lacht] In der Zeit wann er war mit meiner Mutter [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] er war auf den Baustellen. Meine Mutter war schwanger mit meiner mittlere Schwester. Gleiche Zeit auf dem andere Stadt war eine andere Frau schwanger mit ihm. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und die sind sozusagen gleiches Jahr, im gleichen Monat geboren [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]und sie sehen auch, ähm ähnlich. Ich denke, du hast sie gesehen in Pontor.
Speaker 1 [00:07:13]
Vielleicht.
Speaker 2 [00:07:14]
Doch, doch.
Speaker 1 [00:07:15]
Ja? Okay.
Speaker 2 [00:07:17]
Und vor, weiß ich nicht. 17, 18 Jahre. Weil meine Mutter und mein Vater, haben sich getrennt vor 20, 30 Jahren. Und danach? Er hat wieder geheiratet und hat Zwillinge bekommen.
Speaker 1 [00:07:32]
Mhh, Mit eine dritte Frau?
Speaker 2 [00:07:34]
Mit eine dritte. Eine Junge und ein Mädchen. Zwillinge. Kristijan und Kristina
Speaker 1 [00:07:40]
In Niš?
Speaker 2 [00:07:41]
[sehr leise] Ja.
Speaker 1 [00:07:46]
[kurze Pause] Okay. Ähm, du hast da im Haus mit, deine Mutter, deine Geschwister und dein Vater gelebt? [Zustimmendes ja Speaker 2] und dein Vater hat in einer anderen Stadt gearbeitet und dort irgendwie eine andere Frau gehabt. [Zustimmendes ja Speaker 2] Aber trotzdem lebte dein Vater weiterhin mit euch.
Speaker 2 [00:08:03]
Ja
Speaker 1 [00:08:05]
Wie war denn deine Kindheit da?
Speaker 2 [00:08:13]
Ähm, [kurze Pause] Wie soll ich das sagen. Wir waren nicht arm. Wir waren. Ähm, wir waren sozusagen reich. Mein Vater war die erste wer hat die ein Fernsehen in Dorf gebracht und zu sagen, ähm, wir haben auf dem Fenster die Fernsehen reingetan und da waren so viele, viele Leute
Speaker 1 [00:08:34]
Draußen gucken?
Speaker 2 [00:08:35]
Ja, da war wie Kino. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ich kann mich noch so ein bisschen, bisschen erinnern, das waren auch die Gadje, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Frauen mit diese Wolle. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ahm, die waren alle da. Jemand häkelt macht diese, aber die waren, Danke Schatz (die Tochter hat ein Glas Wasser gebracht). (Sie trinkt Wasser) Ähm, und meine Vater hatte eine große Motorrad. Ich weiß nicht, wie heißt er, Zündapp, oder sowas.
Speaker 1 [00:09:05]
Genau. Kenne ich.
Speaker 2 [00:09:06]
Und auf diese Zündapp, [lacht und spricht weiter] haben wir ganze Familie gefahren. Können wir das vorstellen. Alle. Und, eigentlich ähm, war nicht schlecht, aber war auch nicht gut. Weil. Da war meine Opa, meine andere, die Brüder von meine Vater und von meine Opa die Bruder und seine Familie. Jeder hatte seine Haus, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] aber irgendwo immer war diese Rivalität. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und, ich habe mehr sozusagen. Ich war bei anderen Familien mehr als bei meinen, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] weil, ähm, meine Oma hat immer geschimpft, dass meine Mutter nicht fruchtbar ist für die Jungs,
Speaker 1 [00:09:58]
Ah, du scheiße
Speaker 2 [00:10:01]
Oder so was. Und wir waren immer wie Bastard, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] bis zum heutige Tag, ähm, die nennen mich Kopile. (auf Serbisch Bastard)
Speaker 1 [00:10:10]
Auuu.
Speaker 2 [00:10:12]
[spricht serbisch] Pa Dana me zove Kopiljak. [Übersetzung: Die Dana (ihre ältere Scgwester) ruft mich heute immer noch Kopiljak]
Speaker 2 [00:10:14]
[längere Pause] Und, [kurze Pause] ich weiß nicht, zum Beispiel von anderen Opa ist die Silvana. Boban und die. Die waren ein bisschen reicher als wir, und ich war immer ein bisschen eifersüchtig, weil, [kurze Pause] ich habe immer gesehen, was die andere haben. Ich hatte nicht mal eine Puppe. Ich hatte Puppe von, [kurze Pause] [spricht serbisch] Krpe. [Übersetzung: Lumpen / Stoff]
Speaker 1 [00:10:43]
Stoff.
Speaker 2 [00:10:44]
Stoff. Und Silvana damals noch hatte eine Barbie [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] und ich habe [lacht und spricht unverständlich] geschnitten. Bis zu hete Silvana sagt: „Du schuldest mir eine Puppe“.
Speaker 2 [00:10:56]
Aber. [kurze Pause] Ich weiß nicht weil die Schweine die jüngste. Mein Vater hat sich ein bisschen mit mir benommen wie mit einem jungen. Er hat mich sozusagen, [kurze Pause] Ich fluchte sehr viel. Wie ein Mann. Das kommt alles von meinem Vater. Aber, er war streng,
Speaker 1 [00:11:21]
Ich habe nicht verstanden.
Speaker 2 [00:11:23]
[spricht Serbisch] Psujem be. I ja psujem kao on. On me naucio da psujem. [Übersetzung: Ich fluche. Ich fluche wie er. Er hat mir beigebracht, zu fluchen.] [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 1 [00:11:28]
[spricht Serbisch und lacht] Jel je igrao fudbal stobom? [Übersetzung: Hat er mit dir Fußball gespielt?]
Speaker 2 [00:11:30]
[spricht Serbisch] Ja sam igrala fudbal. [Übersetzung: Ich habe Fußball gespielt]
Speaker 1 [00:11:32]
[spricht Serbisch und lacht] Jel stesi isla na pecanje? [Übersetzung: Warst du auch angeln?]
Speaker 2 [00:11:33]
[spricht Serbisch] Bili smo. Bila sam. [Übersetzung: Ja, waren wir. War ich.]
Speaker 2 [00:11:35]
[spricht Serbisch] I tu sam bila. I kad je bio da juri svalerke. I tamo sam bila. Snas kod nas ima veliki kino u grad. I sad ima indijski filmovi i ona sto prodavala sa korpice semenke i kikiriki. Ona mi napinimi fisek sa semenke i pustime da sedim i kaze „gledaj film, sad cu ja da dodjem“. A on ode sa svalerku. Kad se zavrsi komplet onda i on. [Übersetzung: Da war ich auch. Und als er auf der Jagd nach Liebhaberinnen war. Dort wo wir waren, gab es ein großes Kino in der Stadt. Da liefen indische Filme. Und die Frau, die dort mit einem Körbchen Sonnenblumenkerne und Erdnüsse verkauft hat, machte sie mir volle Becher und dann verschwand sie mit meinem Vater. Er sagte: „Schau dir den Film an, ich komme sofort“ Als der Kinofilm zu Ende war, kamen sie auch zurück.]
Speaker 1 [00:12:04]
Wie alt warst du da?
Speaker 2 [00:12:05]
Ich war klein. Ich war klein. [kurze Pause] 6-7 Jahre.
Speaker 1 [00:12:14]
Okay. Wo bist du dann zur Schule gegangen?
Speaker 2 [00:12:17]
Danach die haben sie sich gestritten. Weil da war immer Streit zwischen meine Eltern. Da war Liebe. Aber war auch Streit. Viel Schlägerei. Weil die Männer haben sehr viel getrunken, mein Vater auch. Und dann er findet sich immer eine Grund, meine Mutter zu schlagen. Und meine. Meine Oma sagt ja, deine Frau guckt mal, die hat dir nur, geboren, keine Junge. Und dann das fehlt nur so kleines bisschen für mein Vater, dass er fängt an. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und, ähm, weil meine Mutter ist, das weiß ich nicht Deutsch [spricht Serbisch] Dete palog borca. [Übersetzung: Kind eines gefallenen Soldaten.] Weil mein Opa war auch Partizan. Er sie hat diese Papiere, die ist nach Belgrad gegangen, zu Tito, und die hatte Gespräch mit denen da, und die hat die Wohnung bekommen. In Stadt. Weil sie hat gearbeitet in Opstina [serbisches Wort für Stadtverwaltung oder Gemeinde] Putzfrau. Aber [spricht Serbisch] Opstina je Opstina. [Übersetzung: Stadtverwaltung ist Stadtverwaltung] Und so haben wir die Wohnung nicht bekommen. Und das war,
Speaker 1 [00:13:34]
[spricht Serbisch] Jer je dobila penziju? [Übersetzung: Hat sie auch Rente bekommen?]
