Transkript Sabrije Kurtisi

Juli 15, 2023

Name der interviewten Person Sabrije Kurtisi
Geschlecht weiblich
Alter 59
Religion/Glaubenszugehörigkeit Moslem
Herkunftsland Serbien
Herkunftsland der Eltern Serbien
LG/TZ LG

Speaker 1 [00:00:02]

Okay Bibi*, ich habe dir erklärt, warum wir dieses Interview machen und dass dieses Interview von der Universität ist und das Thema die Diskriminierung der Roma ist. Heute werden wir uns über dein Leben unterhalten. Bibi, erzähl mir über dein Leben. Wo bist du geboren?

(*Bibi heißt übersetzt Tante. Es ist ein respektvoller Rufname für eine ältere weibliche Person) 

 

Speaker 2 [00:00:41]

Das Dorf, wo ich geboren bin, heißt Velika Trnovca.

 

Speaker 1 [00:00:51]

Wo ist das? In Serbien?

 

Speaker 1 [00:00:52]

In Serbien.

 

Speaker 2 [00:00:53]

Da bin ich geboren, dann sind wir von dort ausgezogen, ich weiß es nicht mehr, wann das war, weil da alle Albaner waren, sind wir nach Bujanovac gezogen. (Bujanovac ist eine Stadt in Süd-Serbien)

 

Speaker 1 [00:01:16]

Dieses Dorf war in der Nähe von Bujanovac? [Zustimmendes ja Speaker 2] Okay, Und da waren viele Albaner? Und ihr seid ausgezogen?

 

Speaker 2 [00:01:19]

Da waren alle Albaner. Nur Albaner gab es in diesem Dorf. 

 

Speaker 1 [00:01:27]

Und ihr als Roma, wart da die einzige Familie? 

 

Speaker 2 [00:01:31]

Zwei Familien oder drei, es waren keine mehr. 

 

Speaker 1 [00:01:35]

Warum seid ihr von dort ausgezogen? 

 

Speaker 2 [00:01:36]

Warum? Weil „Madjup, Madjup“. (Madjup ist die abfällige Bezeichnung für Roma auf der albanischen Sprache) 

 

Speaker 1 [00:01:39]

Haben die euch so genannt?

 

Speaker 2 [00:01:40]

Ja. Wir hatten Angst rauszugehen und deswegen sind wir nach Bujanovac umgezogen. 

 

Speaker 1 [00:01:53]

Alle drei Familien die da waren? 

 

Speaker 2 [00:01:55]

Ja, alle sind da rausgegangen.

 

Speaker 1 [00:02:00]

Aha, und wie alt warst du da?

 

Speaker 2 [00:02:06]

7 oder 8 Jahre. So alt war ich.

 

Speaker 1 [00:02:09]

Erinnerst du dich daran wie sie „Madjup, Madjup“ gesagt haben?

 

Speaker 2 [00:02:11]

Ja.

 

Speaker 1 [00:02:11]

Wer hat „Madjup gesagt, die Kinder oder die Erwachsenen?

 

Speaker 2 [00:02:16]

Beide. Die Kinder und die Erwachsenen. Wir durften nicht raus vor denen. 

 

Speaker 1 [00:02:23]

Als ihr rausgegangen seid, was haben die gemacht?

 

Speaker 2 [00:02:25]

Die haben uns beschimpft und angeschrien. Wir sind dann von denen immer weggelaufen.   

 

Speaker 1 [00:02:31]

Ok. Dann seid ihr nach Bujanovac umgezogen? 

 

Speaker 2 [00:02:36]

Dann sind wir nach Bujanovac umgezogen. Da war es besser. Es waren viel mehr Roma da. Aber da waren viele Gadje*. Aber es war besser, weil es dort eine Siedlung gab, wo nur Roma lebten. (*Gadje ist eigentlich ein Begriff für alle die nicht Roma sind. Aber in Serbien benutzt man es sehr oft, wenn man die Serben meint.)

 

Speaker 1 [00:02:58]

Eine Mahala*?  (*Ein Begriff für eine Roma-Siedlung)

 

Speaker 2 [00:03:00] Ja. [kurze Pause, sie rührt den Kaffee um]

 

Speaker 1 [00:03:09]

In Bujanovac wo es mehr Roma gab, als ihr in die Stadt gegangen seid, haben da die Gadje auch was gesagt?

 

Speaker 2 [00:03:23]

Die sagten „Cigani“!

 

Speaker 1 [00:03:24]

Echt?

 

Speaker 2 [00:03:25]

Ja [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:03:28]

Was habt ihr gemacht? Wie war das für dich? 

 

Speaker 2 [00:03:31]

Es war nicht schön wie sie uns genannt haben.

 

Speaker 1 [00:03:37]

Habt ihr auch zurückgeschimpft? 

 

Speaker 2 [00:03:40]

[lacht] Ja haben wir. [lacht]

 

Speaker 2 [00:03:49]

[spricht Serbisch und lacht] „Da te jebe Cigani u pičku!“ (Übersetzung: Die Roma sollen euch ficken)

 

Speaker 1 [00:03:53]

[lacht] Echt? Auf serbisch damit sie euch verstehen. Haben die auch zurückgeschimpft?  

 

Speaker 2 [00:03:57]

Wir liefen weg und schimpften. [lacht] Nicht so vor denen. Beim Weglaufen haben wir geschimpft. 

 

Speaker 1 [00:04:07]

Du warst 8 Jahre alt. Wann bist du eingeschult worden? 

 

Speaker 2 [00:04:12]

Ich bin gar nicht zu Schule gegangen.

 

Speaker 1 [00:04:13]

Gar nicht? 

 

Speaker 2 [00:04:14]

Gar nicht bin ich gegangen.

 

Speaker 1 [00:04:15]

Haben sie dich nicht zur Schule eingeschrieben?

 

Speaker 2 [00:04:16]

Ja, siehst du nicht, dass ich Analphabetin bin?

 

Speaker 1 [00:04:17]

Ja weiß ich, aber ich frage, weil ich nicht wusste, dass du überhaupt nicht in der Schule warst. Überhaupt nicht!

 

Speaker 2 [00:04:23]

Die sagten immer, die schlagen die Kinder in der Schule. Die sind von Haus zu Haus gegangen, um die Kinder in die Schule einzuschreiben, aber ich habe mich immer versteckt. Ich habe mich immer auf dem Dachboden versteckt.

 

Speaker 1 [00:04:35]

Wer sagte, dass die Kinder dort geschlagen werden?

 

Speaker 2 [00:04:37]

Alle haben das gesagt. 

 

Speaker 2 [00:04:39]

Die Erwachsenen? 

 

Speaker 1 [00:04:39]

Ja.

 

Speaker 2 [00:04:40]

Weil die Kinder dort geschlagen werden, hatte ich Angst und bin nicht gegangen.

 

Speaker 1 [00:04:43]

Haben sie dich also nicht eingeschult?

 

Speaker 2 [00:04:44]

Mich nicht und alle meine Schwestern. Von denen war auch keiner in der Schule.

 

Speaker 1 [00:04:53]

Wie viele Kinder seid ihr? 

 

Speaker 2 [00:04:53]

Fünf.

 

Speaker 1 [00:04:58]

Das Erste? 

 

Speaker 2 [00:04:59]

Meine Schwester.

 

Speaker 1 [00:05:01]

Danach? 

