Name der interviewten Person Sandra Sejdovic
Geschlecht weiblich
Alter 36 Jahre
Religion/Glaubenszugehörigkeit –
Herkunftsland Bulgarien
Herkunftsland der Eltern –
LG/TZ LG
Speaker 1 [00:00:15]
Also wir fangen an! Ich würde erst mal sagen: Erzähl mir von deinem Leben.
Speaker 2 [00:00:25]
Von meine Leben. Welche Teil von meinem Leben?
Speaker 1 [00:00:28]
Wir können mit der Kindheit anfangen – wo du geboren bist, äh, wie deine Kindheit war, wie ha…, wie hast du deine Kindheit wahrgenommen? Wie hast du dich als Kind gefühlt in deiner äh, Familie, in deiner Nachbarschaft? Hast du Geschwister? Also so ein bisschen, dass wir so einen Überblick bekommen können, wie das bei dir aussah.
Speaker 2 [00:00:52]
Ich stell mich erst mal komplett vor …, und äh, dann erzähl ich mal, was jetzt äh, von mir war. So, ich bin die Sandra Sejdovic, geboren…, als Slawceva – Mädchenname. Ich komme ursprünglich aus Bulgarien …, da bin ich auch geboren. Ähm, in Bulgarien bin ich bis meine 20. Lebensjahr, äh, hab ich da gelebt und gewohnt. Äh, meine Kindh-e-i-t … Ich erinnere mich als mei…, also von meine Kindheit, der Schul…, Kindergarten Anfang schon, äh, da war ich mit meinem Bruder ganz lange in eine Kindergartenzeit, äh, war nicht so schön …, äh, weil äh, wir waren so in eine Einrichtung, so wie fast alle Kinder oder mindesten, was ich da gewusst hab …, äh, so in eine Einrichtung und da war sehr dunkel. (Speaker 1: Wirklich?) Ja. Da war wirklich sehr dunkel in diese Kindergarten äh, und sehr kalt …, ähm, ja. Danach …, hat, sind wir wieder nach Hause gegangen …, äh, Schulzeit hat angefangen …, ja, ich erinnere mich, dass meine Mutter mir so `ne Anzug gekauft hat so in schwarz-blau gewesen, äh schwarz-lila, ähm, genau. Schulzeit hat angefangen, da bin ich bis zum vierte Klasse in eine Schule gewesen und da hat‘s angefangen mit der Umzugs …, äh, mal diese Dorf, mal anderer Dorf, mal diese Schule, mal andere – ich hab glaub ich, zehn Schulen gewechselt, …, äh, bis ich äh, teilweise meine Schulabschluss fertig gemacht hab …, j-a-a, (atmet laut aus) bin ich bis zum …, also achte Klasse, in Bulgarien ist das Hauptabschluss …, gewesen. Ja …, so ungefähr meine Kindheit, ab d-a-a zählt es nicht mehr …, Kindheit.
Speaker 1 [00:03:10]
Kannst du uns sagen oder mir sagen ähm, hast du Geschwister?
Speaker 2 [00:03:15]
Ja, ich habe tatsächlich äh, eine Schwester und drei Brüder, oder bzw. mittlerweile zwei Schwestern …, ähm, genau …, und drei Brüder – wir sind sechs Kinder.
Speaker 1 [00:03:28]
Und wie war so dein Gefühl in der Kindheit …, die Beziehung zu euren Eltern …, hast du dich wohlgefühlt …, hast du dich gesehen gefühlt zu Hause?
Speaker 2 [00:03:40]
Nein. Ich hab mich noch nie in meine Familie gesehen gefühlt …, auch als Kleinkind …, ähm, ich war der schwarze Schaf …, in der Familie, sozusagen (lacht bisschen dabei) …, ähm, genau … Beziehung – null.
Speaker 1 [00:04:02]
Ich frag dich – wenn du auf diese Frage nicht antworten möchtest, kannst du ruhig sagen – was hat das mit dir gemacht?
Speaker 2 [00:04:09] Sehr viel. … Sehr viel hat das mit mir gemacht weil, ähm, das ä, hat mich nicht nach unten gezogen, sondern das hat mir den Kraft gegeben, weiter zu kämpfen, um zu zeigen, dass ich das kann. Ja? Und das hat, also, das hat sehr, sehr viel mi..mit heutige Leben was ich lebe zu tun – weil, wenn das früher nicht passiert wäre, dann ähm …, bestimmt hätte das nicht äh, so gewesen, wie das heute ist. Das hat mir einfach, das hat mich nicht runter gemacht, sondern einfach den Kraft gegeben und gesagt: So, ich muss euch jetzt zeigen, dass ich das kann. Und das hab ich auch gemacht.
Speaker 1 [00:04:52]
Das ist sehr, sehr stark. (Speaker 2: Ja) Respekt. Und du hast deinen Kindergarten kurz erwähnt das dort sehr dunkel und kalt war. Haben sich die Eltern nicht darüber beschwert, oder?
Speaker 2 [00:05:07]
Nein. Die haben sich auch …, also, meine Eltern haben sich nicht interessiert. Ich bin aufgewachsen nur mit meine Mutter. Ich kannte meine Vater nicht, sa…, ähm, ich hab meinen Vater kennengelernt mit zwölf Jahre alt. Ich wusste nicht, dass dieser Vater überhaupt existiert. Ich bin mit meine Stiefvater groß gewa…, also groß geworden. Ja. (atmet ein und aus laut)
Speaker 1 [00:05:34]
Ja, das …, hört sich nach …
Speaker 2 [00:05:36]
Genau. Und die haben sich nicht interessiert einfach (Speaker 1: Mhm) was da …, Hauptsache, …, ja w-weiß ich jetzt nicht, was der Grund war, dass wir da waren, äh, kann sein – Armut, kann sein äh – kein Interesse – weiß ich nicht. Da kann ich jetzt nicht sagen. Hab ich nie gefragt. (Speaker 1 gleichzeitig: War deine Mu…?)
Speaker 1 [00:05:54]
War deine Mutter berufstätig?
Speaker 2 [00:05:55]
Nein. Nein. Meine Mutter war noch nie berufstätig. Die war immer zu Hause.
Speaker 1 [00:06:01]
Das heißt, der Stiefvater hat für die Familie gesorgt.
Speaker 2 [00:06:04]
Genau.
Speaker 1 [00:06:06]
Ja. Und ähm, wie war das als du eingeschult wurdest? War …, zumindest dann, Schule ein Schutzort für dich?
Speaker 2 [00:06:14]
Tatsächlich ja. Tatsächlich ja, der Schule war für mich eine so besonderer Ort, deswegen hab ich auch die Schule geliebt, lieb ich immer noch heute …, ähm, ich hatte da so eine ganz, ganz gute Lehrerin – die hat mich unter Schutz genommen – die hat mir Klamotten gekauft, die hat mir Schulsachen besorgt, die hat mir alles besorgt. Und ich bin – so immer – gerne zur Schule gegangen. Also wir mussten morgen früh um sieben, zehn vor sieben, mussten wir immer dem Bus warten und wenn wir diese Bus verpasst hätten, dann kann man, gabs keine Möglichkeit, andere Möglichkeit zu Schule zu gehen und wenn ich mal diese Bus verpasst hab, dann bin ich zu Fuß gegangen …, zehn Kilometer lang. … Oder mit Fahrrad …, auch (ganz leise)
Speaker 1 [00:07:04]
Das heißt, du hast Schule geliebt.
Speaker 2 [00:07:06]
Ich habe Schule geliebt. Ich liebe Schule heute noch.
Speaker 1 [00:07:10]
Hattest du Freunde, Freundinnen?
Speaker 2 [00:07:12]
Jaa, ich hatte Freundinnen und Freunde auch, also …, bin `ne gesellige Mensch, der mit äh, jeder klarkommt und äh, ich hab sogar noch zwei Freundinnen, die ich heute noch Kontakt habe.
Speaker 1 [00:07:28]
Aus der Schulzeit?
Speaker 2 [00:07:29]
Aus der Schulzeit, aus den Kindergartenzeit noch.
Speaker 1 [00:07:32]
Das ist sehr schön.
Speaker 2 [00:07:33]
Ja.
Speaker 1 [00:07:35]
Und diese Freundinnen, diese Freundschaften waren das nur Roma Kinder oder auch Bulgarische oder …?
Speaker 2 [00:07:41]
Tatsächlich ich hatte mit gemischte – äh, Roma und Nicht Roma Freundinnen, aber diese zwei Freundinnen sind äh, Roma. Also die waren von unsere Dorf oder bzw. sind aus unsere Dorf und äh, wir waren immer so unzertrennlich immer wieder, so alles was wir gemacht haben, haben wir so zusammen gemacht.