Speaker 2 [00:13:35]
Ähm, [kurze Pause]
Speaker 1 [00:13:39]
Nur die Wohnung? Okay.
Speaker 2 [00:13:39]
Die Wohnung habe ich gekauft. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] [kurze Pause] [Aufatmendes Geräusch Speaker 1] Die hat die Einzimmerwohnung sozusagen Schlafzimmer Wohnzimmer mit Küche, Kupatilo (serbisches Wort für Bad) Weil die haben gesagt, für eine Frau mit drei Mädels. Das reicht. Und so hat sie die Wohnung bekommen. Das war die Wohnung. Ähm, für sie nicht gekauft, sondern sie kann nur nutzen.
Speaker 1 [00:14:08]
Miete bezahlen.
Speaker 2 [00:14:09]
Ja, Miete, Miete. Genau. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und da bin ich in Schule gegangen,
Speaker 1 [00:14:14]
In Niš? (Stadt in Südserbien)
Speaker 2 [00:14:15]
in Niš.
Speaker 1 [00:14:16]
Erste Klasse?
Speaker 2 [00:14:17]
Nein, erste Beide in Dorf und dann dritte ab dritte bis achte war ich Nis. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 1 [00:14:27]
Okay, wie war deine Schulzeit?
Speaker 2 [00:14:30]
Ooooh, anstrengend.
Speaker 1 [00:14:32]
Ja?
Speaker 2 [00:14:34]
Meine Mutter hat mich nicht gelassen mit anderen, ähm, ähm, Zigeunern zu sprechen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Weil, wir kommen aus Dorf [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] und aus Stadt die Zigeuner sind andere. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und meine Mutter wollte das nicht.
Speaker 1 [00:14:50]
Wir waren die anders?
Speaker 2 [00:14:52]
Die andere war es, waren ahm, [kurze Pause] aggressiv, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] die andere waren, ich habe mit zwölf angefangen zu rauchen, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] weil, ich habe mich mit denen befreundet, die andere waren, puh, weißt du wie hier. So. Und wir waren ein bisschen
Speaker 1 [00:15:19]
Besser erzogen?
Speaker 2 [00:15:20]
Genau.
Speaker 1 [00:15:21]
Okay.
Speaker 2 [00:15:22]
Weil ähm, ich dürfte mich nicht schön anziehen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Weil, ähm, die haben mir mehrmals meine Bücher ähm, und meine Taschen und meine, meine, meine Klamotten haben die kaputt gemacht. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 1 [00:15:43]
Jungs oder Mädchen?
Speaker 2 [00:15:44]
Egal.
Speaker 1 [00:15:45]
Ja?
Speaker 2 [00:15:47]
Die waren so aggressiv heute noch und heute sind die, die Mädchen sind mehr aggressiver als Jungs. Und darum Ich musste mich befreunden mit denen ich erstmal sie hat mich geschlagen und danach wir waren beste Freundinnen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und bis heute noch. [Unverständlich] Bis heute noch. Aber am Anfang war es schwer, weil es ist ganz anders. in Stadt, ganz anders im Dorf. Im Dorf hast du alles. Kartoffel, Zwiebel, Tomate, Fleisch, alles. In Stadt musst du das kaufen.
Speaker 1 [00:16:25]
Ja, ja.
Speaker 2 [00:16:27]
Und die Leute waren nicht so früher. Die waren anders.
Speaker 1 [00:16:30]
Wer war denn dann im Haus? Habt ihr das Haus verkauft, oder?
Speaker 2 [00:16:34]
Nein, das Haus ist geblieben. Und wann hat sie sich von Mutter und Vater erst getrennt. Mein Vater war zurückgezogen.
Speaker 1 [00:16:42]
Dein Vater hat das Haus bekommen.
Speaker 2 [00:16:46]
Zurück in Dorf.
Speaker 1 [00:16:47]
Okay.
Speaker 2 [00:16:48]
Eigentlich diese Haus hat meine Mutter gemacht. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Aber.
Speaker 1 [00:16:54]
Die Jungs bekommen immer alles?
Speaker 2 [00:16:56]
Die Jungs bekommen immer alles.
Speaker 2 [00:16:55]
Und wann ich war so 15, nicht mal 15, [Aufatmendes Geräusch Speaker 1] aah, mein Vater und die Freundin von meiner Mutter, ähm, die Kollegin, Arbeitskollegin hat mitgebracht diese Leute aus andere Stadt, aus Kruševac. Die haben gesagt da gibt es zwei Mädchen. Die Älteste und die jüngste, weil danach hat sie schon geheiratet mit Savo. Sie war schon verheiratet mit 16, die Dana. Buba hat versucht. Weil mein Vater, [schaut auf das Foto ihres Vaters an die Wand] tut mir leid Papa, weil mein Papa hat mehrmals die älteste verheiratet mit, er findet sie die Platz. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] und wir, wir haben, hatten keine rechts zu wählen, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] wen wir wollen [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Nein, das machen die, die Ältere mit ähm, zwischen sich.
Speaker 1 [00:18:05]
Die entscheiden, den heiratest du.
Speaker 2 [00:18:06]
Ja. Und das klappt nicht, meine Schwester kommt nach Hause zurück, aber [Geräusch aus dem offenen Fenster] kurz danach mein Vater findet ein anderen wieder. Sie war schon paar Mal [kurze Pause] verheiratet. [kurze Pause] Und so haben die mit mir gemacht. [kurze Pause] Die haben eigentlich für die ältere Schwester diese Junge gebracht. Aber meine Schwiegermutter wollte sie nicht, weil meine ältere Schwester war weiß. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Blaue Augen und sowas. Und sie wollte sie nicht.
Speaker 1 [00:18:48]
Sie wollte, dich dann?
Speaker 2 [00:18:59] [spricht Romanes] Isila kurvinska jakha. [Übersetzung: Sie hätte prostituierten Augen]
Speaker 2 [00:18:55]
Und dann haben die mich genommen. Und dann stell dir vor, du ein Kind aus Dorf, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] okay, in die Stadt hast du dich irgendwie eingelebt, kommst du in eine Romani Mahala [Romanes: Roma-Siedlung] [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] mit vielen Zigeunern, mit fremde Sprache, aber ich konnte nicht Zigeunisch viel. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und das war Hölle für mich.
Speaker 1 [00:19:22]
Wo, in Niš?
Speaker 2 [00:19:25]
In Kruševac.
Speaker 1 [00:19:25]
Kruševac? [Zustimmung Speaker 2 durch Kopfnicken]
Speaker 2 [00:19:26]
Das war Hölle. Ich konnte nicht Zigeunisch. Ich wusste nicht, wer mein Mann ist. Wie alt ist er? Ich wusste das nicht. Ich hab. Dann hab ich die Wäsche gewaschen. In seinem Hemd war seine diese Ausweis. Lična Karta [serbischer Personalausweis] Und ich sehe etwas da braun und ich hole raus, aus dem war total nass, Ich wollte sie auf dem Sonne trocknen lassen. Da sehe ich. [pfeift] Zehn Jahre älter als ich. Ich war ein Kind 15 Jahren. Mit 16 bin ich Mutter geworden. [kurze Pause] Das war schrecklich. [kurze Pause] [Aufatmendes Geräusch] Ich bin froh, dass ich hab wenigstens die acht Jahre die Schule gemacht.
Speaker 1 [00:20:16]
Da hast du gerade die Schule zu Ende gemacht mit 15, ne?