 

Speaker 2 [00:05:02]

Danach die andere Schwester.

 

Speaker 1 [00:05:03]

Noch eine.

 

Speaker 2 [00:05:04]

Danach ich als dritte. Danach die Jungs.

 

Speaker 1 [00:05:09]

Wer?

 

Speaker 2 [00:05:10]

Der Djemail und der Babus. 

 

Speaker 1 [00:05:14]

Ok, ähm, und die waren in der Schule? 

 

Speaker 2 [00:05:21]

Ja, die waren.

 

Speaker 1 [00:05:22]

Und deine Schwestern?

 

Speaker 2 [00:05:23]

Nein.

 

Speaker 1 [00:05:24]

Sind auch nicht?

 

Speaker 2 [00:05:25]

Nein, sind nicht gegangen.

 

Speaker 1 [00:05:25]

Und die Jungs? 

 

Speaker 2 [00:05:26]

Die Jungs waren. 

 

Speaker 1 [00:05:27]

Nur die Jungs waren? 

 

Speaker 2 [00:05:28]

Nur die Jungs waren. Wir die Mädchen nicht, weil es für die Mädchen gefährlich in der Schule war.

 

Speaker 1 [00:05:34]

Wer sagte das?  

 

Speaker 2 [00:05:36]

Alle Leute haben das gesagt. 

 

Speaker 1 [00:05:39]

Wie gefährlich für die Mädchen? Warum? 

 

Speaker 2 [00:05:41]

Die werden vergewaltigt und misshandelt und deshalb haben die Angst gehabt zur Schule zu gehen. 

 

Speaker 1 [00:05:45]

Haben die das wirklich gemacht? 

 

Speaker 2 [00:05:46]

Ja [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:05:51]

Wer hat vergewaltigt? Die Gadje? 

 

Speaker 2 [00:05:54]

Die Gadje.

 

Speaker 1 [00:05:56]

Habt ihr von so einem Fall gehört? 

 

Speaker 2 [00:05:59]

Ja, haben wir. [kurze Pause] Das war der Grund, warum wir nicht zu Schule wollten. Deshalb nur meine Brüder. Und wir nicht.

 

Speaker 1 [00:06:12]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:06:15]

Und in dieser Mahala, wo ihr gewohnt habt in Bujanovac, wie viele Roma gab es? Familien?

 

Speaker 2 [00:06:24]

Es waren viele Roma.

 

Speaker 1 [00:06:26]

Hatte die Mahala einen Namen? 

 

Speaker 2 [00:06:30]

Novo Naselje. (Ein serbischer Name. Übersetzung: Neue Siedlung) 

 

Speaker 1 [00:06:31]

Novo Naselje Bujanovac

 

Speaker 2 [00:06:33]

Bujanovac.

 

Speaker 1 [00:06:37]

Ok, ähm, [kurze Pause] Woher kommen deine Eltern? 

 

Speaker 2 [00:06:46]

Mein Vater ist aus Ternovac und bei meiner Mutter weiß ich nicht wie das Dorf heißt.

 

Speaker 1 [00:07:03]

Und, ähm, die Familie deines Vaters, woher kommen die? 

 

Speaker 2 [00:07:11] Aus Bilača.

 

Speaker 1 [00:07:15]

Ist es auch ein Dorf?

 

Speaker 2 [00:07:17]

Auch ein Dorf in der Nähe von Bujanovac [Zustimmendes Geräusch Speaker 1] Da wo Preševo ist, da in der Nähe von Preševo.

 

Speaker 1 [00:07:23]

Mhm, und deine Mutter aus einem Dorf in der Nähe von Kumanovo.  [Zustimmendes Geräusch Speaker 2] Weißt du welches genau? 

 

Speaker 2 [00:07:28]

Weiß ich nicht [kurze Pause].

 

Speaker 1 [00:07:34]

Ok, ähm, guck ihn nicht an. Wir beide sind nur hier. (Ein jugendlicher Neffe von ihr war zu Besuch und saß auf dem Sofa) 

 

Speaker 1 [00:07:44]

Ähm, wie war dein Verhältnis zu deinen Eltern?

 

Speaker 2 [00:07:55]

Es war gut. Nur dass ich von klein an arbeiten musste, damit wir überleben konnten.

 

Speaker 1 [00:08:02]

Welche Arbeit hast du gemacht? 

 

Speaker 2 [00:08:05]

Holz gesammelt im Wald. 

 

 

Speaker 1 [00:08:07]

Habt ihr Holz gesammelt? 

 

Speaker 2 [00:08:07]

Ja.

 

Speaker 1 [00:08:09]

Und was habt ihr mit dem Holz gemacht?

 

Speaker 2 [00:08:11]

Verkauft.

 

Speaker 1 [00:08:13]

Ihr habt Holz im Wald gesammelt [zustimmendes ja Speaker 2] und verkauft?

 

Speaker 2 [00:08:16]

Ja, verkauft.

 

Speaker 1 [00:08:17]

Auf dem Markt? 

 

Speaker 2 [00:08:17]

Ja.

 

Speaker 1 [00:08:18]

Und du hast auch im Wald Holz gesammelt? 

 

Speaker 2 [00:08:20]

Ja, ich war zwar klein, aber ich bin mit denen gegangen. 

 

Speaker 1 [00:08:23]

Und deine Schwestern? 

 

Speaker 2 [00:08:24]

Ja. [kurze Pause] Danach als ich ein bisschen größer war, bin ich auf Felder arbeiten gegangen. Die haben mir Dimije* angezogen, damit ich älter aussehe. 

(*Dimije ist ein Kleidungsstück für Frauen. Es ist eine meist selbstgenähte sehr breite Hose die mit eine Innenschnur um die Teile zusammengefaltet und gebunden wird. Früher bei Roma-Frauen sehr verbreitet und stammt aus dem osmanischem Reich)

 

Speaker 1 [00:08:41]

Wie alt warst du da? 

 

Speaker 2 [00:08:43]

Wie alt war ich? 13. 

 

Speaker 1 [00:08:48]

Ab wie vielen Jahren durfte man denn Arbeiten, dass sie dich so angezogen haben, um älter auszusehen? 

 

Speaker 2 [00:08:54]

So 15, 16.

 

Speaker 1 [00:09:00]

Mit dem Alter durftest du normal arbeiten?

 

Speaker 2 [00:09:00]

Ja, ich war noch klein und keiner wollte mich arbeiten lassen.

 

Speaker 1 [00:09:08]

Mit wem warst du denn arbeiten? 

 

Speaker 2 [00:09:10]

Mit meinen Eltern.

 

Speaker 1 [00:09:12]

Und deine Brüder? 

 

Speaker 2 [00:09:14]

Die waren noch klein.

 

Speaker 1 [00:09:16]

Waren die mit euch auf der Arbeit? 

 

Speaker 2 [00:09:18]

Nein, die sind mit meiner Oma zuhause geblieben. 

 

Speaker 1 [00:09:22]

Aha, deine Oma. Wessen Mutter?

 

Speaker 2 [00:09:26]

Meines Vaters.

 

Speaker 1 [00:09:27]

Die Mutter deines Vaters. Und deinen Opa kanntest du auch?

 

Speaker 2 [00:09:30]

Nein.

 

Speaker 1 [00:09:31]

Also kanntest du nur deine Oma. [zustimmen durch Kopfnicken] Und wie alt warst du als deine Oma gestorben ist?