Speaker 1 [00:08:00]
Das ist sehr, sehr schön. Und welche Sprache habt ihr zu Hause gesprochen?
Speaker 2 [00:08:05]
Bulgarisch. Wir haben immer Bulgarisch gesprochen. Ich hab die Roma Sprache …, ich wusste nicht mal, dass ich in Romni bin …, äh, weil äh, meine Mutter, die ist teilweise Romni, die ist keine echte, also echte, sag ich jetzt mal so richtige …, und der Stiefvater, der war äh, Bulgarische Mann, so. Und äh …, es war verboten, zu Hause, über diese Sprache zu sprechen …, weil äh, in diesem Mann Augen waren äh, Roma einfach äh, für gar nix äh, geeignet. Und wir durften tatsächlich auch nicht mit Roma Kinder z…, spielen. Es war uns verboten. Und diese Freundin, die ich immer, die ich heute noch Kontakt habe, die ist Ro…, äh, Roma, also, und äh …, wir mussten uns immer verstecken, damit wir uns sagen, dass wir keine Ahnung, oder irgendwie so Geschichten zu erzählen, dass äh …, äh, ja, dass wir draußen gehen. Ich dürfte tatsächlich nicht mit Roma spielen. … Weil die nicht gut sind.
Speaker 1 [00:09:14]
Und wie hast du das als Kind damals erlebt?
Speaker 2 [00:09:18]
Wie meinst du das?
Speaker 1 [00:09:20]
Hast du das so richtig bewusst, so wahrgenommen? Hat dich das verletzt? Oder hast du das da..al…, als Kind nicht so richtig verstanden, was das eigentlich heißt?
Speaker 2 [00:09:32]
Ähm …, ich hab damals ähm, tatsächlich die, äh, …, also ich, …, für mich hat noch n-i-e eine Rolle gespielt, was für eine Zugehörigkeit man hat. Also für mich hat immer gespielt – diese Mensch ist gut oder diese Mensch ist schlecht. Das ist heute noch so! Ähm …, und damals, dass die das – ich war sauer – weil ich nicht äh, mit meine Freundin spielen durfte. Ich war einfach sauer. Und äh, diese, diese Wörter, die sind in mir soo rein-fixiert, dass ich heute noch wenn ich das höre, dann …, bin ich auf drei..hu, 380. Ich denk mir: WW…warum? Da…, da…, das muss ja nicht sein! Ob man `ne Rom ist oder `ne keine Ahnung was ist …, da…, wir sind alle Menschen! Und warum darf ich nicht mit bestimmte Leute Kontakt haben? Und ich war echt, auf diese Person war ich sauer. Und auf meine Mutter war ich auch sauer … deswegen. Weil, …, wie man sieht, ich bin heute fast 38 und ich hab immer noch Kontakt mit diese äh, Freundin und …, ja. Damals wusste ni…, du…, wusste ich nicht mal, dass ich Romni bin. Ich wusste das nicht!
Speaker 1 [00:10:46]
Und wie und wann hast du das erfahren?
Speaker 2 [00:10:50]
(Atmet tief ein und aus) Das hat in der Schule angefangen. Ja, tatsächlich hat das in der Schule angefangen. Es gab so drei, vier äh, äh, Mädel, also keine Jungs, äh, Mädels, die immer, …, weil ich …, mit mei…, wegen meine Haut …, und äh, …, ungepflegte Erscheinen in der Schule …, sehr wahrscheinlich …, ähm …, hatte immer wieder so, haben …, haben die immer wieder gesagt so: Du bist Zigeuner und du bist so und du bist so, ne, …, ich wurde abgestoßen von denen. Und dann irgendwann mal, kam meine Onkel, vor der Tür, und sagte: Ich möchte meine En…, äh, meine Nichte, meine Neffe sehen und äh, hat mich zu mein Vater gebracht …, und dann hab ich äh, realisiert dass ich äh …, Romni bin. Da hab ich auch die erst mal die Roma Sprache gehört. Also ich wusste diese Sprache…, ich wu…, ich wusste erst mal nicht, was das ist …, also, die sagten immer: Zigeuner! Was ist das? Also, in diese Ze…, diese Alter, da konnte ich nicht wissen. Und deswegen hab ich tatsächlich in der in der Schule angefangen, mich …, mir so Gedanken zu machen: Warum sagen die mir so was? Was ist das? Und …, ja.
Speaker 1 [00:12:10]
Und wie war diese Begegnung? (Türklingel im Hintergrund) Ich entschuldige mich für die kurze Unterbrechung. Ähm, meine Frage war: Wie …, war die Begegnung mit dem, mit deinem Vater?
Speaker 2 [00:12:28]
Der Begegnung mit mein Vater war ängstlich. Ich hatte Angst, weil der war eine fremde Person für mich …, und ich hab diese Person noch nie in mein Leben gesehen. Also meine …, äh, Familie, Vater-Familie, die sind so …, Alle so zwei Meter groß …, ja …, und äh, …, ich, ich hatte einfach Angst. Ich hab äh, komplett andere Welt gesehen da. Also, das war jetzt nicht so wie zu Hause, ähm …, alles äh, sag ich jetzt mal …, also, …, das alles da ist …, es war einfach äh, arme Verhältnisse war das …, und da waren viele Leute da. Also, meine komplette …, also meine Oma, die hat äh, zehn Kinder oder elf und da waren Schwiegertöchter, andere Cousins, Cousine, es war einfach voll. Und alle haben sich auf mich gefreut, weil die alle ha…, kannten mich, wussten von mir, aber ich wusste von denen nicht. Und ich stand so, ich …, hab ihn so geguckt, er hat mich umarmt, hat angefangen zu weinen …, ja, und ich …, war so, nur so in Schock. … Ja. Das …, war …, der Begegnung mit mein Vater.
Speaker 1 [00:13:43]
Und hast du dann später …, weiterhin Kontakt (Speaker 2 gleichzeitig: Ja) mit Vater und seine Familie gehabt?
Speaker 2 [00:13:48]
Ja. Ich bin dann irgendwann mal ähm, also ich …, also nachdem äh, bin ich immer die ganze Sommer, bei uns dauert die Sommer drei Monaten, bin ich immer zu meine Oma gefahren …
Speaker 1 [00:14:00]
Schuldigung, die, die Sommerferien meinst du?
Speaker 2 [00:14:01]
Sommerferien, ja, Sommerferien, äh, oder überhaupt Ferien. Dann bin ich immer zu meine Oma gefahren und da waren alle meine Onkel, mein Vater und Cousinen, Cousins, Cousine – Alle waren, alle waren da. Und äh, ja, das hab ich tatsächlich, bis ich …, äh, nach Deutschland gekommen bin …, und am Ende hatte ich tatsächlich mehr Kontakt mit äh, meine Vater-Familie, von meine Mutter-Familie.
Speaker 1 [00:14:28]
Und dann hast du bestimmt auch die Roma Sprache gelernt, ne?
Speaker 2 [00:14:31]
Nicht wirklich tatsächlich. (Speaker 1: Ah!) Ich hab, also die haben, die hatten auch nie so viel gesprochen, weil wegen dass …, also wir waren äh, nicht so in eine …, also genauso wie mein Vater, auch mein Mutter – ähm, die haben nicht so in eine Ges…, eine Roma Gesellschaft gewohnt.
Speaker 1 [00:14:48]
In eine Roma Siedlung, meinst du?
Speaker 2 [00:14:50]
Genau, das waren keine Roma Siedlung, sondern das waren so unter bulgarische Leute. (Speaker 1: Mhm) Die Nachbarschaft waren bulgarische Leute und äh …, früher dürften die Roma Leute die Sprache nicht sprechen. Das hab ich mal gehört. Ess …, also viele haben das…, meine Oma konnte das, also die Roma Sprache …, mein ähm, Vater konnte die Roma Sprache nicht. Meine On…, mein, von zwei von Onkel konnten das und eine Tante konnte das. Aber nicht alle. Ne, weil die haben das von meine Opa gelernt …, mein Vater hatte …, keine Ahnung, vielleicht geschlafen, hatte nicht zugehört (lacht dabei). Deswegen konnte der das nicht. Ähm, aber da habe ich paar Wörter so … mal gehört …, also, ich hab schon mal gehört, was das ist … Was für eine Sprache das ist.