Speaker 2 [00:20:22]
Ja. Und damals bei uns, nach deine Noten, die sagen dir, zu welchem Beruf gehst du. Du konntest nicht selber wählen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ähm, Da war medizinische Schule, da war [spricht Serbisch] trgovačka škola, medicinska škola i neznam još nešto. Meine stavili u trgovačku školu [Übersetzung: Handelsschule, Medizinische Schule und ich weiß nicht, noch etwas. Mich haben sie in der Handelsschule getan] Ich konnte keine Mathe. Halo, bis heute noch nicht. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Aber das habe ich nicht erlebt, weil bevor dass ich September anfange, die haben mich schon, [Handzeichen für verheiratet].
Speaker 1 [00:21:01]
Wie lange hast du bei diesem Mann geblieben?
Speaker 2 [00:21:04]
Oh, pfff, [kurze Pause] das kann ich dir nicht sagen. Weil ich weiß nicht. [kurze Pause] Zum Beispiel. Ich war da drei Monate, dann [kurze Pause] gehe ich weg, zu meine Mutter. Ich bleibe bei meiner Mutter, vielleicht eine Woche zwei. Mein Vater bringt mich zurück. Zwei Wochen sind auch viel. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und dann habe ich die älteste Kind bekommen. Mein Vater hat gesagt, ich soll dem mein Kind auf ihm übertragen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Aber [unverständlich] Kindergeld kriegen und so weiter. Und er hat mir schon eine Menn gefunden, wo sollte ich Mutter für seine Kind sein. Aber nicht für meine. [längere Pause] [Aufatmendes Geräusch Speaker 2] Dann bin ich wieder zurück. In Kruševac habe ich gesagt besser ertrage ich diesen Mann, weil er ist der Vater von Mein Kind. Als dass sich Mutter für ein fremdes Kind bin. Aber nicht mein Kind zu sehen. Ich durfte nicht, mein Kind sehen, ich dürfte nicht mein Kind erziehen. Aber ich soll von fremde Leute die Kind, ne, das wollte ich nicht. Dann bin ich wieder zurück. Und dann habe ich mir gesagt Okay, ich war schwanger mit Diana, dann habe ich gesagt egal, wenigstens die Kinder haben ihren Vater neben sich. Aber, da hat auch nicht gut geklappt. Das war ein ganz anderes als… bei uns. Schlecht, schlecht. Viel Schlägerei, viel Quatscherei. Musik, da, jemand schlägt sich jemand das, jemand das, meine Kinder durfte nicht, Tamara ist geschlagen von jemanden, dann bin ich gegangen. Da kommt seine Mutter. Sein Vater auch. Ey, Ich hab mich geschlagen, das gebe ich zu. Ich habe mit dem Jahre gelernt. Das habe ich gelernt, sich zu schlagen, habe ich die Frau kaputt gemacht. Aber da kommt ihre Mutter, ihre Tanten und die ganze Familie und ich bin alleine. Aber Gott sei Dank, hinter mir waren von meinem Mann die Familie [spricht lächelnd weiter] und dann haben die mit Stöcke mit alles mögliches.
Speaker 1 [00:23:44]
Wie, wie hieß diese Mahala in Kruševac? Gibt es Name? Weißt du noch?
Speaker 2 [00:23:48]
Marka Kraljevića
Speaker 1 [00:23:50]
Marko Kraljević?
Speaker 2 [00:23:52]
Da. So heißt die Straße.
Speaker 1 [00:23:54]
Aha. Und da leben die ganzen Roma?
Speaker 2 [00:23:56]
Da gibt’s eine lange, lange, lange Straße. Am Anfang der Straße leben Arlije, dann kommen Thamari, dann kommen Čergari, dann kommen Mršari. Mršari ist das die Letzte. [Arlije, Thamari, Čergari, Mršari sind einige der vielen Untergruppen der Roma]
Speaker 1 [00:24:19]
Die schlimmste?
Speaker 2 [00:24:19]
[murmelt] die letzte. Die haben keine ähm, Geräte, keine Waschmaschine, keine Šporet [serbisches Wort für Herd]. Die, die machen draußen Essen und alles. Kinder sind. Kinder sind ohne Schuhe, ohne Klamotten, nackt, [murmelt] die schlimmste.
Speaker 1 [00:24:39]
Wie heißen, die? (Diese kannte ich bisher nicht)
Speaker 2 [00:24:40]
[spricht Serbisch] Mršari*. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Jedu mršu. Creva [Übersetzung: Die essen Leichen. Innereien] [Geräusch für etwas ekelhaftes]
(*Mršari – Die Bezeichnung stammt aus dem Wort Mrša was übersetzt Überreste einer Leiche bedeutet. Damit ist wohl gemeint, dass diese Gruppe tote Tiere essen, die länger tot sind oder nicht ausgeblutet sind. Höchstwahrscheinlich tote Tiere die vom Bauern weggeschmissen wurden.)
Speaker 1 [00:24:46]
Ja, ich weiß
Speaker 2 [00:24:50]
Ekelhaft. Da, da ist keiner von uns nach oben gegangen. Wir haben die Kinder Angst gemacht.
Speaker 1 [00:24:57]
Auf dieser Straße als Letzte waren die. Und danach kamen keine mehr.
Speaker 2 [00:25:00]
Keine. Da kommt später die, wie heißt das, Polje. [serbisches Wort für Feld] [unverständlich] [kurze Pause] Aber eine einzige Straße mit…
Speaker 1 [00:25:10]
Sektoren?
Speaker 2 [00:25:11]
Ja.
Speaker 1 [00:25:12]
Und die ersten waren die Priviligiersten. Die Arlije. Ja.
Speaker 2 [00:25:19]
Und die reden ganz anders. Jeder redet mit seinem Dialekt. Darum sage ich Arlije, Thamari, Čergari, Mršari.
Speaker 1 [00:25:34]
Ähm, Das heißt, du warst schon ganz erwachsene Frau, die immer noch da gelebt hat.
Speaker 2 [00:25:40]
Ich war eine Frau, aber nicht erwachsene. Wenn du. Wenn du denkst, eine Frau mit 16 Jahren, was kann sie? Eine Frau mit 16
Speaker 1 [00:25:47]
Ich meine, irgendwann bist du. Wie lange warst du da?
Speaker 2 [00:25:51]
Hin und her, hin und her, hin und her. Um. Um die sechs Jahre.
Speaker 1 [00:25:59]
Das heißt 20, 21, 22? Ja. Okay. Hast du in der Zeit gearbeitet?
Speaker 2 [00:26:10]
Ja.
Speaker 1 [00:26:12]
Wo?
Speaker 2 [00:26:12]
Ich habe gearbeitet im Krankenhaus. Da habe ich angefangen.
Speaker 1 [00:26:19]
Als was?
Speaker 2 [00:26:20]
Als Putzfrau. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Aber für mich war, irgendwie habe ich mich gut gefühlt. Wenigstens rauszugehen. Zwischen Leuten. Weil, ähm, ich habe mich anders gefühlt. Und vor das haben wir mit ähm, mit Italien gearbeitet, mit Türkei Jeans zu verkaufen, T-Shirt und sowas.
Speaker 1 [00:26:49]
Uns auf dem Markt.
Speaker 2 [00:26:50]
Auf dem Markt und egal, was habe ich verdient. Meine Tasche waren voll. Aber ich durfte mir nicht Zigaretten kaufen. Ich dachte mir keine Burek (Börek) kaufen. Alle essen, ich gucke. Wenn mir jemand sagt „Wieso kaufst du nicht? Wieso nimmst du dir nicht?“ Oh, ich habe keinen Hunger.
Speaker 1 [00:27:12]
Musstest du das Geld abgeben? Deinem Mann?
Speaker 2 [00:27:14]
Ja.
Speaker 1 [00:27:16]
Durftest du nix behalten?
Speaker 2 [00:27:18]
Nix. Meine Schwiegermutter. Nichts. Ich durfte nicht nehalten.
Speaker 1 [00:27:27]
Und dann als du gearbeitet hast?