 

Speaker 2 [00:09:39]

Als sie gestorben ist war ich 17, 18.

 

Speaker 1 [00:09:43]

Das heißt du hast lange mit deiner Oma zusammengelebt. 

 

Speaker 2 [00:09:45]

Ja.

 

Speaker 1 [00:09:45]

Was für ein Verhältnis hattest du zu deiner Oma? 

 

Speaker 2 [00:09:48]

Gut. Ich habe immer Zigaretten von ihr gestohlen [lacht].

 

Speaker 1 [00:09:56]

Wann hast du angefangen zu rauchen? 

 

Speaker 2 [00:09:58]

Oho, [lacht und spricht] 14 Jahre war ich.

 

Speaker 1 [00:10:03]

Ja.

 

Speaker 2 [00:10:04]

Ich habe Tabak gestohlen und mir eine gedreht. Dann lief ich weg und mich versteckt. Habe immer heimlich geraucht.

 

Speaker 1 [00:10:11]

Wer hat dir das Rauchen beigebracht?

 

Speaker 2 [00:10:13]

Meine Freundinnen. 

 

Speaker 1 [00:10:14]

Ja?

 

Speaker 2 [00:10:15]

Ein Mädchen war da und ihre Eltern waren in Bosnien, um Seile zu verkaufen. Die waren Seilflechter. Sie blieb zuhause mit ihren Brüdern und wir haben immer bei ihr geraucht.

(*Južarja – Seilflechter, ist ein besonders bei den Roma in Süd-Serbien verbreiteter Beruf. Den Begriff benutzt man heute immer noch für die Untergruppe der Roma, obwohl sie den Beruf nicht mehr ausüben. So wie Kovačja – Schmiede) 

 

Speaker 1 [00:10:35]

War das Mädchen in deinem Alter? 

 

Speaker 2 [00:10:37]

Ja.

 

Speaker 1 [00:10:40]

Okay, ähm, [kurze Pause] in dieser Roma-Siedlung wo ihr gewohnt habt, ähm, von den Roma, die dort lebten, gab es Familien, die ein besonderes Ansehen unter der Roma hatten? Weißt du, was ich meine?

 

Speaker 2 [00:11:22]

Wichtige Leute? 

 

Speaker 1 [00:11:23]

Nicht nur wichtige Leute, sondern Personen die alle respektieren. Gab es solche Familien?

 

Speaker 2 [00:11:33]

Ja, gab es. Diejenigen die ältere waren. 

 

Speaker 1 [00:11:37]

Das heißt, egal aus welcher Familie, die älteren hatten und genossen den Respekt von allen anderen? 

 

Speaker 2 [00:11:43]

Ja, die Alten. [kleine Pause] Danach, als ich geheiratet habe, sind wir nach Smederevo umgezogen. Es gab danach keine Arbeit, und das Leben wurde schwieriger.

 

Speaker 1 [00:12:06]

In Bujanovac? 

 

Speaker 2 [00:12:08]

Aus Bujanovac sind wir nach Smederevo umgezogen. 

 

Speaker 1 [00:12:11]

Wer? Alle? Ganze Familie? 

 

Speaker 2 [00:12:14]

Alle. Weil dort, …

 

Speaker 1 [00:12:20]

Wo habt ihr in Smederevo gewohnt? 

 

Speaker 2 [00:12:22]

In Krivak*. (*Krivak ist eine sehr große Roma-Siedlung in Smederevo. Zentralserbien.)

 

Speaker 1 [00:12:23]

Ihr hattet da sofort, …

 

Speaker 2 [00:12:24]

Ja [Sie steht auf und sucht etwas].

 

Speaker 1 [00:12:26]

Was suchst du? 

 

Speaker 2 [00:12:27]

Meine Cigarice* (*Ein Kosewort für Zigaretten) Schau, dass du das auch schreibst. Mach dir auch eine an. [spricht serbisch] Pali si be Čaveja*. [Übersetzung: Mach dir eine an, Junge]

(*Čaveja ist ein Begriff wie manche Gadje in Serbien und Mazedonien einen Roma-Jungen ansprechen. Es ist Romanes und heißt eigentlich Čhaveja, was die Gadje nicht richtig aussprechen können)

Soll ich dir über deinen Onkel erzählen, was die Polizei ihm gemacht hat? [lacht]

 

Speaker 1 [00:12:49]

[lacht] Komm erzähl.

 

Speaker 2 [00:12:52]

[lacht und spricht] Die haben den mit den Füßen getreten. 

 

Speaker 1 [00:12:55]

Ne, ehrlich? 

 

Speaker 2 [00:12:56]

Ehrlich!

 

Speaker 1 [00:12:57]

Wo? 

 

Speaker 2 [00:12:57]

In Smederevo. [spricht Serbisch] Nema pravo nigde Cigan. [Übersetzung: Zigeuner haben nirgendwo Rechte]

 

Speaker 1 [00:13:01]

Aber was? Warum?

 

Speaker 2 [00:13:02]

Er fragte, warum er geschlagen wird, aber bekam keine Antwort. Die Polizisten schlugen ihn noch heftiger.

 

Speaker 1 [00:13:14]

Warte mal, langsam. Erzähle mir das von Anfang an.

 

Speaker 2 [00:13:19]

Er hat mit seinem Freund getrunken. Und sein Freund hat den Mülleimer getreten. Diese kleinen, die so hängen.

 

Speaker 1 [00:13:28]

Wie hat er die getreten? 

 

Speaker 2 [00:13:29]

Mit dem Fuß. Das hat die Polizei gesehen. Und sind auf Raif* (*Raif ist der Vorname meines Onkels) losgegangen und schlugen ihn sehr. Er versuchte zu erklären, dass er das nicht war, aber vergeblich.

 

Speaker 1 [00:13:46]

Die haben ihn geschlagen und da liegen gelassen? 

 

Speaker 2 [00:13:51]

Ja [kurze Pause].

 

Speaker 1 [00:13:57]

Okay. Wie war dein Verhältnis zu deiner Mutter? Warst du näher zu deiner Mutter oder zu deinem Vater? Waren die streng?

 

Speaker 2 [00:14:12]

Ja gut, mit meiner Mutter hatte ich ein engeres Verhältnis als zu meinem Vater.  Mein Vater war streng. Wir durften in Anwesenheit meines Vaters nicht viel reden. Aber meine Mutter nicht.

 

Speaker 1 [00:14:27]

Okay. [kurze Pause] Als ihr in Smederevo wart, wie alt warst du da?

 

Speaker 2 [00:14:34]

Ich war 20. Vielleicht älter. 

 

Speaker 1 [00:14:37]

Warst du schon verheiratet? 

 

Speaker 2 [00:14:38]

Ja.

 

Speaker 1 [00:14:39]

Das haben wir übersprungen. Du wohntest noch in Bujanovac. 

 

Speaker 2 [00:14:43]

Ja.

 

Speaker 1 [00:14:44]

Und du hast da geheiratet, wo du noch in Bujanovac warst? 

 

Speaker 2 [00:14:47]

In Bujanovac. Ja.

 

Speaker 1 [00:14:48]

Aha, okay. Wie habt ihr euch kennengelernt? 

 

Speaker 2 [00:14:51]

Auf der Arbeit.

 

Speaker 1 [00:14:52]

Auf der Arbeit? Wo?

 

Speaker 2 [00:14:54] In Surčin*.