Speaker 1 [00:15:42]
Und hast du dich zu dieser Familie dann zugehörig gefühlt? (Speaker 2 gelichzeitig: Ja)
Speaker 2 [00:15:46]
Ja. Das hab ich tatsächlich und das hat mir auch sehr, sehr viel Spaß gemacht dahin zu sein und äh, einfach mit ihm was zu unternehmen, egal was. Auch wenn das nur äh, Popcorn-Schlag ist oder was auch immer …, ne, meine Oma, die hab ich tatsächlich sehr viel geliebt … Also die liegt mir immer noch am Herzen und die hat alles für mich gemacht. Also das war der einzige Person, der für mich alles gemacht hat in mein Leben. Egal was ich gesagt habe, egal was ich gewollt habe, sie hat immer was für mich gemacht. Und mein Onkel. Die leider nicht mehr am Leben sind.
Speaker 1 [00:16:25]
Und. Kannst du dich erinnern: Welche Werte haben sie dir übermittelt?
Speaker 2 [00:16:32]
Werte, noch…?
Speaker 1 [00:16:33]
Ja, also welche, wie soll ich sagen …, ähm, Sachen, die im Leben wichtig sind …, was haben sie dir erzählt …, worauf musst du aufpassen …, was ist wichtig für einen Menschen?
Speaker 2 [00:16:47]
Also, was ich jetzt von mein Vater, äh, mitgenommen hab …, den hab ich auch nicht so viel gesehen, weil der war immer unterwegs …, aber …, was ich von ihm mitgenommen hab, ist dass äh: Immer gut zu die Leute zu sein …, der war …, eine Herzensmensch war der …, „Immer gut zu die Leute sein, aber auch aufpassen mit andere Leute. Es gibt nicht nur gute Leute, es gibt auch schlechte Leute und nicht alle sind gut“. Ne, so. Das äh, hab ich immer noch und ich …, wenn ich neu …, jemanden neu kennenlerne, dann kommt mir diese …, Wort direkt: Aha, okay, warte mal, jetzt muss ich gucken, wo ich hinmuss. Ähm, von meine Oma das Gleiche …, die sin…, die waren ähm, die wahren Jeh…, je…, di…, Jehova Zeuge …
Speaker 1 [00:17:37]
Zeugen Jehovas.
Speaker 2 [00:17:37]
Zeugen Jehovas waren alle und äh, da wurde mir auch, immer diese …, Wert vermittelt: Sei zu die Leute gut. Sei zu die Leute gut. Es gibt also, wenn auch …, vielleicht nur zweite Chance zu geben oder …, einfach…, also einfach gut zu sein, weil wir sind alle Menschen. Wir essen keine Steine, weil wir Roma sind, sondern wir essen alle Brot und in uns läuft die gleiche Blut. Äh, nicht die gleiche Blut, sondern – in jeder läuft Blut und keine …, Wasser oder was weiß ich. So, das hab ich für meine Leben von meine Oma und von mein Vater … mitgenommen.
Speaker 1 [00:18:19]
Und hat dir deine Oma irgendetwas über die Roma Tradition vielleicht erzählt damals?
Speaker 2 [00:18:25]
Äh …, da hab ich äh, Vassilica kennengelernt …, da hab ich Djurdjevdan kennengelernt …, ähm, da hab ich äh, die christliche, …, also wirklich, wie die das feiern, …, den Ostern … Also die ganze Feiertage, was ich jetzt …, was es gibt überhaupt, nicht nur Roma, sondern auch alle hab ich da kennengelernt und da hat mir meine Oma auch gesagt – wie macht man das, wie macht man dies und wie soll man, ne so auf diese T…, ähm, äh, gläubige weg, wie die das machen.
Speaker 1 [00:19:02]
Und wie war das in deinem Zuhause mit der Mutter? Habt ihr da irgendwelche Feiertage gefeiert?
Speaker 2 [00:19:07]
Ja! Da haben die auch gefeiert, aber nicht so! Nicht so, also …
Speaker 1 [00:19:15]
Hat der Glauben …, irgendeine Rolle gespielt?
Speaker 2 [00:19:18]
Nein. Nein. Bei mir zu Hause …, äh, Glauben war nicht …, also … Ne. Da war gar keine Thema …, von Glauben. Also das, was die gefeiert haben äh, das war so …, wie soll ich sagen …, das war keine …, hm, Glaubensfeier. So.
Speaker 1 [00:19:39]
Sondern Feiertage, wie man sie so kennt, die im ganzen Land Feiert…, als Feiertage gelten?
Speaker 2 [00:19:44]
Genau, genau, genau, genau.
Speaker 1 [00:19:46]
Und ähm … Jetzt ist der Gedanke weg (lacht) …äh, … …. heißt das, dass, … Ah, ja, genau, ähm …, du hast erwähnt, dass äh, du gehört hast, dass Roma Sprache verboten war?
Speaker 2 [00:20:07]
Ja.
Speaker 1 [00:20:07]
In Bulgarien. Weißt du etwas mehr darüber?
Speaker 2 [00:20:10]
Tatsächlich nicht. Ich hab mich da in Bulgarien tatsächlich gar nicht mit die Sprache oder mit diese Geschichte auseinander genommen. Ich weiß, dass äh, Roma in eine Siedlung, also, Roma Siedlung immer waren, …, äh, auch in der große Städte ist heute noch so …, äh, und nur da darf man die Sprache sprechen unter sich. Ansonsten äh, wird man ausgestoßen …, also man wird einfach von der andere, von die bulgarische Leute ausgestoßen …, weil, die Loma, …, die, die, die Roma sind …, also diese ganze Vorurteile, die man kennt, äh: „Die sind schlecht, die klauen, die machen und die tun schlechte Sachen“ …, äh, ja – deswegen war …, wir sollten uns anerkennen …, nicht anerkennen, dass wir Roma sind.
Speaker 1 [00:21:05]
Hast du das so von zu Hause verstanden? Oder wurde dir das sogar tatsächlich gesagt?
Speaker 2 [00:21:10]
Das hab ich so von zu Hause verstanden und wurde mir auch so gesagt. Beides. Also bei mir, bei meine Mutter. Und bei meinen Vater – da wussten die alle, dass die Roma sind, dass wir Roma sind. Und das war gar kein Problem. Nur meine … nicht alle konnten Romanes. Und das war der Grund, warum … äh, die keine Romanes gesprochen haben. Ne? Meine O…, meine Oma hat nur mit zwei Onkel und mit eine Tante Romanes gesprochen, die andere immer auf Bulgarisch, weil die konnten das nicht. Also nur paar Brocken und das war’s konnten die … also so, … die jeder in Bulgarien kennt, auch bulgarische Leute sie kennen.
Speaker 1 [00:21:56]
Und ähm, … wie war das in deiner Jugendzeit? Äh, du hast erzählst, du hast in der Grundschule Freundinnen, Freunde gehabt, hast dich wohlgefühlt. Wie hat sich das weiter in deiner Pubertät in der Jugendzeit entwickelt?
Speaker 2 [00:22:12]
In der Jugendzeit hat sich das entwickelt, ich hab ja eben erwähnt, dass ich mehrere Schulen gewechselt hab und äh, irgendwann mal äh, kam eine Frau, eine Sozialarbeiterin, bei uns in Dorf und sagte … äh, genau, das war kurz danach, wo ich mein Vater kennengelernt habe …, ähm, etwas hab ich vergessen zu erwähnen in meine Kindheit …, ähm. Ich hab die Schule geliebt – ich durfte aber nicht dahin gehen. (Speaker 1: Warum?) Weil ich auf meine kleinen Bruder aufpassen musste. So … der Kleinste. Und irgendwann mal, ich war sechste Klasse … und dann ähm, kam eine Sozialarbeiterin bei uns in Dorf und sagte: Es äh, gibt ähm, so `ne Pension wo man lernen kann, schlafen kann, also, ah, man bekommt alles … … und – da hab ich direkt „ja“ gesagt. Ich bin nach Hause gegangen, ich hab meine paar Sachen gepackt und bin direkt im Bus eingestiegen. Ich wollte nicht mehr zu Hause Babysitter machen (lächelt bisschen darüber) und ich wollte zur Schule gehen. Und bei mir zu Hause habe ich gemerkt, ich werde nix schaffen, wenn ich da bleibe. Ich muss da weg. Hab ich auch gemacht, für zwei Jahren, also da in diese Pension, da gabt es keine bulgarische Leute – nee, da …, doch da gabt es nur zwei Mädel, das Rest war alle Roma. Genau. Und das war meine schönste Zeit von meine ganze Kindheit. Diese zwei Jahren, wo ich da war bis zum achte Klasse, das war meine schönste Zeit.
Speaker 1 [00:24:00]
War das …, kann man das mit ähm …, Jugendamt zum Beispiel hier heutzutage vergleichen, wenn die Kinder von Familien weggenommen werden und dann in bestimmten Einrichtungen weiterhin leben?