Speaker 2 [00:27:29]
Dann habe ich angefangen zu arbeiten. Meine Schwiegermutter war nicht da. Sie war bei ihrer Tochter hier in Deutschland. Und ich habe mit ihm geredet. Ich hab gesagt, hör mal. Wir haben nicht genug Geld. Sage ich, Was wäre, wenn ich arbeite? Und er sagt Ja, wenn was? Wenn du aufpasst, was du machst und so was. Ich hab gesagt, ich hab kein Problem damit. Aber damals wusste ich nicht, warum hat er mir das gesagt? Weil nämlich, ähm, [Tief ein- und ausatmendes Geräusch Speaker 2] Er hat gestanden auf Männer.
Speaker 1 [00:28:17]
Dein Mann?
Speaker 2 [00:28:22]
[Zustimmung durch Kopfnicken] Und ähm, [kurze Pause, zieht an der Zigarette] Das war schwer. [kurze Pause] Das war schwer. [kurze Pause] Ich habe gewartet, dass er kommt jeden Monat wann er kriegt sein Lohn zuhause. Er ist nie gekommen nach Hause. Direkt, direkt erst mal in Kneipe „Zlatno Burence“ (Name der Kneipe „Goldenes Fass“). Und dann vielleicht morgens oder so total betrunken mit Freunden. Und [kurze Pause] für mich war es zu spät, weil ich hatte zwei Kinder schon. In einem Zimmer auf einem Bett schlafe ich mit den Kindern, auf anderem Bett er schläft mit seinem Freund. Das war nicht schön. Das war überhaupt nicht schön. [kurze Pause] Und darum durfte ich arbeiten. Habe ich gearbeitet. Sehr. War mir sehr schön. Dannach ist meine Schwiegermutter gekommen. Ich musste meine Arbeit abgeben. [Tief ein- und ausatmendes Geräusch Speaker 2] Aber trotzdem habe ich eine Putzstelle in einer große Solitär gefunden und die [Macht Zigarette an Speaker 2] die Mann von dieser Haus. Die, wie Hausmeister oder so was, hat mir gesagt, weil er wusste von meiner Situation und hat mir gesagt wir machen die Keller für dich wie ein Zimmer. Für dich und deine Kinder, dann kannst du hier umziehen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Da zu wohnen. Du brauchst nichts zu zahlen nur die Haus zu putzen und du kannst wieder zurück auf deine Arbeit und du kannst deine Kinder [kurze Pause] gesund großziehen, weil damals ist gekommen diese AIDS und sowas. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und ich hatte Angst für meine Kinder.
Speaker 1 [00:30:37]
Hast du deinen Mann damit konfrontiert?
Speaker 2 [00:30:40]
Tausendmal.
Speaker 1 [00:30:44]
Und?
Speaker 2 [00:30:45]
Ich hab Schläge bekommen.
Speaker 1 [00:30:49]
Wollte er nicht zugeben, oder? Warum Schläge?
Speaker 2 [00:30:54]
Ich dürfte garnix sagen. [längere Pause] Das ist passiert bis ein Tag bin ich nicht wieder abgehauen. Wieder. Weil das hab ich ständig gemacht. Und mein Vater bringt mich wieder zurück. Und dieser Tag [Aufatmendes Geräusch Speaker 2] Ich bin um 4 gekommen von dieser Stadt in meine Stadt. Schon in 4:30 waren wir Auto. Mein Vater bringt mich zurück. Und dann habe ich ihm unterwegs alles erzählt. Er hat mir nicht geglaubt. Hat geschimpft mit mir. [spricht Serbisch] Psovao me sve. [Übersetzung: Schlimmste Schimpfwörter]
Speaker 1 [00:31:38]
Und dann hat er dich wieder zurückgebracht?
Speaker 2 [00:31:40]
Hat mich zurückgebracht. Aber wann wir sind in ähm, [spricht Serbisch] u dvorište kad smo ušli ja sam namerno ostala pozadi. Pustila sam njega da on ide prvi. [Übersetzung: als wir im Hof reingegangen sind, bin ich extra hinten geblieben und habe ihn als erster gehen gelassen.] Erster war mein Vater hinter ihm meine Mutter und danach ich. Er kommt rein. Auf dem Tisch steht kleiner Fernseher. Und gelie, ge, gel.. geliehen wie heißt das? [spricht Serbisch] Pozajmnjeni, znaš tad mogo si da uzmeš [Übersetzung: Geliehen, weißt du damals konntest du leihen]
Speaker 1 [00:32:13]
Ah, geliehene Filme.
Speaker 2 [00:32:15]
Geliehene DVD und Pornofilme. Und er sitzt mit seinem Kumpel, [spricht Serbisch] Zagrljeni i gledaju pornići [Übersetzung: beide umarmt und schauen Pornofilme] [Aufatmendes Geräusch Speaker 2]
Speaker 1 [00:32:29]
Und dein Vater?
Speaker 2 [00:32:31]
Dann hat er mein Vater, wow, du weißt schon wie? Richtig hat ihm gegeben.
Speaker 1 [00:33:39]
[spricht Serbisch] Opsovao ga sve. [Übersetzung: Hat auf ihm geschimpft]
Speaker 2 [00:33:39]
[spricht Serbisch] [unverständlich] Uh kad ga nije ubio. I onda me uhvatio za ruku i, nazad. Tad mi je poverovao. [Übersetzung: Uh er hätte ihn umgebracht. Danach hat er mich an die Hand genommen und zurück. Dann hat er mir geglaubt.]
Speaker 2 [00:32:52]
[lacht und spricht] Aber zwei Wochen später hat er mir einen Mann gefunden.
Speaker 1 [00:32:57]
Ach du scheiße. Ah, Suzana.
Speaker 2 [00:33:01]
Ja. [Aufatmendes Geräusch] Ja. [weint] [längere Pause] Scheiße ne? [längere Pause] [Aufatmendes Geräusch] [spricht sehr leise] Das ist Kacke.
Speaker 1 [00:33:19]
Und wo war dieser Mann?
Speaker 2 [00:33:21]
Aus anderer Stadt. Ein älterer Mann, weil er hat mit ihm gearbeitet.
Speaker 1 [00:33:31]
Welche Stadt war das?
Speaker 2 [00:33:32]
Aus Pirot. (Stadt in Südserbien)
Speaker 1 [00:33:33]
Aus Pirot?
Speaker 2 [00:33:34]
[weint weiter] Bis heute weiß ich. [schnauft] [kurze Pause] Und ähm, ich wusste nicht, wie soll ich mich für diesen Mann rechnen? Denn weil er mit meiner Mutter gearb, geredet. Wie sollen wir machen dass und jenes? Wie sollen wir mit meine Kinder? Weil er will keine Kinder. Er hat seine eigene Kind. Und ich werde diese Kind lieben, weil die heißt gleich wie meine Mutter. Und aus Wut. Ich habe gesagt, ich geh Müll wegschmeißen. Wir wohnen 4. Etage. Und du weißt, bei uns draußen du ziehst die Schuhe. Die Schuhe ziehst du draußen. Ich habe seine Schuhe genommen direkt den Müll. [kurze Pause] [schnauft] Das war meine Rache. Und später er wollte weggehen. Er kommt mit seiner Familie, dass und jenes. Ich sage ja, kein Problem. Weil meine Mutter ähm. Ich weiß nicht. Wie soll ich dir das erklären? Ich durfte nichts schlecht sagen. Ich sollte lächeln, Nur lächeln.
Speaker 1 [00:34:47]
Und ja sagen.
Speaker 2 [00:34:49]
Ja, Und dann er sucht seine Schuhe. Wo sind die Schuhe? Das und jenes? Um, keine Ahnung. Meine Mutter sagt ja, wahrscheinlich die Kinder von unten von Nachbarin haben die mitgenommen. Du musst nach unten gucken. So ist er barfuß gelaufen, bis zu seinem Stand. Das war meine Rache. [kurze Pause] Aber bis heute habe ich es nicht vergessen. Tut mir gut wen ich sowas [unverständlich] Uff.
Speaker 1 [00:35:18]
Wie ist es denn dann gekommen, dass du entschieden hast nach hier zu kommen.