(*Surčin ist eine kleine Stadt in der Nähe von Belgrad. Bekannt bei den Roma für die Saisonarbeit auf den Felder. Dort gab es ein großes staatliches Landwirtschafts-Kombinat, das jedes Jahr über den ganzen Sommer Roma-Saisonarbeiter beschäftigt hat. Für die Saisonarbeiter gab es neben dem Tageslohn Übernachtung und Verpflegung. Die Roma lebten dort mit den Familien für mehrere Monate im Jahr.)

 

Speaker 1 [00:14:56]

Wie alt warst du da?

 

Speaker 2 [00:14:59]

18 Jahre.

 

Speaker 1 [00:15:01]

18? Und dann kamen die um deine Hand zu bitten? 

 

Speaker 2 [00:15:05]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:15:06]

Echt? Wie habt ihr euch geeinigt? Oder hattest du das mit ihm schon abgesprochen? Oder da in Surčin wart ihr schon einig? 

 

Speaker 2 [00:15:20]

Da in Surčin haben wir uns kennengelernt. Dann ist er aus Surčin zum Wehrdienst gegangen. Dann habe ich auf ihn gewartet bis er aus der Armee zurückzukommt. Damals dauerte der Wehrdienst 2 Jahre. Dann kamen die um meine Hand zu bitten und meine Eltern haben zugestimmt. Aber dann bin ich zu ihm abgehauen.

 

Speaker 1 [00:15:46]

Ah, du bist zu ihm abgehauen?

(Das „abhauen“ ist wörtlich übersetzt. Man meint aber die Entscheidung zum Mann zu ziehen ohne die Erlaubnis der Eltern. Sich selbst verheiraten. Verheiratet gilt man bei uns ab dem Zeitpunkt, wo das Mädchen ins Haus des Jungen kommt und mit ihm schläft bzw. entjungfert wird. Es ist dann eine Schande für die Familie des Mädchens.)

 

Speaker 2 [00:15:47]

[zustimmen durch Kopfnicken und lacht] Und so.

 

Speaker 1 [00:15:54]

Dann warst du in Kumanovo? 

 

Speaker 2 [00:15:57]

Ja. In Kumanovo wohnten wir ein Jahr.

 

Speaker 1 [00:16:01]

In Barake*?

(Barake ist eine Roma-Siedlung in Kumanovo. Entstanden ist sie nach dem Erdbeben 1963 als Notunterkunft aus Baracken für die Bevölkerung. Mit der Zeit bekamen alle Gadje eine Wohnung und sind von dort ausgezogen und die Roma blieben. So wurde sie zu eine rein Roma-Siedlung bis heute.)

 

Speaker 2 [00:16:03]

Ja, in Barake. Meine Familie ist dann umgezogen.

 

Speaker 1 [00:16:07]

Wohin?

 

Speaker 2 [00:16:08]

Meine Familie war danach in Smederevo und wir sind dann auch dorthin umgezogen.

 

Speaker 1 [00:16:18]

Das heißt, deine Familie ist aus Bujanovac nach Smederevo umgezogen? 

 

Speaker 2 [00:16:21]

Ja.

 

Speaker 1 [00:16:22]

Und dann hast du mit Raif entschieden auch dorthin umzuziehen? 

 

Speaker 2 [00:16:26]

Nach Smederevo. Dort waren bessere Arbeitsmöglichkeiten. Es gab viel mehr Arbeit.

 

Speaker 1 [00:16:44]

Ähm, wie alt warst du, als ihr nach Smederevo umgezogen seid?

 

Speaker 2 [00:16:51]

[kurze Pauze] 20 Jahre war ich. 

 

Speaker 1 [00:16:53]

Ja? Okay. Wo habt ihr da in Smederevo gewohnt? 

 

Speaker 2 [00:16:59]

Zuerst wohnten wir bei meiner Schwester, die dort bereits ein Haus hatte. So durften wir nach der Arbeit dort wohnen, bis wir was Eigenes gefunden haben.

 

Speaker 1 [00:17:14]

Und wo habt ihr was gefunden? 

 

Speaker 2 [00:17:16]

Da in Krivak*. (Krivak ist eine Roma-Siedlung in Smederevo am Rande der Stadt und grenzt an Gelende einer sehr großen staatlichen Eisen- und Stahlfabrik.)

 

Speaker 1 [00:17:18]

Zur Miete? 

 

Speaker 2 [00:17:20]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:17:22]

Wie lange habt ihr da zur Miete gewohnt? 

 

Speaker 2 [00:17:24]

Ein Jahr. 

 

Speaker 1 [00:17:26]

Und dann habt ihr ein eigenes Haus gekauft? 

 

Speaker 2 [00:17:28]

Wir haben ein Haus aus Lehmziegeln gekauft. Es wäre fast über uns zusammengebrochen.

 

Speaker 1 [00:17:35]

Von dem Geld, für das ihr ein Jahr gearbeitet habt? 

 

Speaker 2 [00:17:37]

Ja. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:17:43]

[hustet] Okay. [längere Pause] Ähm, wie war dein Verhältnis zu deinen Schwestern? Oder wie ist es? 

 

Speaker 2 [00:18:09]

[kurze Pause] Mit meinen Schwestern gut, aber meine Brüder waren nicht gut zu uns. 

 

Speaker 1 [00:18:13]

Deine Brüder waren nicht gut? 

 

Speaker 2 [00:18:14]

Ja. Die waren viel kleiner als wir, aber die schlugen uns. Die schlugen uns viel. Weil wir Mädchen waren, schwiegen wir und sagten nichts.

 

Speaker 1 [00:18:23]

Ja?

 

Speaker 2 [00:18:23]

Ja. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:18:26]

Warum haben die euch geschlagen? 

 

Speaker 2 [00:18:28]

Weil wir geraucht haben. 

 

Speaker 1 [00:18:31]

Aber ihr wart groß? 

 

Speaker 2 [00:18:34]

[lacht und zustimmen durch Kopfnicken]

 

Speaker 1 [00:18:37]

Okay. Wann haben die angefangen euch zu schlagen? Wie alt warst du da?

 

Speaker 2 [00:18:54]

[kurze Pause] Ich war groß.

 

Speaker 1 [00:18:55]

Ja? Und die schlugen euch? 

 

Speaker 2 [00:18:58]

Und wir schwiegen. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:19:05]

Okay.

 

Speaker 2 [00:19:06]

Als wir beim Essen waren, schlugen die uns. 

 

Speaker 1 [00:19:09]

Warum? 

 

Speaker 2 [00:19:10]

Aus einer Schale aßen 10 Leute.

 

Speaker 1 [00:19:13]

Echt? Alle zusammen? 

 

Speaker 2 [00:19:16]

Ja.

 

Speaker 1 [00:19:17]

Und warum haben die euch geschlagen? Beim Essen?

 

Speaker 2 [00:19:20]

Wer schneller essen konnte, mehr essen. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:19:27]

War das wirklich so? 

 

Speaker 2 [00:19:29]

Das ist die Wahrheit. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:19:32]

[hustet] [kurze Pause]

 

Speaker 2 [00:19:40]

Eine Schokolade kauften sie uns als die von der Arbeit zurückkamen und wir kämpften miteinander, wer es essen wird. [kurze Pause] Was soll ich noch sagen? 