Speaker 2 [00:24:14]
Nein. (Speaker 1: Ne?) Nein. Das ist äh, das ist freiwillig gewesen … (Speaker 2: Mhm) also, die haben äh, diese äh, Schul…, ich kann das Wort immer noch nicht sagen, äh, dass die Kinder sehr, äh, ähm, also, dass die Kinder nicht zur Schule gehen. Also, unsere Direktorin von unserer Schule, die hat diese Meldung gemacht und gesagt, „so“ oder die ähm, …, wie heißt die noch mal? …die, äh, die zuständig war für unsere Dorf. Äh, die hat es gesehen, dass viele Kinder da sind, da sehr viel Armut da ist, dass die Kinder keine Möglichkeit haben, zur Schule zu gehen. Und dann hat sie diese, diese Pension kontaktiert und dann ist diese Sozialarbeiterin gekommen und hat gefragt und da sind wir tatsächlich zwölf Kinder gegangen. Also nicht nur ich, sondern meine Freundin, Bruder, meine Bruder, ne, da gabs auch Kindergarten, gabs auch Schule, alles in eine und oben haben wir geschlafen … Und äh, ja, da bin ich zwei Jahre geblieben und am Ende waren wir nun tatsächlich ich und meine Freundin nur dageblieben.
Speaker 1 [00:25:20]
Das war bestimmt eine staatliche Einrichtung, oder?
Speaker 2 [00:25:22]
Genau, das war eine staatliche Einrichtung.
Speaker 1 [00:25:24]
Und wurdest du nur dazu gefragt oder musste deine Mutter auch äh, dazu Einwilligungen geben?
Speaker 2 [00:25:31]
Genau. Meine Mutter musste die Einwilligung auch geben. Aber das hat sie sowieso gemacht. Also … von daher … ich hab ja gesagt, dass ich da hin möchte … … und, ja.
Speaker 1 [00:25:42]
Ja …, erzählt vielleicht in zwei, drei Sätzen …, ähm du hast schon gesagt, dass das für dich die schönste Zeit war …, aber kannst du dich vielleicht erinnern über was Bestimmtes? Warum war das so die schönste Zeit? Was, was war da besonders?
Speaker 2 [00:26:01]
Das war besonders – ich hatte meine Ruhe, ich konnte in der Schule sein, jeden Tag. Ich hatte keine lange Weg, ich musste keine zehn Kilometer laufen …, manchmal … ich hatte meine Frühstück, meine Mittag-, meine Abendessen. Und ich hatte meine Freundin dabei. Das war … also die schönste, was ich da … ich hab auch andere Kontakte da geknüpft und äh, so wie jeder Jugendliche bescheuerte Sachen gemacht, klar, aber ich konnte meine Schule zu Ende machen. Und das war für mich schön. (Speaker 1: sehr schön)
Speaker 1 [00:26:39]
Und wie hat sich das dann weiter, schuli…, dein, dein, wie hat sich dein schulischer Weg dann weiterentwickelt?
Speaker 2 [00:26:45]
Meine schulische Weg, also nach diese zwei Jahren hat meine Mutter doch geschafft mich von da rauszuholen, also nach den achte Klasse … ähm, ich wollte, eh, ich dürfte eigentlich da weiter bleiben bis zum zwölfte Klasse konnte ich weiter da zur Schule gehen. Äh … hab ich aber nicht gemacht, weil sie hat mich abgeholt und hat mich nicht mehr da gelassen … ähm, hat mich komplett zu einer andere Stadt gebracht, wo ich gar nicht wusste, da bin ich äh … noch ein bisschen zur Schule gegangen, also äh, die neunte Klasse … ganz wenig. Und dann hab ich gemerkt „Nein“, das ist nicht für mich. Also das war jetzt nicht so was, was ich dahatte. Also die Lehrer haben mich gemö…, alle haben mich gemögt, also ich ha…, ich hatte gute Leistungen, ne. (Speaker 1: Ja) … und äh, da kam ich so … es war alles neu für mich und ich wollte bei meine Mutter nicht … sein … so. Und äh, da bin ich zu meine Schwester gegangen … ähm …, und dann hab ich `ne, `ne, `ne Kindergartenerzieherin Ausbildung angefangen.
Speaker 1 [00:27:58]
Sehr schön.
Speaker 2 [00:28:00]
Tatsächlich, weil ich äh, …, meine Mutter, sie war 100 Kilometer weit, und da hab ich mich nicht ausgekannt, ich wollte da, da nicht bleiben. Und dann bin ich wieder zurück, ich hab meine Schwager angerufen, oder, ja, haben wir angerufen, hab ich gesagt, „Ja, hol mir bitte, bitte, hol mich ab“ und hat er auch gemacht und dann bin ich … fast, ja fast ein Jahr bei meiner Schwester geblieben. …, jo.
Speaker 1 [00:28:23]
Und wie war diese Ausbildung, also wie war dort in der Schule? Hattest du auch …?
Speaker 2 [00:28:28]
In der Ausbildung war gut. Also in der Kita, da hatten wir nicht so viele Kinder, weil das ein Dorf war … also sehr viel ähm, Information auf jeden Fall …, ähm, die Leute waren gut zu mir. Es war jetzt nicht, dass sie sagen: „Ah ja“, ne, so … ich … also, die waren stolz auf mich, dass ich …, da, da, dass eine Romni sich in diese Bereich überhaupt traut, (Speaker 1: mhm) …, weil … wir haben so was nicht. Und übrigens, unter andere, ich bin die Einzige, die in diese Beruf ist, … von meine komplette Familie.
Speaker 1 [00:29:09]
Und was ist das, was dich … so geprägt hat? Woher …, hattest du diesen, immer wieder diesen Wunsch, zur Schule zu gehen und sich weiterzubilden? Weil, wie ich das heraushöre, war das nicht so ein Wert, der dir vermittelt wurde von deiner Familie?
Speaker 2 [00:29:26]
Nein. Genau.
Speaker 1 [00:29:27]
Woher hattest du diese Kraft entwickelt? Also, woher hast du diese Motivation entwickelt für, für Bildung? Genau.
Speaker 2 [00:29:36]
(lacht freudig) Ich hab ja von Anfang an erzählt, dass ich eine sehr gute Lehrerin hatte. Und ich wollte sein so wie sie. (Speaker 1: ach, schön) Ich wollte tatsächlich `ne Grundschullehrerin werden. Das wollte ich äh, haben. Die hat mir immer wieder gesagt: So, wenn du so haben möchtest, dann musst du viel lernen. Die hat mir, die hat mir auch Privatunterricht gegeben, die h…, also wo ich gefehlt habe, die hat mir Privatunterricht gegeben, damit ich die ganze Stoff habe. Das war so eine ganz, ganz, ganz tolle Frau. Ja! Und von da kommt es, äh, dass ich äh, so viel lernen wollte. Das de…, eine und zweite – ich weiß, ich, äh, ich, ich hab diese Bedürfnis, Leute zu helfen … in Not. I…, ich weiß es nicht … ich, ich kann dagegen nicht kämpfen, …, wenn ich irgendwas sehe – okay, ich muss da eingreifen, ansonsten, weis…, ich, ich kann nicht schlafen. Weiß ich nicht … ist äh, keine Ahnung.
Speaker 1 [00:30:42]
Ja, das ist eine sehr positive Sache.
Speaker 2 [00:30:44]
Ja, ist positiv, äh in viele Fälle, in … aber in manche auch nicht. So. (Fängt an zu lachen)
Speaker 1 [00:30:50]
Hat auch seine Grenzen, ne. (Speaker 2: Genau) Oder sollte haben (lachen beide).
Speaker 2 [00:30:53]
Sollte haben.
Speaker 1 [00:30:56]
Und hast du dann deine Ausbildung da beendet?
Speaker 2 [00:30:59]
Ja. Ich hab äh, während meiner Ausbildung, hab ich äh, mein, ich hatte einen Freund, ich bin dann auch schwanger geworden und schwanger hab ich auch meine Ausbildung zu Ende gemacht. Ich durfte auch schwanger meine Ausbildung zu Ende machen. (Speaker 1: ach, schön) Ja, die haben mich auch die letzte zwei Monaten, also teilweise befreit, teilweise konnte ich auch lernen von zu Hause, aber es war okay. Ja.
Speaker 1 [00:31:27]
Sehr schön. Und dann kam dein Kind?
Speaker 2 [00:31:30]
Genau. Und dann kam mein Kind … ähm … genau … danach, ähm, also nach sechs Jahre Beziehung … war auch irgen…, `ne schlechte Beziehung … ähm, … war es auch irgendwann mal so weit, dass ich sagte äh: Ja, jetzt ist die Grenze gekommen, dass ich ma` weiter gehe. Und dann bin ich nach Deutschland gekommen.
Speaker 1 [00:31:57]
In welchem Jahr war das?