Speaker 2 [00:35:27]
[lautes Geräusch, sie bewegt die Kaffeetasse] Meine Mutter und mein Vater haben sich getrennt. Meine Mutter hat ihn endlich rausgeschmissen. Endlich. Weil meine ältere Schwester hat Kind bekommen. Irena. Und meine Mutter hat Urlaub genommen, hat sich krankgeschrieben. Sie konnte keine Urlaub kriegen, sondern hat sich krankschreiben und [schnauzt] ist nach hier gekommen. Das war ihr erste Enkelkind inzwischen. Mein Vater ist zum Arbeit gegangen bei meine Mutter und hat gesagt: Wissen Sie was, gestern hat mich angerufen und gesagt die will die Scheidung und die kommt nicht mehr auf dem Arbeit. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 1 [00:36:13]
Die gibt Kündigung.
Speaker 1 [00:36:15]
Dein Vater hat deine Mutter quasi gekündigt.
Speaker 2 [00:36:16]
Genau. Und hat die Scheidung gemacht. Ohne meine Mutter. Und nach einer Woche, zwei, jetzt weiß ich nicht, meine Mutter kommt nach Hause. Normal. Sie hat sich vorbereitet. Abends, morgens, weil.
Speaker 1 [00:36:30]
Zur Arbeit.
Speaker 2 [00:36:31]
Zur Arbeit zu gehen. Urlaub. Urlaub war vorbei. Die geht auf dem Arbeit. Und jeder guckt sie so an! Sie guckt. Was ist los? Und Chef sagt kommt bei mir in mein Büro. Meine Mutter ist gegangen. Was ist los Chef? Er sagte. Warum bist du hier? Meine Mutter sagt Ja. Ich bin auf Arbeit gekommen. Sagt, hast du nicht gekündigt? Und meine Mutter war sprachlos. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Sozusagen wie Herzinfarkt, hat sie bekommen. Ich weiß nicht, wie Sie nach Hause gekommen. Das weiß ich nicht. Sie war wie besoffen, weil die Notarzt oder so was. Die ist umgekippt. Dann hat sie erfährt das sie hat Job verloren. Ehe war geschieden, weil auf dem Arbeit war, alle Papiere war schon fertig. Alles fertig. Und die ist umgekoppt, Notarzt ist gekommen und hat ihr welche Spritze gebracht und so ist sie nach Hause gekommen. Weiß ich nicht, aber weiß ich wann ist sie gekommen wie besoffen. Und dann hat sie ihn rausgeschmissen. Er hat es gemacht. Er war bei uns im Haus. Aber er hat nicht meine Mutter gesagt. Er hat gedacht so, aber irgendwie. Das war das Ende für meine Mutter. Und dann hat sie ihm rausgeschmissen.
Speaker 1 [00:38:05]
Aber du hast doch diese Wohnung im Haus.
Speaker 2 [00:38:07]
Ich bin ich. Ich war da. Und, ähm, ich war da. Aber später ist die ist wiedergekommen hier, weil irgendwo sie die meine Schwester hat gesagt, die werde sie bezahlen, das sie passt auf dem Enkelin und soweiter. Und meine Mutter ist hier gekommen. Ich bin dageblieben. Dann ist meine Vater gekommen und mich rausgeschmissen aus dem Wohnung. [kurze Pause] Das war hin und her Sebo, hin und her mit mir. Und eines Tages, meine Mutter hat wieder. Sie ist zurückgekommen, weißt du, hin und her. Und dann ist die zweite Baby bekommen. Iki, und dann meine.
Speaker 1 [00:39:02]
Deine Schwester meinst du?
Speaker 2 [00:39:03]
Ja, Meine Schwester zweite Kind bekommen und meine Mutter ist wieder hierher gekommen und hat mir gesagt oder Telefon. Ich in Niš. Hat mir gesagt: Hör mal, hier sind viele Leute, gesagt, du sollst hier kommen, dann melden wir dich, an, du weißt schon wo. Und ich habe gesagt Was ist das? Ich wusste nicht, diese Wort was bedeutet.
Speaker 1 [00:39:31]
Asyl.
Speaker 2 [00:39:32]
Asyl. Ich wusste nicht. [Speaker 1 hustet] Und so bin ich mit zwei Kinder gekommen. Nach Deutsch. Habe ich mich gemeldet.
Speaker 1 [00:39:43]
Wie alt warst du da?
Speaker 2 [00:39:45]
Nicht mal 25.
Speaker 1 [00:39:48]
Nicht mal 25 warst du? Suzana.
Speaker 2 [00:39:53]
Du warst noch klein.
Speaker 1 [00:39:55]
Ich war 17.
Speaker 2 [00:39:57]
16-17. So warst du. Ja. Vor 32 Jahren oder?
Speaker 1 [00:40:03]
Genau.
Speaker 2 [00:40:04]
Ja, ja.
Speaker 1 [00:40:08]
Tsss, du warst 25. [kurze Pause] Und, ähm,
Speaker 2 [00:40:10]
Ja, erstmal war ich in [unverständlich] Laurensberg mit Mirveta. Mirveta schuldet mir bis zum heutigen Tage die ganze Koffer mit ähm, Löffeln und Gabeln und so weiter.
Speaker 1 [00:40:24]
Mit Geschirr.
Speaker 2 [00:40:26]
Weil jedes Mal, „Kannst du mir eine geben ein Löffel?“ und jedes Mal gebe ich sie. Die gibt nie zurück. Und ein Tag ist gekommen. Will wieder von mir. Was?
Speaker 1 [00:40:35]
Wo bist du denn? In einem Asyl,
Speaker 2 [00:40:39]
In Laurensberg. Da waren die Turnhalle.
Speaker 1 [00:40:40]
In Laurensberg? Warte, warte! Lass mich überlegen.
Speaker 2 [00:40:41]
Da war die Demo. Bayram! Adem! Fatima!
Speaker 1 [00:40:47]
Ich kenne diese Turnhalle nicht in Laurensberg.
Speaker 2 [00:40:50]
Weißt du, wo ist die, die für die schwerhörige Schule?
Speaker 1 [00:40:56]
Nein.
Speaker 2 [00:40:58]
Ganz oben auf dem Berg. Rechts.
Speaker 1 [00:41:00]
War das eine Sporthalle, wo ihr wart?
Speaker 2 [00:41:03]
Ja, Sporthalle. Aber von Schule.
Speaker 1 [00:41:07]
Aha, und da waren diese Etage-Betten, ne?
Speaker 2 [00:41:11]
Ja, Diana war klein. Dijana hat, meine Tochter, hat nie im Leben einen Afrikaner gesehen. Und da. Erstes Mal hat sie Afrikaner gesehen. Und da erstes Mal hat sie Afrikaner gesehen. Und dann hat sie Stress bekommen. Hat sie geweint. Sie hat geweint. Sie hat geschrien. [lacht] Mama guga, Mama guga.
Speaker 1 [00:41:33] Wie alt war sie?
Speaker 2 [00:41:42]
[spricht Serbisch] Kolko je imala? 5-6 godine. [Übersetzung: Wie alt war sie da? 5-6 Jahre]
Speaker 1 [00:41:38]
[Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 2 [00:41:39]
[spricht Serbisch] Malecka je bila. [Übersetzung: Sie war klein]
Speaker 2 [00:41:42]
Da, da waren 3-4 ähm, unsere Familien, sozusagen
Speaker 1 [00:41:52]
Ist das stilles Wasser? Habt ihr Sprudel?
Speaker 2 [00:41:53]
[spricht Serbisch zu ihrer Tochter] Sibel idi vidi sta ima tamo. Jer ima ladna voda? Makar ladna. [Übersetzung: Sibel, geh da gucken, was es gibt. Gibt es kaltes Wasser? Zumindest kaltes]
Speaker 3 [00:42:00]
[Ihre Tochter] Die war im Kühlschrank.
Speaker 2 [00:42:04]
[spricht Serbisch] Hoćeš Apfelsaft? [Übersetzung: Willst du Apfelsaft?]
Speaker 1 [00:42:04]
Wer war, Nein, nein, alles gut. Wer war denn, ähm, [sie schenkt mir Wasser ein] zu Besuch in Bahnhofstrasse? (wir lebten damals 1990 ca. 1 Jahr im selben Haus auf der Bahnhofstraße und ich erinnre mich das ein Mann aus Serbien zu ihr kam)
Speaker 2 [00:42:15]
Das war später. Alo.