 

Speaker 1 [00:19:59]

Als ihr das Haus in Smederevo gekauft habt, das war eures erstes eigenes Haus? 

 

Speaker 2 [00:20:07]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:20:08]

Wie hat sich das angefühlt? 

 

Speaker 2 [00:20:10]

Auu, sehr gut. Es war unser. Keiner konnte dir was sagen. Denn es ist deins. Als hätten wir eine Villa gekauft, obwohl es auf uns zusammenbrechen konnte.

 

Speaker 1 [00:20:26]

Aber du warst stolz? 

 

Speaker 2 [00:20:27]

Ja.

 

Speaker 1 [00:20:29]

Es war dein Haus.

 

Speaker 2 [00:20:30]

Ja. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:20:35]

Wie war das Leben als ihr da in dem Haus wohntet? 

 

Speaker 2 [00:20:40]

Gut.

 

Speaker 1 [00:20:41]

Die Nachbarn? 

 

Speaker 2 [00:20:42]

Die Nachbarn waren auch gut. 

 

Speaker 1 [00:20:47]

Und wie lange habt ihr in dem Haus gelebt? 

 

Speaker 2 [00:20:49]

Au, wir lebten da 10 Jahre. 

 

Speaker 1 [00:20:53]

10 Jahre? [zustimmendes Geräusch] [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:21:01]

Ähm, also habt ihr euch in dem Haus wohlgefühlt und mit den Nachbarn habt ihr euch gut verstanden?

 

Speaker 2 [00:21:13]

Lange Zeit war es gut, aber später nicht mehr so. Danach haben wir uns auf dem Platz ein neues Haus gebaut.

 

Speaker 1 [00:21:25]

[Zustimmendes Geräusch] Auf diesem Platz? 

 

Speaker 2 [00:21:28]

Auf diesen Platz. Das Lehmhaus war nicht mehr bewohnbar. Wir haben Eisen gesammelt und mit der Zeit genug Geld gemacht und zwei neue Zimmer gebaut.

 

Speaker 1 [00:21:42]

Wo habt ihr das Eisen gesammelt? 

 

Speaker 2 [00:21:44]

 Das, was aus der Eisenfabrik weggeschmissen wird.

 

Speaker 1 [00:21:47]

In Smederevo?

 

Speaker 2 [00:21:48]

In Smederevo. Sie fuhren mit Waggons raus und schmissen sehr viel weg. 

 

Speaker 1 [00:21:55]

Von dem Eisen, was dort geschmolzen wird? 

 

Speaker 2 [00:21:57]

Ja. Sie haben das weggeschmissen und wir sammelten es. Wir gruben die Erde und den Sand, und alles.

 

Speaker 1 [00:22:05]

Das war aber Schlacke.

 

Speaker 2 [00:22:06]

Schlacke haben wir auch gesammelt. 

 

Speaker 1 [00:22:10]

Das konntet ihr auch verkaufen? 

 

Speaker 2 [00:22:12]

Ja, das konnte man auch verkaufen.

 

Speaker 1 [00:22:15]

Das ist doch alles schwarz.

 

Speaker 2 [00:22:18]

So wie Eisen und es war schwarz.

 

Speaker 1 [00:22:23]

Waren da auch kleine Eisenstücke drin? 

 

Speaker 2 [00:22:25]

Ja, [kurze Pause] aber du musstest viel graben, um etwas zu finden. 

 

Speaker 1 [00:22:33]

Womit habt ihr gegraben? Mit der Gartenhacke?

 

Speaker 2 [00:22:34]

Mit der Gartenhacke.

 

Speaker 1 [00:22:35]

Waren da auch andere Leute?

 

Speaker 2 [00:22:37]

Auu, sehr viele. Die Leute würden sich da umbringen, um mehr zu finden. Er gräbt auf der einen Seite, du auf der anderen und finden beide dasselbe Eisenstück. Oft gab es Streit und Schlägerei.

 

Speaker 1 [00:22:48]

[zustimmendes Geräusch] Waren die Eisenstücke schwer? 

 

Speaker 2 [00:22:50]

Ja.

 

Speaker 1 [00:22:51]

Wieviel Kilo? 

 

Speaker 2 [00:22:52]

Ich weiß es nicht. Diese Schlacke war schwer. 

 

Speaker 1 [00:22:57]

[zustimmendes Geräusch] Du weißt es nicht, wie schwer die waren? 

 

Speaker 2 [00:23:01]

[zustimmendes Geräusch] [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:23:04]

Und da habt ihr die Stücke in einem Haufen gesammelt? 

 

Speaker 2 [00:23:07]

Ja, auf einem Haufen und danach hatten wir Motorrad mit Anhänger und auf dem Anhänger haben wir es nach Hause gebracht. 

 

Speaker 1 [00:23:21]

Auf den Hof?

 

Speaker 2 [00:23:22]

Ja.

 

Speaker 1 [00:23:24]

Da habt ihr es gesammelt? 

 

Speaker 2 [00:23:25]

Da haben wir es gesammelt und dann kamen diese Leute aus Osipaonica* (*Stadt in der Nähe von Smederevo) diese Gurbetja,* (*Gurbetja ist auch eine der Untergruppen der Roma) die es gekauft haben und denen haben wir es verkauft.

 

Speaker 1 [00:23:37]

Und wie haben die es gewogen? Wie habt ihr es verkauft? 

 

Speaker 2 [00:23:43]

So auf Augenmaß. Es wird nur geschätzt.

 

Speaker 1 [00:23:47]

Also sie schätzen es nur? 

 

Speaker 2 [00:23:47]

Ja.

 

Speaker 1 [00:23:49]

Und dann sagen sie, wieviel sie dafür bezahlen würden?

 

Speaker 2 [00:23:50]

Ja.

 

Speaker 1 [00:23:51]

Und dann sagst du: ja oder nein? 

 

Speaker 2 [00:23:52]

Ja.

 

Speaker 1 [00:23:53]

Verhandelst du mit ihm? 

 

Speaker 2 [00:23:55]

Ja, wir einigen uns und dann nimmt er es. Als wir Holzsammeln gingen [lacht] …

 

Speaker 1 [00:24:05]

Was? [lacht]

 

Speaker 2 [00:24:07]

[spricht lachend] Während er einen Baum mit der Axt geschlagen hat, ist ihm die Axt ins Wasser im Winter in die Donau gefallen: „Ah, die verdammte Axt“ und hat sich nackt ausgezogen.

 

Speaker 1 [00:24:24]

[spricht lachend] Ist ins Wasser in Donau reingegangen? Im Winter? 

 

Speaker 2 [00:24:25]

Ja, ins Wasser nach der Axt suchen. Wir haben den Anhänger auf dem Motorrad vollgemacht und ich oben auf das Holz drauf. Die Polizei hat uns gesehen und du darfst so nicht fahren. Es hat stark geschneit und es war windig. Wir taten wahrscheinlich dem Polizisten leid und er hat uns nicht gestoppt. Uh, sagte ich, wir sind davongekommen.

 

Speaker 1 [00:24:50]

Hat er die Axt im Wasser gefunden? 

 

Speaker 2 [00:24:52]

Ja, hat er. [lacht und spricht weiter] Als wir vor kurzem da waren, sind wir da mit dem Auto vorbeigefahren als wir nach Pančevo fuhren. Dachte ich mir: hier ist er nackt im Wasser ins Winter reingegangen, nach der Axt zu suchen. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:25:16]

Wenn du jetzt zurückblickst, wie war dein Leben mit Kako? 