Speaker 2 [00:31:59]
Das war in 2006. Im Sommer, die heißeste Sommer, äh, kann ich mich noch erinnern, ähm, von Deutschla…, Deutschland, also da mal war jetzt … danach war auch mehr, aber 2006 in Juni bin ich nach Deutschland … gekommen.
Speaker 1 [00:32:15]
Alleine?
Speaker 2 [00:32:17]
Mit Freunden. Ich hatte Freunde damals, äh, die mir angeboten haben mitzugehen, die hier Familie haben … äh, und da hab ich gesagt: Ja, gut, dann machen wir das … ähm, Arbeit und so … hab ich gesagt „Ja“. Dann gehen wir mal nach Deutschland und schauen mal da, wie das ist.
Speaker 1 [00:32:39]
Da war schon Bulgarien Teil der EU, oder?
Speaker 2 [00:32:42]
Nein, das war noch nicht. (Speaker 1: Noch nicht, ne?) Das war noch nicht, noch nicht.
Speaker 1 [00:32:44]
Also deswegen frag ich. Ich war mir jetzt unsicher ….
Speaker 2 [00:32:46]
Nee, nee, das war noch nicht, weil Bulgarien ist 2007, Januar 2007 in die EU gekommen oder hat sich verbunden, verbin…, ja, du weißt, was ich meine … Ähm, das war 2006 … ja … dann hab ich mal da und da mal gearbeitet, mal gemacht und danach hab ich meine Mann kennengelernt. … also … während das ganze.
Speaker 1 [00:33:15]
In diesem Prozess.
Speaker 2 [00:33:16]
In diese ganze Prozess … Ähm … genau. Ja.
Speaker 1 [00:33:24]
Und … ich höre so raus, dass du aus der Not heraus einfach hierhin gekommen bist …,
Speaker 2 [00:33:31]
Genau. Genau.
Speaker 1 [00:33:33]
Ähm, wie war dann …, dein Gefühl, als du hier neu warst? Wie hast du das Ganze so wahrgenommen? Wie war das für dich?
Speaker 2 [00:33:42]
wahrgenommen hab ich gar nicht! So … ähm, aber wenn ich jetzt zurückdenke, es war … schlimm, erstmal … ich kam hier, ich kam bei unbekannte Leute, die ich auch nicht kannte … ähm, … die auch viel zu viele da waren, also das war so, so, `ne … `ne, `ne, `ne Wohnheim gewesen, damals in, in, in Köln, in Rösrath, der jetzt nicht mehr existiert … ähm, und da war überfüllt, es gab auch kein … nicht so richtig Platz zum Schlafen … und ja, … und da, das ist eine und das äh, nächste – ich konnte die Sprache nicht. Also ich konnte gar…, ich konnte nur die Schrift lesen, aber ich wusste nicht, was das bedeutet … damals. Und es war herausfordernd, sag ich jetzt mal so, ne, … ohne die Sprache bist du von jemanden andere angewiesen, ähm, erstes …, zweites – in der Job kannst du nicht klarkommen – d, d, die reden dir und dann denkst du dir: Oh Gott, was sagt er? Warum kann ich das nicht verstehen? Ähm … genau. Und das Letzte – ich musste meine Sohn tatsächlich in Bulgarien erst mal lassen, weil, ich wusste nicht, wo ich komme, und was wird das? Und es war schwierig. Also die erste halbes Jahr war es echt schwierig … für mich. Es ga…, ging ja weiter schwer, aber die erste halbes Jahr waren schwierigste für mich, ohne die Sprache, ohne richtige Wohnung, ohne äh, … ohne meine Sohn, es war es einfach …, nicht gut.
Speaker 1 [00:35:28]
Und was ist dann passiert, dass es besser wurde?
Speaker 2 [00:35:31]
Ähm, genau, ich hab, äh, angefangen ähm, in eine Pizzeria zu arbeiten, ja, … dann hatte ich auch `ne geteilte Wohnung WG gehabt, noch mit äh, zwei weitere Personen, ähm … und dann, danach hab ich meinen Mann kennengelernt und dann sind wir zusammengezogen und ja …
Speaker 1 [00:35:51]
Ab dann, ging, ging dann leichter für dich?
Speaker 2 [00:35:53]
Dann ging‘s ein bisschen äh, leichter für mich … in manche …
Speaker 1 [00:36:00]
In manchen Bereichen.
Speaker 2 [00:36:01]
Manche Bereiche, genau.
Speaker 1 [00:36:04]
Und wie hast du dann die deutsche Sprache gelernt?
Speaker 2 [00:36:07]
Die deutsche Sprache tatsächlich, wo ich das erste Mal gehört habe, das Erste, was ich da hier gesagt habe – ich wollte mich Zigarette kaufen (lachen beide) … an eine Tankstelle, die steht immer noch da und jedes Mal, wenn ich da fahre, erinnere ich mich da dran. Al…, ich hatte Geld bei mir, ich konnte mir aber, …, ich kann nicht reden. Und dann bin ich dahingegangen, ich hab gesagt: „So“ … äh, ich konnte Italienisch ein bisschen, und hab ich gesagt: Zigarette, Zigarette. Und dann: Aa, Zigarette, möchtest du Zigaretten? Welche? Er fragt mich „Welche?“, ich weiß nicht, was er fragt. Ähm, dann hab ich aber so … mit Klamotten hab ich gesagt „Rot“, dass ich das haben möchte, und das war das Erste, was ich damals äh, überhaupt Deutsch gesprochen hab. Und dann … aber, ich war immer sehr viel unter Leute, sehr viel unter Leute und ich hab mich nicht zu Hause ä, äh, eingeschlossen, sondern ich bin immer zu Jobcenter, zu Sozialamt, …, ich hab `ne Deutschkurs angefangen …, die ich nur zwei Tage da gewesen bin … übrigens, … ich hab immer wieder deutsche Fernseher – bei mir hat noch nie in mein Leben bulgarische oder sonst welche Fernseher gelaufen. Ich hab immer mich immer ausgeguckt, also das, was die Kinder gucken, weil die erklären ganz gut … und da hab ich die deutsche Sprache gelernt.
Speaker 1 [00:37:29]
Warum warst du nur zwei Tage im Deutschkurs?
Speaker 2 [00:37:32]
Es hat mir nicht gefallen. Die Lehrerin war äh, nicht bulgarisch … und äh, was soll ich denn lernen? Die hat Türkisch gesprochen mit die andere … was soll ich denn lernen, wenn die jetzt …, wenn die mir nicht auf meine Sprache das erklären kann? … wie kann i…, und deswegen hab ich nur zwei Tage und das war’s.
Speaker 1 [00:37:50]
Das war schade, ja …
Speaker 2 [00:37:52]
Oh jo (lacht).
Speaker 1 [00:37:53]
Ich meine, schade, dass überhaupt so was gibt, ne. Das man …
Speaker 2 [00:37:58]
Ja, die meisten waren türkisch sprechende Leute und ich war, glaube ich, die Einzige, die aus Bulgarien kam, …, und …, ja.
Speaker 1 [00:38:07]
Das heißt du hast mehr oder weniger alleine das alles gelernt?
Speaker 2 [00:38:11]
Ich hab komplett alleine das gelernt. In, in der deutsche Kurs hab ich …ich war nur zwei Tage. Ich war …, einmal hab ich meine Bücher abgeholt und das zweite Tag hab ich da gesessen wie keine Ahnung was, ich hab nix kapiert. Und alleine hab ich mir zu Hause …, also …, der Schrift konnte ich ja früher lesen, weil ich Englisch in der Schule gelernt hab, also ich kannte die, die Buchstabe, die Alphabet, kannte ich alles, aber …, die Wörter und so habe ich mir alles alleine beigebracht.
Speaker 1 [00:38:42]
Ja, dafür Respekt, wirklich. Ja. Toll.
Speaker 2 [00:38:44]
Von Arbeitskolleginnen von …, dies, von das, …, jetzt Hochdeutsch muss auch mal langsam kommen …, ja.
Speaker 1 [00:38:55]
Ja, aber dafür, dass du in keiner Sprachschule warst, ist das wirklich eine tolle Leistung.
Speaker 2 [00:39:00]
Na ja, ich brauchte keine Sprachschule, damit ich das lerne, weil, ich hatte Lust – ich wollte das lernen. Ich wollte mich selber bewegen. Ich wollte mich mit Leute verstehen. Und alles, was ich äh, damals gemacht hab, ich hab immer wieder gesagt: So, bitte langsam sprechen. Dann haben die wieder, immer wieder so langsam mit mir gesprochen und alle so mit Finger und so erklärt, und so hab ich es gelernt. Ich hab in halbes Jahr, habe ich den komplette Deutsch. Ich konnte mich so wie jetzt unterhalten.