Speaker 1 [00:42:17]
War das dieser Mann von dir? Das, war das,
Speaker 2 [00:42:21]
Doch!
Speaker 1 [00:42:22]
Das war dein Mann? [Zustimmendes Geräusch Speaker 2] Okay.
Speaker 2 [00:42:23]
Wir waren erst mal Laurensberg, Danach waren wir Burscheid, [spricht Romanes] „Ćiliko mašako“ *
*Es ist ein bei der Roma sehr altes Spiel mit einem längerem und einem kürzeren Stock, was die Roma-Bewohner in Burtscheid auf einer Wiese miteinander gespielt haben. Meine Familie war auch dabei und daher benutzte sie „Ćiliko mašako“ als Synonym für die Zeit.
Speaker 1 [00:42:29]
Ja.
Speaker 2 [00:42:30]
Und danach Bahnhofstrasse. Ja. Und da ist er gekommen. Weil nach so viele Jahre. Er hat sich erinnert. Mich waren es fast zwei Jahre. Das weiß ich jetzt nicht genau.
Speaker 1 [00:42:45]
Wie lange der da war, meinst du?
Speaker 2 [00:42:47]
Nein. Nach wie viel?
Speaker 1 [00:42:49]
Nach zwei Jahren.
Speaker 2 [00:42:50]
Ungefähr ist gekommen? Weil Deutschland.
Speaker 1 [00:42:56]
Aber es war nicht lange bei dir. Ein Monat.
Speaker 2 [00:43:00]
Ja. Ja. Weil. Du weißt in Heim wir hatten unsere Aufgabe zu putzen. Und wann ich war in die Keller zum Beispiel, die Küche zu putzen. Wir hatten dieses Zimmer mit Badezimmer. Mit diese Ventilator, oder wie heißt das? Und du konntest. Er hat die Kinder da geschlagen, dass die andere Leute nicht mithören. Und wann bin ich zurückgekommen, die Kinder haben mich mit Angst geguckt. Die durften nichts sagen und einen Tag Tamara, das war nicht länger, vielleicht eine Woche. So was. Tamara hat angefangen zu weinen. Mama, ich kann nicht mehr. Ich muss dir was erzählen. Weil ich habe gesehen, die Kinder sehen mit Angst. Sie durften sich die waren mit Angst. Ich was ist los? Nichts. Nichts. Nichts. Und eines Tages Tamara hat mir erzählt. Mama, ich kann das nicht mehr ertragen. Er schlägt uns. Er will, dass wir ihm, was weiß ich was erzählen. Und das bisschen Geld. Was ich Hatte er das alles mitgenommen. Und dann habe ich eine Mädchen Menschen gebeten, dass sie geht mit ihm. Deine Schwester, dass sie geht in Amt gegenüber. Dass er nemmt seinem Pass das er geht nach Hause. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1][kurze Pause] Weil, ich wollte nicht. Ich wollte nicht. Ich bin wegen meine Kinder hergekommen. Und ich wollte nicht, dass meine Kinder solche Leben haben mit Schläge wie ich.
Speaker 1 [00:44:47]
Okay. War das eine gute Entscheidung von dir?
Speaker 2 [00:44:51]
Na ja, gut.
Speaker 1 [00:44:53]
Oder Nicht?
Speaker 2 [00:44:54]
Für ihm, ja. [unverständlich]
Speaker 1 [00:45:04]
Und jetzt, wenn du an deine Arbeitszeit im Krankenhaus oder in diesem Dingsda denkst, wie war das? Du hast gesagt, das war wie eine Befreiung für dich. Hauptsache, du bist da raus und bist quasi in einem anderen Umfeld. [Zustimmendes ja Speaker 1] und ich frage, war das für dich damals ähm, ähm, eine Rettung oder so was? Diese Arbeit, oder ein Ausweg oder so, oder ein, so eine Flucht?
Speaker 2 [00:45:45]
Flucht aber war nicht so besonders gut, aber mir war besser ehrlich zu sagen, weil da haben die meistens Gadje gearbeitet. Und wenn ist was, dann Rufen die ey du kleine Zigeunerin. Aber ich habe das, wie soll ich dir das,
Speaker 1 [00:46:06]
Ignoriert? Hauptsache, du hast eine Arbeit.
Speaker 2 [00:46:08]
Ja. Genau. Genau.
Speaker 1 [00:46:10]
[Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Okay. Gab es denn oder kannst du dich an irgendwelche andere Vorfälle erinnern, wo du gemerkt hast okay, jetzt kommt das auch mit dieser Roma sein? Oder war das andere? Diese ganz andere Probleme, die du hattest, waren schlimmer, als dass dich jemand Zigeuner ruft.
Speaker 2 [00:46:33]
Es war einmal. Das war, einmal bin ich nachts gefahren mit Zug, weil einmal habe ich die Kinder da gelassen und bin ich gefluchtet wie immer bei meinen Eltern. Aber dann.
Speaker 1 [00:46:56]
Also, du bist geflohen von deiner Eltern.
Speaker 2 [00:46:59]
Von meinen Eltern und von meinem Mann. [Zustimmendes okay Speaker 1] Aber jetzt wegen diese andere. Was hast du mich gefragt? Nach dem Arbeit alles als Ich musste die Arbeit verlassen und wann hatte ich Probleme mit meinem Mann. Einmal die haben mich, ich wollte zurückkommen, aber er wollte mich nicht, weil meine andere Jetrva, wie Heißt das?
Speaker 1 [00:47:28]
Also Seine Schwester.
Speaker 2 [00:47:29]
Nicht seine Schwester, von seine Bruder, die die Frau [Zustimmendes okay Speaker 1] hat ihm schon eine Frau gebracht, und die wollten mich nicht. Aber die haben meine Kind behalten. Tamara. Die wollten die mir nicht geben. Und die haben mich rausgeschmissen. Und wo sollte ich hin? Ich habe keine Familie da. Andere Stadt, andere Leute, da bin ich mit Zug nah gefahren, aber abends nach Niš. Und ich hatte keine sozusagen große Angst, weil viele Leute waren da und ich habe gedacht, jo, die Polizei ist da, aber nicht Kondukteur, oder wie heißt er, sondern Polizei ist gekommen. Ein Mann Polizist. Und hat sie die Türe zugemacht, die Gardine.
Speaker 1 [00:48:27]
In einem Abteil im Zug. Okay.
Speaker 2 [00:48:30]
Und ich habe Angst bekommen. Er wollte mit mir schlafen. Er wollte wissen, wie ist das mit einer Zigeunerin. Weil er hat mitbekommen, dass Zigeuner heiß sind.
Speaker 1 [00:48:46]
Hat er dir gesagt? Acht du scheiße. Was hast du gemacht?
Speaker 2 [00:48:54]
Was konnte ich machen? 17 Jahre. Und er war über 30. Und du weiß, wie sind unsere Polizisten.
Speaker 1 [00:49:07]
Hast du das jemandem gesagt, danach?
Speaker 2 [00:49:12]
Wem? Er hat mir gedroht. [längere Pause] Hmm. [atmet tief ein] Zigeuner bleiben Zigeuner. Egal ob du ein Präsident oder ein Direktor oder Architekt oder was weiß ich bist. Für Gadje du bist ein Zigeuner. Und. Bei uns in Serbien. Ich weiß nicht für andere Länder, aber ich weiß, das gibt’s auch in andere Länder. Und die sagen, die Zigeunerinnen sind heiße…
Speaker 1 [00:50:01]
Liebhaberinnen.
Speaker 2 [00:50:02]
Genau. [längere Pause; weint] [Tief ein- und ausatmendes Geräusch Speaker 2]
Speaker 2 [00:50:10]
[spricht Serbisch] Ah Sebo, čačkaš gde ti nije mesto. Ubiću te. [Übersetzung: Ah Sebo, du stöberst dort herum, wo es nicht sein soll. Ich bring dich um.] [längere Pause]
Speaker 1 [00:50:18]
Jetzt bist du hier. Aber wenn du zum Beispiel jetzt noch Niš fährst, sagst du „Idem kući?“ [serbisch „Ich geh nach Hause“] oder was sagst du?