 

Speaker 2 [00:25:24]

Was für ein Leben? Ganzes Leben habe ich gearbeitet. Das war kein Leben. 

 

Speaker 1 [00:25:30]

Und er? 

 

Speaker 2 [00:25:32]

Er hat immer geschlafen. [kurze Pause] Ganzes Leben habe ich gearbeitet. Bis heute, immer noch. Ich gehe Sperrmüll suchen.

 

Speaker 1 [00:25:44]

Ja? [kurze Pause] Und das Verhältnis zu ihm? War es okay? 

 

Speaker 2 [00:25:57]

Manchmal war es okay, manchmal nicht okay. 

 

Speaker 1 [00:26:00]

Ja?

 

Speaker 2 [00:26:01] [

kurze Pause] [atmet tief ein]

 

Speaker 1 [00:26:06]

Hattet ihr Streitigkeiten? Und warum? 

 

Speaker 2 [00:26:13]

Er wollte nicht arbeiten. 

 

Speaker 1 [00:26:15]

Und du warst wütend auf ihn? 

 

Speaker 2 [00:26:16]

Ja. [kurze Pause] Weil ich Angst hatte, sie würden uns nachhause schicken.

 

Speaker 1 [00:26:22]

Wo?

 

Speaker 2 [00:26:23]

Nach Serbien. Uns zurück abschieben.

 

Speaker 1 [00:26:26]

Aha, wir sind noch nicht da angekommen. Ihr wart in Smederevo und dort habt ihr euch das Haus gebaut.

 

Speaker 2 [00:26:33]

Ja.

 

Speaker 1 [00:26:34]

Wie habt ihr entschieden nach hier zu kommen? 

 

Speaker 2 [00:26:45]

[kurze Pause] [überlegt] Muss ich alles sagen? 

 

Speaker 1 [00:26:47]

Das entscheidest du, ob du was sagen willst oder nicht. 

 

Speaker 2 [00:26:53]

Hm, [kurze Pause] wir haben gesehen, dass viele Roma nach hier kamen und haben entschieden, dass wir auch kommen. Man sagte, dass das Leben hier besser sei. Wir hatten viel und schwer gearbeitet und wollten nicht mehr diese schwere Arbeit machen. Aber als wir hier waren, nach 3 Monaten sind wir abgeschoben worden.

 

Speaker 1 [00:27:13]

Und dann? 

 

Speaker 1 [00:27:14]

[hustet] Als wir zuhause waren, sind wir nach einem oder zwei Monaten wieder gekommen. Und wir sagten uns, jetzt werden wir hierbleiben und nicht mehr zurückgehen.

 

Speaker 1 [00:27:32]

Und als ihr das zweite Mal hier wart, wo habt ihr da gewohnt? 

 

Speaker 2 [00:27:36]

Ähm, …

 

Speaker 1 [00:27:40]

In einem Heim? (Unter Roma nur „Heim“ für Asylbewerberwohnheim) 

 

Speaker 2 [00:27:41]

In Süsterfeld*. Ja. Im Heim.

(„Süsterfeld“ war ein ehemaliges Kloster, was als Asylbewerberwohnheim umgebaut und wo sehr viele Asylbewerber untergebracht wurden. Es war auf der Süsterfeldstraße in Aachen und daher der Name Süsterfeld.)

 

Speaker 1 [00:27:46]

Wie lange habt ihr da gewohnt? 

 

Speaker 2 [00:27:50]

Uh, da haben wir 10 Jahre gewohnt. Im Heim. Viele Schwarze, alle mögliche Menschen. Viele haben gesoffen und haben Lärm und laute Musik gemacht. Wir haben unsere Tür immer abgeschlossen. Tag und Nacht.

 

Speaker 1 [00:28:06]

Geneinsame Küche? 

 

Speaker 2 [00:28:09]

Ja, Toiletten, Duschen, alles gemeinsam. 

 

Speaker 1 [00:28:14]

Und wer hat sauber gemacht? 

 

Speaker 2 [00:28:17]

Wir. Alle die Reinigungsdienst hatten. 

 

Speaker 1 [00:28:21]

Gab es Streitigkeiten wegen der Sauberkeit? 

 

Speaker 2 [00:28:24]

Nein, es gab extra Geld für die Reinigung. 

 

Speaker 1 [00:28:30]

Aha.

 

Speaker 2 [00:28:31]

Und wir haben alle sauber gemacht. Ich weiß es nicht mehr, wie viel extra Geld es gab. Es ist schon lange her.

 

Speaker 1 [00:28:36]

[zustimmendes Geräusch] Und habt ihr hier gearbeitet? 

 

Speaker 2 [00:28:45]

Ich habe gearbeitet, als Putzfrau.

 

Speaker 1 [00:28:48]

In welche Firma? 

 

Speaker 2 [00:28:49]

Bei Firma Niederberger. 

 

Speaker 1 [00:28:52]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 2 [00:28:55]

Bei Pico-Bella habe ich auch gearbeitet.

 

Speaker 1 [00:28:57]

[zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:29:00]

Ähm, wie lange?

 

Speaker 2 [00:29:05]

Ich weiß es nicht mehr. 

 

Speaker 1 [00:29:09]

Und der Onkel? 

 

Speaker 2 [00:29:12]

Er hat auch gearbeitet. In einem Projekt. Ich glaube 2 Jahre. Ja, 2 Jahre.

 

Speaker 1 [00:29:27]

Und habt ihr auch was anderes gearbeitet? 

 

Speaker 2 [00:29:32]

Wir haben Eisen gesammelt. Hier auch. 

 

Speaker 1 [00:29:35]

Hier?

 

Speaker 2 [00:29:35]

Ja. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:29:39]

Aus dem Sperrmüll? Und Kupfer?

 

Speaker 2 [00:29:41]

Ja. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:29:46]

Konnte man gut finden? 

 

Speaker 2 [00:29:48]

Ja, hier kann man gut finden.

 

Speaker 1 [00:29:53]

Ich meine Eisen und Kupfer? 

 

Speaker 2 [00:29:56]

Ja.

 

Speaker 1 [00:29:57]

Habt ihr hier gesammelt?

 

Speaker 2 [00:29:59]

Gesammelt, ja. [atmet tief ein]

 

Speaker 1 [00:30:06]

[Zustimmendes Geräusch] [kurze Pause] Gab es irgend ein Ereignis, was du erlebt hast, was dir bis jetzt in der Erinnerung geblieben ist? [kurze Pause] Was du nicht vergessen kannst und du dich noch erinnern kannst? 

 

Speaker 2 [00:30:27]

Ich habe die Bilder jetzt nicht hier dabei, um dir die Bilder zu zeigen. 

 

Speaker 1 [00:30:30]

Was?

 

Speaker 2 [00:30:31]

Dass ich immer barfuß war. Ich hatte nicht mal Latschen anzuziehen. 

 

Speaker 1 [00:30:36]

Hast du solche Bilder? 

 

Speaker 2 [00:30:36]

Ja.

 

Speaker 1 [00:30:37]

Ich habe diese Bilder nie gesehen.