Speaker 1 [00:39:28]
Sehr schön …, sehr, sehr, schön. Und …, wie ging dann dein familiäres Leben hier weiter?
Speaker 2 [00:39:38]
Meine familiäres Leben ging so weiter, hier also, …, wir sind mit meinem Mann zusammen in eine Wohnung gezogen …, hab ich meine Sohn …, 2007 hab ich nach Deutschland gebracht. Ähm …, dann ging so weiter, also ich saß zu Hause vor Fernseher oder Termine, wie auch immer, …, äh, hab ich die Sprache gelernt und äh er, er hat gearbeitet. Dann nach, äh, gewisse Zeit bin ich dann mit meine ältere Tochter schwanger geworden …, ähm, … genau …, dann hab ich immer wieder so Minijobs gemacht, weil ich wegen meine Kinder nicht, äh, arbeiten konnte. Weil, mein Mann hat in drei Schichten System gearbeitet, ging‘s nicht, …, ähm, …, genau. Dann, äh, hab ich immer wieder mal Putzstelle mal gehabt, mal dies, mal das, also was gekommen ist, das hab ich gemacht …, ähm, hab ich meine Tochter geboren, … dann mm…, musste ich auch zu Hause …, immer wieder …, also, ich hab nicht immer wieder, ich war die ganze Zeit zu Hause. Ähm …, irgendwann, ähm, ja …, dann haben wir geheiratet, also, auf Papier …, ähm, dann kam meine zweite Tochter auf die Welt, …, und irgendwann hab ich angefangen, depressiv zu werden. Ich habe gesagt, „Ich kann zu Hause nicht so lange bleiben, das geht nicht, ich muss was tun“. Genau. Und dann hab ich äh, Rom e.V. entdeckt. Genau – da wurde mir eine Stelle angeboten und dann hab ich direkt „Ja“ gesagt. Und bis heute bin ich da.
Speaker 1 [00:41:23]
Hast du da gemacht?
Speaker 2 [00:41:25]
Genau. Ich war bei äh, `ne pädagogische Projekt dabei, der gerade angefangen hat „Angle Dhikas“ (Auf Romanes „Nach vorne schauen“) …, äh, da war ich äh, bei Aufbau mit dabei, also da hat 2016 gestartet …, ähm, ha`m wir, also wir haben, ähm, Kinder, also weiterführende Schulen betreut …, also Sch…, warte mal, jetzt muss ich das richtige Wort finden, ähm und zwar, äh, Grundschule, weiterführende Schule, also Übergang, äh …,
Speaker 1 [00:41:55]
Schule – Beruf.
Speaker 2 [00:41:56]
Schule – Beruf, äh, haben wir gemacht, also …,
Speaker 1 [00:41:59]
Oder, ne, schuldigung …, Übergang Grundschule – weiterführende Schule.
Speaker 2 [00:42:02]
Weiterführende Schule und weiterführende Schule – Beruf …, (Speaker 1: Richtig, mhm) also beide. Genau. Also die Grenze war da 26, von 12 bis 26, 27 (man meint das Alter) äh, haben wir mit zwei Kollegen gemacht …, ähm, ja, und danach musste ich für ein Jahr raus wegen Weiterbildung …, ähm …
Speaker 1 [00:42:27]
Was hast du da Schönes gemacht?
Speaker 2 [00:42:28]
Genau. Ähm, …, ich hab …, also währenddessen, äh, wo ich in „Angle Dhikas“ war, äh, da hab ich `ne Elternbegleitung gemacht, die „Elternchance II“ hab ich gemacht und ich hab auch verschiedene Weiterbildungen auch gemacht „Trauma“ und äh, …, verschiedene hab ich gemacht und da hatte ich den Angebot, dass ich, äh, …, weil ich für Kindergarten, ä, ä, dass ich, weil ich, weil ich in Kindergarten Erzieherin bin ähm, sollte ich mich mal irgendwie in der Schule, Richtung Schule irgendwo bewegen, weil wir waren ja in der Schule und dann habe ich eine pädagogische Fachkraft Schule OGS gemacht …, für halbes Jahr tatsächlich, die andere Zeit äh, musste ich …, ich wusste nicht, wann es anfängt, deswegen bin ich rausgekommen. Genau. Und äh, nachdem wo ich das abgeschlossen hab …
Speaker 1 [00:43:30]
Diese Weiterbildung?
Speaker 2 [00:43:31]
Diese Weiterbildung …, genau …, ähm, dann bin ich zu „Amen Ushta“ gekommen. (Amen Ushta bedeutet im Romanes „Wir stehen auf“)
Speaker 1 [00:43:37]
Und was ist „Amen Ushta“?
Speaker 2 [00:43:39]
Amen Ushta ist `ne, ähm …, Amen Ushta ist `ne, `ne, `ne, `ne, Förderpro…, Schulförderprojekt, der …, … (kurze Pause) … Amen Ushta ist äh, Bildungsförderprojekt, äh, der für Sinti und Roma – Grundschule zuständig ist. Genau. Also, wir arbeiten da, wir machen Elternarbeit, wir …, in der Schule haben wir `ne Deutsch Förderer, der die Kinder unterstützt und äh, in alle verschiedene Sachen, also …, Trommel AG, gerade, Mädchengruppe, Elterncafé, äh, Leseprojekte, alles was äh, nicht alles, aber schon ganz viele Möglichkeiten …,
Speaker 1 [00:44:37]
Ihr unterstütz die Roma Kinder, sind aber normale Grundschulen, oder?
Speaker 2 [00:44:41]
Äh, genau. Da sind ganz normale äh, Grundschulen, obwohl fast alle äh, Förderkinder sind …, so …, also in der Grundschule …
Speaker 1 [00:44:55]
Wie meinst du das jetzt?
Speaker 2 [00:44:56]
Na ja, ich meine, dass, die äh, Kinder, äh, die Roma Kinder, die äh, schwach sind und die äh, AOSF Anträge gemacht, äh, sind gemacht …, und äh, da sind auch Diagnostik gelaufen und alles Mögliches … äh, …, ja.
Speaker 1 [00:45:18]
Mmh, darf ich fragen: Was meinst du …, wie ist deine Meinung dazu? Woher kommt das, dass so viele Kinder …, ähm, so viel Unterstützung brauchen?
Speaker 2 [00:45:28]
Die brauchen das nicht wirklich. Da sind Kinder, …, die ähm, …, da sind Kinder, die äh, einfach schlechte Deutsch haben. Und die nicht, …, diese Kinder, die kennen die Kultur von Deutsche nicht. Und die Deutsche, die möchten das so haben, so wie die deutsche Kinder. Und dadurch kommen diese, diese, ähm, wie sage ich das jetzt …, diese …, (Speaker 1: Konflikte) Konflikt, äh …,
Speaker 1 [00:46:02]
Oder Unstimmigkeiten …
Speaker 2 [00:46:03]
Unstimmigkeit, genau, keine Konflikte sondern Unstimmigkeiten, dass die ähm, die Lehrer, die denken wie die deutsche Kinder sind, genauso müssen auch die, äh, ausländische Kinder, sag ich jetzt mal so sein, …, äh, sind die aber nicht, weil unsere Kinder sind äh, anders großgezogen, die haben andere Werte, die haben andere, ähm, Kultur …, also, alles ist anders und ähm, die brauchen einfach Zeit, sich anzupassen. Aber in der Schule i…, ä, äh, wird erwartet, dass diese Kinder sich direkt an der Schulsystem anpassen. Das geht nicht. Also jede Sache braucht ja seine Zeit. Und wenn diese, wenn die äh, Lehrer brau…, äh, merken, dass diese Kinder bisschen langsamer mitgehen, sag ich jetzt mal mit der Stoff oder mit Sprache oder wie auch immer – dann äh, werden die AOSF äh, Anträge geschrieben.
Speaker 1 [00:47:03]
Und was heißt AOSF-Antrag? Was sin…, was sind das von Anträge?
Speaker 2 [00:47:07]
Das kann ich leider nicht erklären, das, …, äh, dafür bin ich äh, nicht genug ausgebildet. Ich darf das nicht begleiten, weil ich das nicht verstehe. Auf jeden Fall, ich weiß, das sind schwache Kinder, da wird geprüft, ob diese Kinder geistige Entwicklung haben oder, oder, nur Lern…, äh, -schwäche haben, also, ich kann das nicht genau erklären, aber ich weiß ungefähr, um was es geht.
Speaker 1 [00:47:32]
Das heißt, da werden …, ja da wird geguckt, welche Schwächen haben die Kinder und dann, kriegen, kriegen sie Hilfe dazu?
Speaker 2 [00:47:39]
Genau. Genau. Genau. Genau.