Speaker 2 [00:50:28]
Ja, ich sag „Idem kući?“ [spricht eine Mischung aus Serbisch und Deutsch] Ali kad Idem kući posle 3 dana ich will hier kući. [Übersetzung: Ja, ich sage ich geh nach Hause, aber nach 3 Tagen sage ich, ich will hier nach Hause]
Speaker 1 [00:50:34]
Also, ist das jetzt mehr Heimat für dich?
Speaker 2 [00:50:36]
Das ist meine Heimat jetzt. Wenn ich sehe, egal wo ich gehe. Wenn ich sehe Europaplatz. Ich fühle mich zuhause!
Speaker 1 [00:50:48]
[lacht] Ich auch.
Speaker 2 [00:50:50]
Ich fühle mich zu Hause. Ich kann nicht unten. Ich lüge jetzt, wenn ich sage, alle sagen ich gehe Urlaub. Wo hehst du? Ich geh nach Hause. Wo soll ich hin?
Speaker 1 [00:51:02]
Ja.
Speaker 2 [00:51:03]
Ich sag immer Ja, ich will gerne meine Brek. [Zustimmendes genau Speaker 1] Pljeskavice, Ćevapi. Nur das!
Speaker 1 [00:51:10]
Nostalgische Sachen. Ja. Zwei drei Tage und dann ist das schon fertig. Ja.
Speaker 2 [00:51:15]
Dann wieder Tschüss. Ja, nur das.
Speaker 1 [00:51:21]
Ähm, jetzt hast du quasi deine zwei Töchter hier großgezogen. Was war für dich wichtig, was du denen mitgegeben, oder, ähm, bei der Erziehung oder überhaupt, was war für dich wichtig, was die Kinder von dir quasi mitbekommen sollen?
Speaker 3 [00:51:44] [ihre Tochter]
Macht deine Schule erstmal fertig und ein Mann brauchst du nicht. [Speaker 1 lacht]
Speaker 2 [00:51:50]
Da hast du die Antwort.
Speaker 3 [00:51:52]
Mach die Schule erstmal fertig und danach kann dir keiner sagen, was du werden sollst und was nicht.
Speaker 1 [00:51:59]
Diese Selbstbewusstsein sollen die haben und für sich selber bestimmen. [unverständlich]
Speaker 2 [00:52:06]
Und die sollen keine Putzfrauen werden. [kurze Pause] Gott sei Dank.
Speaker 1 [00:52:13]
[hustet] Sind sie nicht. [kurze Pause]
Speaker 2 [00:52:17]
Wie du weißt. Der Älteste ist Zahnarzt-Techniker die zweite ist Sekretärin. Da hast du eine Betreuerin.
Speaker 1 [00:52:28]
Für behinderte Menschen.
Speaker 2 [00:52:29]
Für behinderte Menschen.
Speaker 1 [00:52:30]
Ja, Sie hat mit dir ja jeden Tag zu tun. Ne.
Speaker 2 [00:52:33]
Ja.
Speaker 1 [00:52:36]
[lacht] Sorry. Bisschen Spaß.
Speaker 2 [00:52:37]
Kein Problem.
Speaker 1 [00:52:37]
Ähm, [kurze Pause] also, wenn du jetzt hier bist und dein Leben quasi deine neue Heimat hier gefunden hast. Ähm, wenn du jetzt im Nachhinein zurückblickst. Ähm, Gibt es irgendeinen Moment in deinem Leben, wo du sagen kannst: Das hätte ich vielleicht anders machen müssen?
Speaker 2 [00:53:08]
Ja
Speaker 1 [00:53:09]
Was?
Speaker 2 [00:53:11]
[Tief ein- und ausatmendes Geräusch] Ich sollte. Für mich Arbeit. Wie soll ich das sagen. Ich sollte meine Schule oder irgendwelche Abschluss machen. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Das war mir ein Fehler. Aber leider, wegen Kinder habe ich nicht geschafft. Immerhin. Ich hab Mann gehabt hier. Aber, ich war alleinerziehende Mutter von vier Kindern. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ich hatte keine Zeit für mich. Jetzt wann ich hab Zeit für mich. Die Kinder sind groß. Leider habe ich diese Kraft nicht [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] wie damals. Damals habe ich gekämpft. Ich war Kämpferin. [kurze Pause] Aber jetzt kann ich nicht. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1]
Speaker 1 [00:54:01]
Aber immerhin sind hier deine Kinder, ist ja was von denen geworden und so, das heißt, du hast deine Aufgabe in dieser Erziehungssache gut hinbekommen. Darauf kannst du stolz sein. Natürlich. [Speaker 2: Bin ich auch] Ähm, und jetzt, ähm, diese Lebensqualität, ne, was du dir ja erhofft hast zu haben. Hast du den? Hast du nicht? [Nein-Zeichen durch Kopfschütteln Speaker 2] Hast du nicht. Aber zufrieden bist du schon?
Speaker 2 [00:54:38]
Ähm, wie soll ich das sagen. Mit dem Jahre, putzen da, putzen da, Stress da, Stress da, irgendwann wirst du krank. Ich habe mehrere Krankheiten bekommen jetzt. Ähm, und wenn ich will. Ich will gehen irgendwo hin putzen zwei, drei Stunden, kann ich nicht. [kurze Pause] Und von Leute habe ich mich zurückgezogen und ehrlich zu sagen ich lebe nur, dass ich sie, (zeigt auf ihre Tochter) weil sie ist die kleinste, dass ich noch irgendwie mit sie schaffen und danach ist mir scheißegal ob ich sterbe. Glaub mir. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Ich rechne nicht mit 10 Jahren, das ist mir zu viel.
Speaker 1 [00:55:30]
[längere Pause] [spricht Serbisch] Nemoj da me plašiš. [Übersetzung: Mach mir jetzt keine Angst]
Speaker 2 [00:55:33]
[spricht Serbisch] Ja. Ozbiljno ti kažem. [Übersetzung: Ja, das meine ich ernst.]
[längere Pause] [Aufatmendes Geräusch Speaker 2] Znas kad izgubis volju za zivot. To sam ti ja. [Übersetzung: Weißt du, wenn du die Lust zum Leben verlierst. Das bin ich.] [längere Pause] [Tief ein- und ausatmendes Geräusch Speaker 2] [längere Pause]
Speaker 1 [00:55:56]
Ähm, jetzt gibt es auch hier in Aachen eine kleine Roma Community, ne? Roma. [Zustimmendes ja Speaker 1] Gibt es denn ähm, irgendwelche ähm, oder welche Rolle spielt diese Roma Community in deinem Leben hier in Aachen? Spielt das überhaupt eine Rolle? Ja oder Nein, wenn ja, wie groß ist diese Rolle?
Speaker 2 [00:56:24]
Ich hatte am Anfang diese Bedürfnisse oder wie heißt das, dass ich diese Community oder wie heißt das, gehöre, aber leider, leider viele, viele Familien haben sie sich von mich distanziert oder wie heißt das? [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Weil ich war Frau ohne Mann. Die einzigste Familie, welche ich hatte. [längere Pause] [weint wieder] Es war meine Zika. (sie meint meine verstorbene Mutter) [längere Pause] [spricht weinend weiter] Die war die Schwester für mich. Die war die Mutter für mich. Die war die Schwiegermutter für mich, wenn sie schreit auf mich. Aber immer mit gute
Speaker 1 [00:57:19]
Vorsatz.
Speaker 1 [00:57:20]
Ja, und mit diese Familie bin ich heute noch. Und ich liebe diese Familie. Aber manchmal. Diese Familie nervt mich. Aber ich liebe diese Familie. Wie meine. Ich habe einmal mein Freund gefragt: Was bin ich für dich? Er hat gesagt: Du bist keine Familie, aber du bist, wie hast du gesagt?
Speaker 1 [00:57:49]
Du gehörst dazu,
Speaker 2 [00:57:49]
Aber du gehörst dazu.