 

Speaker 2 [00:30:39]

Immer barfuß! [kurze Pause] Es war kein schönes Leben. [kurze Pause] Es wurde nur für das Essen gearbeitet, damit wir zumindest Brot zu essen haben. [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:31:07]

[zustimmendes Geräusch] [kurze Pause]

 

Speaker 2 [00:31:13]

„Borije chiv kafa.“ (Übersetzt heißt es: „Schwiegertochter, setzt Kaffee auf.“ Diesen Satz sagte sie als Anspielung an die Tatsache, dass sie keine Schwiegertochter hat oder zumindest keinen der im Haushalt ihr helfen kann.)

 

Speaker 1 [00:31:20]

Wenn du aus der Mahala in die Stadt gegangen bist, spielte es irgendeine Rolle das du Roma warst? Gab es Benachteiligungen in der Stadt, oder im Laden, oder beim Arzt?

 

Speaker 2 [00:31:43]

Und wie!

 

Speaker 1 [00:31:46]

Wie? 

 

Speaker 2 [00:31:47]

Benachteiligungen gab es, weil wir Roma waren. 

 

Speaker 1 [00:31:54]

Kannst du ein Beispiel oder Erlebnis erzählen? 

 

Speaker 2 [00:31:57]

Zum Beispiel, es ist umsonst, dass du im Wartezimmer stundenlang wartest [spricht Serbisch] „Bezi ti cigane. Ova je na red.“ [Übersetzung: Hau ab du Zigeuner, sie ist erstmal dran]

 

Speaker 1 [00:32:08]

Haben sie so gesagt? 

 

Speaker 2 [00:32:09]

Ja

 

Speaker 1 [00:32:11] [Serbisch]

„Cekaj ti.“ [Übersetzung: Du musst warten]

 

Speaker 2 [00:32:12]

Ja.

 

Speaker 1 [00:32:13]

Seid ihr danach drangekommen? 

 

Speaker 2 [00:32:15]

Du kommst dran, aber [Romanes] „frdena tut pe serestar samo.“*

(Wörtlich übersetzt heißt es „Sie schmeißen dich aus ihrem Kopf raus“. Es ist eine Redewendung, wenn etwas zwar gemacht wird, aber ohne viel Bemühungen es zu erledigen oder gut zu machen, sondern es nur schnell hinter sich zu bringen. Nur abfertigen, dich loswerden) [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:32:24]

Und gibt es ein ähnliches Ereignis? Was du oder deine Schwestern erlebt haben?

 

Speaker 2 [00:32:30]

[schüttelt den Kopf]

 

Speaker 1 [00:32:37]

Nein? [kurze Pause] Okay. Wie habt ihr darauf reagiert, als sie sagten [serbisch] „cekaj ti nisi jos na red“. [Übersetzung: warte, du bist noch nicht dran] Habt ihr euch ungerecht behandelt gefühlt?

 

Speaker 2 [00:32:53]

Ja, klar. Nur weil wir Roma waren.

 

Speaker 1 [00:32:58]

Aber, als sie sagten: [serbisch] „cekaj ti nisi jos na red“. [Übersetzung: warte, du bist noch nicht dran] Wie habt ihr reagiert? Habt ihr nichts gesagt?

 

Speaker 2 [00:33:10]

Klar waren wir sauer. Aber was sollten wir sagen?

 

Speaker 1 [00:33:14]

Ja?

 

Speaker 2 [00:33:15]

Ja, du kannst nichts sagen. Es ist umsonst. Ich sage dir, dass sie deinen Onkel umsonst geschlagen haben, um zu sagen wer es war [lacht] aber er hat nicht gepetzt.

 

Speaker 1 [00:33:26]

Ähm, [kurze Pause] Gab es irgendwelche glücklichen Momente in deinem Leben?  [kurze Pause] Wenn ja, welche? 

 

Speaker 2 [00:33:48]

Was soll ich sagen? 

 

Speaker 1 [00:33:54]

Oder gab es mehr traurige Momente. Du entscheidest, ob du was sagen willst.  [kurze Pause]

 

Speaker 2 [00:34:02]

Glückliche Momente gab es nicht. Es waren mehr Traurige. [kurze Pause] Bis heute das gleiche. [kurze Pause] [spricht Deutsch] Das ist nicht gut.

 

Speaker 1 [00:34:27]

Und von den [kurze Pause] traurigen Momenten, möchtest du was erzählen?

 

Speaker 2 [00:34:50]

[kurze Pause] [spricht Deutsch] [Unverständlich] Ich bin dement.

 

Speaker 1 [00:34:53] [lacht]

Du lügst.

 

Speaker 2 [00:35:00]

[Steht auf etwas zu holen] [unverständlich] [setzt sich wieder hin]

Ich weiß es nicht. [Macht Zigarette an]

Ich will mich an diese alten Zeiten nicht erinnern. Es ist besser. Das Leben war nicht schön.

 

Speaker 1 [00:35:31]

Was war nicht schön? 

 

Speaker 2 [00:35:32]

Alles!

 

Speaker 1 [00:35:33]

Willst du nicht sagen?

 

Speaker 2 [00:35:41]

Puh, ich weiß es nicht. [lacht] [Romanes] Borije pek e khanja. (Übersetzt heißt es: „Schwiegertochter, tu das Hänchen im Backofen.“ Genauso wie oben, weil sie keine Hilfe im Haushalt hat) 

[hustet] Ich will mich nicht an diese alten Sachen erinnern. 

 

Speaker 1 [00:36:10]

Willst du nicht? 

 

Speaker 2 [00:36:11]

[Kopfschütteln] Nein.

 

Speaker 1 [00:36:12]

Okay.

 

Speaker 1 [00:36:14]

Ähm, fühlst du dich hier in Deutschland wohl? 

 

Speaker 2 [00:36:19]

Ja.

 

Speaker 1 [00:36:21]

Warum?

 

Speaker 2 [00:36:22]

Weil hier alles besser ist. 

 

Speaker 1 [00:36:24]

Was ist besser? 

 

Speaker 2 [00:36:25]

Alles.

 

Speaker 1 [00:36:27]

Zum Beispiel? 

 

Speaker 2 [00:36:29]

Das Leben ist besser, es herrscht Wohlstand, du kannst essen, was du willst. Zuhause gab es nichts. Für eine Schokolade hätten wir uns geschlagen. Geschweige denn Saft oder Limo, keine Chance. Und hier gibt es alles.

 

Speaker 1 [00:36:52]

Wie lange bist du schon hier? 

 

Speaker 2 [00:36:54]

Hu, 30 Jahre, mehr als 30 Jahre. 91 bin ich gekommen. Wie viel ist das? 

 

Speaker 1 [00:37:05]

32 Jahre. Das Leben ist besser, das Essen ist besser?  

 

Speaker 2 [00:37:14]

Ja, die Ärzte sind besser. Wenn ich mit dieser Krankheit, die ich habe, zuhause wäre, wäre ich schon lange tot. Hier sagt dir keiner [serbisch] „cigani bezi ti“ [Übersetzung: Haut ab ihr Zigeuner]. Du gehst hier zum Arzt und wirst untersucht und behandelt wie die Deutschen, wie alle anderen. Die Ärzte behandeln dich gleich.

 

Speaker 1 [00:37:40]

Hast du hier irgendeine Benachteiligung bemerkt, dass du Ausländerin bist? 

 

Speaker 2 [00:37:46]

Nein.

 

Speaker 1 [00:37:47]

Dass sie dich anders behandeln, oder was sagen? 

 

Speaker 2 [00:37:50]

Nein.