Speaker 1 [00:47:43]
Und … Wie erlebst du das? Also …
Speaker 2 [00:47:51]
Für mich ist das schlimm. Wenn ich jetzt zum Beispiel weiß, dass dieses Kind wirklich Schwäche hat, auch in, in, in eine eigene Sprache …, wenn ich zum Beispiel mit einem Kind lerne und ich weiß, ich merke, ich sehe selber – das Kind ist sehr schnell vergesslich, unkonzentriert und, und, und, …, dann, ähm, rede ich mit die Eltern, dann weiß ich okay, das Kind ist zu Recht …, wird ihn geholfen, dann bin ich froh, dass diese Kind geholfen wird. Dann bin ich auch dafür. Aber wenn ich, äh, merke, zum Beispiel `ne sechswöchige Kinder gerade angekommen ist, der in der erste Klasse reingeht und das man, äh, merkt, diese Kind, der ist eigentlich nicht ganz schlau und der kann das, aber es fehlt ihn die Sprache, also diese Wortschatz fehlt ihn, dann, ähm, …, dann, dann bin ich einfach enttäuscht von, von diese System, was wir hier haben, …, diese, diese Schulsystem. Und ich denke, das ist nicht gerecht, weil, diese Kinder, …, wir kämpfen ja, dass die Kinder `ne gute Abschluss kriegen, dass diese Kinder sich gut integrieren und ne, auch gute äh, weiterführende Schule Platz haben, also gute Schule kriegen …, und mit diese Stempel – kriegen die das nicht. Deswegen …, ähm, in manche Situationen, ähm, also auch nach dem vierte Klasse …, die versuchen einfach diese Förderkinder …, ähm, mit manche Ausnahme einfach in der Förderschule zu stopfen – nur weil die Roma sind.
Speaker 1 [00:49:41]
Ja das ist sehr schade.
Speaker 2 [00:49:44]
Das ist sehr schade, tatsächlich. Aber, ich muss jetzt sagen, ich muss tatsächlich sagen, es gibt Verbesserung, wir machen äh, Seminare, machen wir, damit die, auch die Lehrerkollegium und alle Schulen auch verstehen – was ist das überhaupt? Was sind das für Leute? Warum das so ist? …, und solche Sachen. Und es gibt, muss ich jetzt tatsächlich zugeben, es gibt Verbesserung. … Kleine, aber es gibt Verbesserung. Wir tun jetzt alles, damit die ähm, Lehrer sinbili, si…, sinbilisiert werden …, ähm, …, ja.
Speaker 1 [00:50:26]
Du meinst sensibilisiert werden?
Speaker 2 [00:50:28]
Genau, sensib…, ich kann das Wort nicht sagen, ähm, ist es schwer …, ähm, ist schwer …
Speaker 1 [00:50:31]
Ist nicht schlimm …
Speaker 2 [00:50:32]
Schwer, das zu sagen. (Speaker 1: Es ist nicht schlimm.) Aber – es gibt Verbesserung. Es sind wenige Kinder jetzt …, also nicht so wie letztes, vorletztes Jahr, jetzt fangen an, weniger zu werden.
Speaker 1 [00:50:47]
Heißt das, dass auch die Familien dieser Kinder auch Schwierigkeiten hier haben?
Speaker 2 [00:50:51]
Natürlich haben die. Natürlich haben die, also das …, Oh, das ist `nen schwieriges Thema, ganz schwierige Thema gerade, ähm, …, genau …, also diese Eltern, je nachdem, aus welche Land die kommen …, wenn die aus Nicht-EU-Land kommen, äh, dann haben die Probleme mit, äh, mit äh, Aufenthaltsstatus …, äh, oder mit, äh, Arbeit oder wie auch immer, es wird auch nicht zugelassen, dass sie arbeiten. Aber wenn die aus EU-Land kommen, dann haben die das Problem, die bekommen ja von gar keine Unterstützung. Und wenn die nicht arbeiten, die werden einfach abgeschoben, weil, …, keiner hilft den. Ich hatte zum Beispiel jetzt vor drei Monaten eine Mutter aus Bulgarien, die hier mit …, Alleinerziehende mit drei Kinder, einen davon behindert …, Jobcenter hilft nicht, die hat ihre Stelle verloren, weil das Kind `ne geistige Entwicklung hat …, und dann musste sie das Land verlassen, …, weil sie …, nicht über Wasser kommen konnte. Sie konnte sich nicht halten …, und das Kind hat sich eingewöhnt, hat alles gemacht, hat auch super gelernt und alles …, sie musste das Land verlassen. Und das fand ich ganz schade. Die Mutter hat auch die, teilweise die deutsche Sprache, sie hat angefangen sich zu integrieren und die Kinder zu integrieren und ne, sich anzupassen an alles und dann musste sie wegen solche Sachen weg. Und die andere Leute, die, äh, die mit der Aufenthaltsstatus kämpfen …, die Schule ist in manche Fälle, das letzte was die denken …, weil die haben andere Probleme. Die haben manchmal sechs Wochen Verlängerung und dann …, sind sie sich auch nicht sicher …, bleibe ich denn hier? Gibt es denn überhaupt eine Sinn, dass meine Kinder zur Schule zu schicken? Also, da, dies, diese Problematik, dass jeden Tag, wo man trifft …, also immer was verschiedene und das ist alles traurig. Es gibt auch Leute, die 30 Jahre hier leben und jede sechs Wochen verlängern gehen. Also …
Speaker 1 [00:53:06]
Es hört sich nach eine …, nicht einfache, aber sehr wichtige Arbeit.
Speaker 2 [00:53:12]
Äh, …, ich denke schon. Ich denke schon. also einfach ist es nicht, ähm, …, es musste noch mehr davon geben, so wie wir, aber, …, ist echt, äh, …, man, man, man nimmt sich einfach …, also man wird mitgenommen einfach davon.
Speaker 1 [00:53:35]
Und ähm, …, wie fühlst du dich, ähm, in deiner Arbeit angenommen, oder überhaupt äh, in …, von deinem Arbeitgeber? … Wenn du darüber reden möchtest, also …
Speaker 2 [00:53:56]
Das würde ich tatsächlich nicht. (Speaker 1: Okay) Das würde ich tatsächlich nicht.
Speaker 1 [00:54:00]
dann überspringen wir diese Frage. Ja …, gibt es etwas, was ich dich nicht gefragt habe, aber dir wichtig ist zu sagen?
Speaker 2 [00:54:13]
Äh …, mir wichtig zu sagen, dass ich …, äh, das ich äh, …, ja genau, … Weiß ich nicht zur Zeit. Ich hab viel gesagt …, ähm, …, mir ist es wichtig, dass, hier in Deutschland unsere Roma, unsere Community, akzeptiert werden. Einfach. Klar, unsere Community muss sich auch bewegen. Das ist auch klar. Aber, diese Leute, die erleben so viel disp…, Diskriminierung, auch in deren Länder, hab ich selber auch meine Haut …, erlebt …, und wenn die hier kommen und das geht weiter …, finde ich nicht okay. Finde ich wirklich nicht okay. Dass die Leute `ne vernünftige Unterkünfte angeboten werden, dass die Leute, also die nicht, …, die stopp…, ach, … ich kann mich darüber aufregen drei Tage …, ähm, einfach diese Leute ganz normal wie andere Leute zu akzeptieren und genauso zu helfen, dass die arbeiten dürfen, dass die, …, wenn …, zum Beispiel so wie diese Mutter, die keine Möglichkeit hat, einfach Unterstützung anzubieten und nicht nur diese ganz große Politik hin und her und …, weil, am Ende leiden nur die Leute, …, am Ende leiden wirklich nur die Leute und am meisten die Kinder. Weil wenn das so passiert, wenn diese …, wenn von, von der …, wenn …, für diese Familie ein bisschen das Leben erleichtert wird, dann haben die auch die Eltern ein bisschen mehr Zeit für diese Kinder, dann werden diese Kinder anders unterstützt …, weil, im Moment sehe ich diese Problem so: Die Eltern, die rennen in alle mögliches Richtungen, nicht nur für die Kinder, weil die keine Zeit haben. Die haben einfach keine Zeit sich mit diese Kinder sich hinzusetzen, Hausaufgabe zu machen zum Beispiel …, oder mal Elternabend zu kommen, weil die arbeiten müssen, manche …
Speaker 1 [00:56:27]
Um zu überleben …
Speaker 2 [00:56:29]
Um zu überleben. Und für die Leute, die, äh, …, die äh, hier kommen, ohne Aufenthaltsstatus, auf Duldung oder wie auch immer, vielleicht mal `ne Sprachkurse anzubieten, die kostenlos sind, damit man sich, …, also einfach Möglichkeit geben, sich zu integrieren. Also gut sic…, dass man sich gut integriert und danach, wenn das wirklich nicht passiert ist, danach kann man das anders sehen. Aber erst mal die Chance zu geben, etwas zu machen. Ja, das, äh, ist mir echt tatsächlich wichtig.