Speaker 2 [00:57:53]
Und das tut Gut. Das tut gut. Und diese Familie habe ich nie aufgegeben. Sogar mit deren Kinder bin ich gut. Ich liebe diese Kinder. Diese Kinder habe ich großgezogen. Djudju Bebe, (so nennt sie die Kinder) Und jetzt gucke ich deren Kinder. Ich fühle mich wie Oma. Und es tut mir schrecklich weh. Das ist nicht meine Freundin da ist. Weil, du weißt schon. [kurze Pause] Du weißt schon. [schnauzt] Das ist das. [Tief ein- und ausatmendes Geräusch Speaker 2]
Speaker 2 [00:58:39]
[spricht Serbisch] Ubicu te Sebo. [Übersetzung: Ich bringe dich um, Sebo] [schnauzt] [Aufatmendes Geräusch] [längere Pause]
Speaker 1 [00:58:47]
Ähm, gibt es denn irgendetwas, was du noch über dein Leben erzählen möchtest?
Speaker 2 [00:58:54]
Ich muss dir das erzählen. Wo ich war fünf Deutsche. Wie soll ich dir das sagen. Beleidigt. Ich habe in Caritas gearbeitet als Küchenhilfe. Ich muss zugeben, habe ich dort gelernt, Deutsche essen zu machen. Und da habe ich sehr viel da gelernt. Und wann ich hab, ich konnte und ich kann noch mit Nähmaschine arbeiten, dann haben wir auch damit gearbeitet. Wenn wir haten keine mehr Arbeit, dann haben wir Taschen gemacht und diese Schürze, Schürze und so was. Ich weiß nicht, Die haben das weiter.
Speaker 1 [00:59:42]
Verschenkt oder gegeben. Okay.
Speaker 2 [00:59:43]
So was. Ja. Und da war eine Chefin. Und ich habe diese. Diese Platz auf eine Art, ich werde nie vergessen, diese, diese Caritas, weil. ähm, daran habe ich was Gutes bekommen und da habe ich was schlechtes bekommen. Schlechtes war, dass das mit meiner Chefin, ähm, weil die war eifersüchtig auf mich und neidisch, ich war schwanger mit Sibel, [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Und die war in Amerika. Für diese [spricht Serbisch] vestacku oplodnju. [Übersetzung: künstliche Befruchtung] [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Nije mogla trudna da ostane. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Kad me videla sa stomak, znas kako to bilo. Namerno mi je davala teske poslove da radim. Namerno. I kad su se druge zene bunile, warum, die ist doch schwanger, Na und, Madam kann das. Madam me zvala. Necu da joj zaboravim ime. Frau Hülsdung. [Lautes Geräusch der Tassen auf dem Tisch als sie die Zigarettenschachtel nehmen wollte]
[Übersetzung: Sie konnte nicht schwanger werden. Als sie mich mit meinem Bauch gesehen hat, hat sie mir extra schwere Arbeit gegeben. Und als sich die anderen Mitarbeiterinnen für mich beschwert haben meinte sie: Madam kann das. Madam hat sie zu mir gesagt. Ich werde ihr Name nie vergessen. Frau Hülsdung.]
Ich hasse diese Frau. [Räumt die Tassen aus dem Tisch weg] Aber Gott sei Dank, da waren auch gute Leute da. Ich sage von diese Gutes. Äh, ich hatte natürlich meinen Aufenthalt damals. Und wir waren ab 6:00 Uhr unten, erstmal die Büro putzen, danach 8:00 Uhr oben in Küche und ich war unten am putzen, ne, ich war schon fertig mit Putzen bin ich schon oben gegangen in Küche und da rufen auf Telefon die und die Frau soll runter kommen zu dem und dem und die gucken mich alle. Was hast du gemacht, was hast du [unverständlich] Ich so, was hab ich gemacht? Keine Ahnung. Und ich geh unten und unten war unsere damalige Sozialarbeiter von Bahnhofstraße. [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Er hat da gearbeitet. Und ich komme rein. Hallo. Hallo. Was habe ich gemacht falsch? Komm mal her! Sage ich, was passiert? Komm mal her! Da hat gestanden seine Fax und diese Dings. Und er sagt Macht die Hand auf. So. Warum? [unverständlich] Er sagt, warte mal, macht die Hände so? Habe ich gemacht. Und jetzt? Jetzt warte mal ab. Und dann hörst du ein Blatt kommt raus.
Speaker 1 [01:02:10]
Aus dem Fax.
Speaker 2 [01:02:11]
Aus dem Fax. Und die Blatt kommt durch meine Hände. Was ist das? Dreh mal um! Aber! Dreh mal um. Ich drehe um und er sagt lese mal jetzt vor. Aber, ich kann nicht lesen. Doch, doch. Du kannst lesen. Ich lese, wer ist hier acht Jahre, wer hat die Kinder in Schule, wer ist keine Strafe gemacht und so weiter,
Speaker 1 [01:02:36]
Bekommt Aufenthalt
Speaker 2 [01:02:37]
Kriegt Aufenthalt. Und ich guck immer. Und er lacht. Und? Was ist? Hast du nicht, sagt er, verstanden? Was hast du gelesen? Und ich mach mich. Ich war, weißt du. Und er sagte, gib mir hier, guck mal, sagt hier steht das hier. Hast du acht Jahre? Sag ich mehr. Gehen deine Kinder in Schule? Jaaa. Arbeitest du? Jaaa. Hast du eine Strafe gemacht? Strafe? Ne. Siehst du, sagt er, du kriegst dein Aufenthalt. Was?! Jaaa, du kriegst dein Aufenthalt. Und das, das werde ich nie vergessen.
Speaker 1 [01:03:14]
Sehr gut.
Speaker 2 [01:03:15]
Das ist. Das. [kurze Pause]
Speaker 1 [01:03:19]
Wie lange hast du da bei Caritas gearbeitet?
Speaker 2 [01:03:22]
Ein Jahr. [Macht Zigarette an] Die Frau Hülsdung hat mich rausgeschmissen. Vor das ich diese, wie heißt das, Recht kriege auf Mutterschaft ähm,
Speaker 1 [01:03:35]
Urlaub. Aha, aha.
Speaker 2 [01:03:40]
Urlaub. [Macht Zigarette an] Sonst musste sie mich da behalten. [kurze Pause] Ja.
Speaker 1 [01:03:48]
Okay
Speaker 2 [01:03:50].
Aber das war echt. Das vergesse ich nie. Guck mal, nach so lange Zeit. Diese Moment, Poaah. Aber die Name habe ich vergessen. Von ihm. Du weißt schon auf wem ich denke.
Speaker 1 [01:04:01]
Ich kenne nur diese Frau. (Die Sozialarbeiterin im Asylanten-Wohnheim)
Speaker 2 [01:04:03]
Da war eine Frau und der Mann. Ja der Mann.
Speaker 1 [01:04:07]
Weiß ich nicht mehr.
Speaker 2 [01:04:08]
Ich habe vergessen. Ich bin alt geworden.
Speaker 1 [01:04:14]
Ja gut Suzanna,
Speaker 2 [01:04:15]
Das ist das.
Speaker 1 [01:04:14]
Dann bedanke ich mich für das Interview. Ich werde das jetzt alles verschriftlichen und dann werden wir das wissenschaftlich bearbeiten.
Speaker 2 [01:04:33]
Danke.
[1] Im ehemaligen Jugoslawien war es ein besonderes Ereignis – die Stafette der Jugend, eine grandiose Manifestation, die im Geburtsort des ehemaligen Präsidenten Josip Broz Tito, Kumrovec, ihren Anfang nahm und durch ganz Jugoslawien von Jugendlichen getragen wurde. Am 25. Mai – Tag der Jugend -wurde die Stafette dann in einer Hauptveranstaltung in Belgrad von jungen Pionieren an Tito übergaben.
[2] Serbisch: ein Gefäß, Becken
[3] „Čerga“ – Eine typisch bei den Roma selbstgeflochtenes Tuch aus Streifen von alten Kleidungsstücken, was meistens als Teppich benutzt wurde.
[4] „Ponjava“ – etwas ähnliches wie „Čerga“ aber soll eher als Tuch oder Decke benutzt worden sein.