 

Speaker 1 [00:37:51]

Es gab kein Erlebnis?

 

Speaker 2 [00:37:52]

Ich habe sowas bisher nicht erlebt, es war alles gut. 

 

Speaker 1 [00:38:03]

Ähm. Wenn du jetzt nachhause gehst, sagst du: „ich geh nach Hause“?

 

Speaker 2 [00:38:11]

Ja.

 

Speaker 1 [00:38:12]

Aber wenn du unten bist und dann nach hier zurückkommst, sagst du auch: „ich geh nach Hause“?

 

Speaker 2 [00:38:16]

Ich kann es kaum erwarten, wieder hierhin zurückzukommen. 

 

Speaker 1 [00:38:18]

Was ist für dich mehr „Zuhause“? Hier oder in Serbien? 

 

Speaker 2 [00:38:24]

Hier

 

Speaker 1 [00:38:24]

Hier?

 

Speaker 2 [00:38:25]

Hier. Ich kann es kaum erwarten wieder hierhin zurückzukommen. 

 

Speaker 1 [00:38:28]

Ja? Das heißt, du hast nicht mehr diese Verbindung, 

 

Speaker 2 [00:38:33]

Dass ich dort bin? 

 

Speaker 1 [00:38:33]

Dass du dort bist.

 

Speaker 2 [00:38:33]

Nein.

 

Speaker 1 [00:38:38]

Okay, ähm, in deinem bisherigen Leben, gibt es da Erlebnisse, die dich geprägt haben, von denen du was gelernt hast? Was wäre das? Oder Sachen die du jetzt im Nachhinein anders machen würdest? Gab es sowas? [kurze Pause]

 

Speaker 2 [00:39:10]

Dieses Leben?

 

Speaker 1 [00:39:12]

Was du bisher hattest. 

 

Speaker 2 [00:39:13]

Was ich gemacht habe, habe ich hier in Deutschland gemacht. Aber während ich unten war, das Leben war kein Leben.  [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:39:25]

Ähm, Wenn du an deinem Leben etwas ändern könntest, was würdest du wollen anders zu machen?

 

Speaker 2 [00:39:39]

Das Leben, was ich unten gemacht habe? 

 

Speaker 1 [00:39:43]

Nicht nur, sondern alles bis jetzt. [kurze Pause]

 

Speaker 2 [00:39:49]

Hm.

 

Speaker 1 [00:39:50]

Würdest du wollen, etwas zu ändern? Wenn du die Zeit zurücksetzten könntest?

 

Speaker 2 [00:39:55]

Nein.

 

Speaker 1 [00:39:56]

Würdest du nichts anders machen? 

 

Speaker 2 [00:39:57]

Nein.

 

Speaker 1 [00:39:58]

Du würdest alles wieder so machen? 

 

Speaker 2 [00:40:00]

Nein, dieses Leben hier. 

 

Speaker 1 [00:40:03]

Nein.

 

Speaker 2 [00:40:04]

Ich habe dich nicht verstanden.

 

Speaker 1 [00:40:05]

Ja, sehe ich [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:40:10]

Wenn du jetzt wieder 12 Jahre alt wärst. 

 

Speaker 2 [00:40:14]

[Zustimmendes Geräusch]

 

Speaker 1 [00:40:15]

Würdest du etwas anderes machen wollen als das, wie es war? 

 

Speaker 2 [00:40:23]

Ich würde ein anderes Leben führen.

 

Speaker 1 [00:40:26]

Welches? Was würdest du anders machen? 

 

Speaker 2 [00:40:26]

Besseres Leben. 

 

Speaker 1 [00:40:28]

Was?

 

Speaker 2 [00:40:29]

Ich würde zur Schule gehen, damit ich bessere Möglichkeiten habe. Um ein besseres Leben zu haben. Und nicht Holz im Wald sammeln gehen.

 

Speaker 1 [00:40:41]

Auf Feldern arbeiten.

 

Speaker 2 [00:40:42]

Auf Feldern arbeiten, graben. [hustet]

 

Speaker 1 [00:40:49]

[Zustimmendes Geräusch] Das heißt, du würdest zu Schule gehen wollen?

 

Speaker 2 [00:40:55]

Ja.

 

Speaker 1 [00:40:56]

Okay.

 

Speaker 1 [00:40:58]

Möglicherweise wärst du irgendwo Angestellte. 

 

Speaker 2 [00:41:01]

Ja, es wäre dann anders.

 

Speaker 1 [00:41:05]

Meinst du, wenn du zur Schule gegangen wärst und eine Arbeit hättest, würden sie nicht sagen „bezi cigan“?

 

Speaker 2 [00:41:05]

Dann nicht. 

 

Speaker 1 [00:41:15]

Würden sie nicht sagen?

 

Speaker 2 [00:41:16]

Würden sie nicht sagen. Vielleicht, weiß ich nicht.

 

Speaker 1 [00:41:22]

Okay. [kurze Pause] Gut, Bibi.

 

Speaker 2 [00:41:37]

[spricht leise] Ich habe leichte Kopfschmerzen [unverständlich] [spricht deutsch] Mein Gott hey.

 

Speaker 1 [00:41:45]

Gibt es noch etwas, was du erzählen möchtest?

 

Speaker 2 [00:41:48]

Was soll ich erzählen? Das Leben dort war nicht gut. Es war nichts gut. Das dortige Leben.

 

Speaker 1 [00:42:05]

Was war denn genau nicht gut? Dass du viel gearbeitet hast? Dass es schwer war?

 

Speaker 2 [00:42:09]

Ja.

 

Speaker 1 [00:42:10]

Das?

 

Speaker 2 [00:42:10]

Dass sie dich von klein an arbeiten schicken, dass sie dich wie eine erwachsene Frau anziehen, um älter zu wirken, um arbeiten zu gehen. 

 

Speaker 1 [00:42:21]

Für dich war das natürlich schwer? 

 

Speaker 2 [00:42:24]

Und wie. Es war sehr schwer. Die Hacke war größer als ich. Hauptsache ich war ein Arbeiter mehr.

 

Speaker 1 [00:42:40]

Und als ihr nach Eisen gegraben habt und die schweren Eisenteile heben musstet. 

 

Speaker 2 [00:42:43]

Ja.

 

Speaker 1 [00:42:44]

Das war ja auch schwere Arbeit und sicherlich schwer für dich.

 

Speaker 2 [00:42:49]

Ja klar. Nur wir mussten es machen. Es gab nichts anderes. [kurze Pause] [beide lachen]

 

Speaker 1 [00:43:05]

Okay. Das wars dann Bibi. Wie alt bist du nochmal?

 

Speaker 2 [00:43:24]

64te.

 

Speaker 1 [00:43:26]

64te? 59. Nächstes Jahr 60. 

 

Speaker 2 [00:43:38]

Jetzt August. 6. August ist mein Geburtstag. 

 

Speaker 1 [00:43:49] [kurze Pause]

Du bist Moslem?

 

Speaker 2 [00:43:50]

Ja.

 

Speaker 1 [00:43:53]

Hat die Religion in deinem Leben eine Rolle gespielt? 

 

Speaker 1 [00:43:59]

Nein?

 

Speaker 2 [00:43:59]

[Verneinendes Geräusch] [kurze Pause]

 

Speaker 1 [00:44:13]

Okay Bibi. Vielen Dank.

 

Speaker 2 [00:44:19]

Ich danke auch dir.

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