Speaker 1 [00:57:06]
Ja. Und wenn wir bei Kindern sind, gan…, mir fällt jetzt doch noch eine Frage …, ähm, auf …, also ähm, welche Werte hast du deinen Kindern gegeben, die du vielleicht von deinen Eltern, Großeltern mitbekommen hast? Und hast du deinen Kindern die Roma Sprache beigebracht? Oder sprechen deine Kinder…?
Speaker 2 [00:57:27]
Natürlich, natürlich. Meine Kinder, die sprechen, also zu Hause sprechen wir natürlich Deutsch …, aber meine Töchter …, mein Sohn kann das nicht …, meine Töchter, die sprechen – also die verstehen Romanes. Also, wenn ich auf Romanes was sage, die verstehen das. Sie geben mir wieder auf Deutsch zurück. Aber sie äh, können das. Also Werte? Natürlich habe ich meine Kinder was mitgegeben. Also …, die sollen also, …, Bildung ist wichtig. Bildung ist sehr wichtig, …, also, ins besonders für Mädchen. Ins besonders für Mädchen ist es ganz, ganz, ganz wichtig, weil, ähm, ja, …, es ist wichtig. Und meine, meine Sohn, den hab ich den Wert gegeben: Der soll die Frauen nicht misshandeln. Der soll mal kochen, putzen und alles machen, das kann er jetzt auch, und `ne Frau gut behandeln. Also, ich denke, dass, äh, `ne, `ne, ´ne, dass `ne gute Grundlage, was ich Ihm da …, ähm, also, meinen Sohn habe ich geschult, der hat ja die Fachabitur fertig gemacht und jetzt geht auch nächstes Jahr …, mit Glück, äh, geht er auch in der Bank doch rein, also …
Speaker 1 [00:58:48]
Dass er eine Ausbildung macht?
Speaker 2 [00:58:51]
Ausbildung macht, genau, und äh, meine beiden Töchter sind noch relativ klein, aber trotzdem, ich sag immer wieder, für Mädel ist es noch ins besonders wichtiger Bildung zu haben, damit die selber auf die Füße stehen können und nicht auf einen Mann warten zu Hause, weil die Mädels sind einfach.
Speaker 1 [00:59:15]
Ja. Und vorhin hast du gesagt, dein Sohn kann die Sprache nicht, da mei…, damit meintest du die Roma Sprache?
Speaker 2 [00:59:19]
Die spro…, genau, die Roma Sprache, äh, kann er nicht …, weil, äh, meine Sohn …, äh, jetzt komm ich einmal zurück …, äh, meine Sohn, …, äh, warum ich diese Sache mit diesem AOSF-Anträgen so nervt und so, ne, für …, Ungerechtigkeit so nervt, ist, dass das damals, wo mein Sohn gekommen ist nach Deutschland …, er konnte genauso die ähm, deutsche Sprache nicht. Und bei ihm wurde das schon in der Kindergarten festgestellt, dass er zu Förderschule gehen muss.
Speaker 1 [00:59:53]
Mein Gott.
Speaker 2 [00:59:54]
Also der war nicht mal halbes Jahr da, nicht mal ein halbes Jahr. Mein Sohn hat sehr schnell die, die deutsche Sprache gelernt und damals wurde mir von der Kindergarten, Schule verboten mit meine Sohn in einer anderen Sprache zu sprechen, ich sollte mit ihn nur Deutsch sprechen. Der konnte damals Bulgarisch …, ähm, genau …, ich hab mich natürlich geweigert wegen der Förderschule, ich hab gesagt: So, meine Sohn ist nicht äh, …, äh, behindert oder bescheuert …, ja …, er war ein bisschen emotional, schwankhaft, ein bisschen. Aber ist ja klar – der hat seinen Vater dagelassen, ich war sieben, acht Monate nicht da, er musste durch alles Mögliche durchgehen. Und wenn jetzt für meine Sohn jetzt noch ein halbes Jahr oder ein Jahr Zeit gelassen hätte jemand, dann hätte der ganz normal in eine ganz normale Schule Grundschule gehen können. Aber nein, für ihn wurde es entschieden, schon in der Kindergartenzeit, dass er zur Förderschule gehen muss …, am Ende musste ich zustimmen …, äh, ansonsten hätte mir das Jugendamt ihn weggenommen. (Speaker 1: Mein Gott…) Ich hab zugestimmt. Also nach zehn Jahre Förderschule, hat er noch mal die zehnte Klasse nachgeholt …, danach hat er …, die zweite Jahr hat er die Realabschluss mit Qualifikation geschafft…, und dann hat er noch zwei weitere Schuljahr Fachabitur gemacht. Jetzt hat er die letzte drei Wochen von seinem Schulpraktikum fast zu Ende und ab nächstes Jahr August geht er in eine gehobene Stelle. (Speaker 1: Sehr schön) Und genauso, also, ich war stark genug für meinen Sohn zu kämpfen und ich hab ihn noch nie aufgegeben. Aber was ist mir diese schwache Muttern …, die auch manche nicht gebildet sind …, was passiert mit diese Kinder?
Speaker 1 [01:01:59]
Ja.
Speaker 2 [01:02:00]
Da frage ich mich tatsächlich: Was passiert mit diesen Kindern?
Speaker 1 [01:02:04]
Und vor allem, wenn ich all das höre …, ähm, wie, wie …, die …, der Schulweg deines Kindes könnte ganz anders aussehen, wenn er nun von Anfang an in einer normalen Gemeinschaftsgrundschule äh, …
Speaker 2 [01:02:22]
Er hätte jetzt …, genau, genau …, also heute, wenn das jetzt so gelaufen hätte, dann hätte der heute seine Ausbildung schon zu Ende und sehr wahrscheinlich auch in eine sichere Stelle reingewesen …, also dass er sichere Job …, hätte …, der musste vier Jahre lang, okay, jetzt kann ich ja verkürzen, drei Jahre lang hat er umsonst, sage ich jetzt mal, weiter zu Schule.
Speaker 1 [01:02:49]
Hat er einen längeren …, drei Jahre lang …
Speaker 2 [01:02:51]
Längere Schul…, ja, längere Schulweg gehabt, genau.
Speaker 1 [01:02:55]
Mhm …, schade…, ja.
Speaker 2 [01:02:56]
Und jetzt habe ich angeboten, dass er studieren geht. Er sagt mir: Mama, ich habe Schule satt, ich möchte nicht mehr. Also der sagte mir „Ja“, 13, 14 Jahren oder 15, was auch immer, weiß ich jetzt auch nicht wie lange …, Schulzeit …, da habe ich Nase voll. Genauso sagt er mir.
Speaker 1 [01:03:20]
Er möchte jetzt seine Ausbildung machen?
Speaker 2 [01:03:21]
Er möchte jetzt seine Ausbildung machen, obwohl er studieren gehen kann. Ja um diese Zeit, wenn der normal in normale Schule gewesen ist, dann wenn diese jetzt verlängerte Schulweg nicht gewesen ist, dann könnte sein, dass der jetzt in der Studium sich befindet. Beispiel. Aber, weil das so lange für ihn gewesen ist, dann möchte der das nicht mehr.
Speaker 1 [01:03:48]
Aber trotzdem …, gut, dass du durchgehalten hast, dass er mitgemacht hat und auch durchgehalten hat und jetzt diesen Erfolg hat, sich diesen Erfolg sich…, er, er, erkämpft hat, so quasi …
Speaker 2 [01:04:02]
Ja, ja. Hat er, hat er. Und da bin ich sehr stolz. Da bin ich wirklich sehr stolz auf ihn. Ich hoffe, die anderen zwei werden auch so weit kommen.
Speaker 1 [01:04:10]
So soll das auch sein.
Speaker 2 [01:04:11]
Ja.
Speaker 1 [01:04:13]
Ja. Also wenn du jetzt noch nichts, äh, wenn du nichts mehr äh, zu…, zuzufügen hast, dann äh, können wir das Interview an der Stelle dann beenden und ich bedanke mich ganz herzlich dafür bei dir.
Speaker 2 [01:04:27] Ja, also ich hab tatsächlich, äh, es kommt mir jetzt nicht mehr im Sinne, dass ich irgendwas sage …, äh, ich bedanke mich auch für die Einladung, ich habe das sehr, sehr gerne gemacht.
Speaker 1 [01:04:39] Danke dir.
Speaker 2 [01:04:40] Bitte.