Transkript Casandra Kovacs

August 25, 2023

Name der interviewten Person Casandra Kovacs
Geschlecht Weiblich
Alter 30 Jahre
Religion/Glaubenszugehörigkeit Evangelisch/Christlich
Herkunftsland Rumänien
Herkunftsland der Eltern –
Kürzel C.K.
LG/TZ LG

Speaker 1 [00:00:02]

Hallo Cassandra, ich freue mich sehr, dass es heute geklappt hat mit unserem Interview. Und ich hoffe, dass du gut deine Geschichte erzählen kannst. Ich werde dir erst mal erzählen, was wir machen. Es geht um eine Forschung, um die Romas und Sinti, wie die früher gelebt haben. Das läuft jetzt über unsere Projektleiter Herr Timothy William und Frau Kirsty Campell. Wir arbeiten an einem Interview weiter. Ich muss nochmal gleich nochmal mit der Unterschrift das alles prüfen. So wie ich dir die Unterlagen schon zugeschickt habe, brauche ich gleich die Unterschrift. Und wenn dir, wenn du bereit bist, können wir gleich anfangen? Dann erzähl mir bitte was von dir, beziehungsweise von deinem Leben, so wie das als Roma? Ob du Probleme hattest wie das ist, ein Roma zu sein.

Speaker 2 [00:01:20]

Also ich stell mich mal erst mal vor. Ja, ich bin die Casandra Kovacs. Ich bin jetzt mittlerweile 30 Jahre alt und in Deutschland 1992 geboren. Für mich als Roma war das Leben schön in Deutschland. Die Kindheit war auch die schöne Seite auch Schattenseiten? Ja, ich bin stolz, ein Roma zu sein.

Speaker 1 [00:02:08]

Was weißt du von deinen Großeltern irgendwelche Geschichten oder haben die was erzählt, wie das früher war irgendwelchen Erfahrungen, was sie erlebt haben?

Speaker 2 [00:02:22]

Von meinen Großeltern. Meinst du jetzt von damals mit dem Krieg?

Speaker 1 [00:02:30]

Ja, auch mit dem Krieg oder so, als Sinti, als Roma, wie waren die aufgenommen, wie? Gab es Probleme damals, oder?

Speaker 2 [00:02:42]

Ja, also meine Großeltern waren ja beide Roma. Aber ich muss ehrlich sagen, ich weiß nicht, ob die damals Probleme hatten oder nicht. Wir sind, wie gesagt, ab den Neunzigern sogar Neunundachtzigern Jahre, sind meine Eltern nach Deutschland gereist, mit meiner, also da war ich noch nicht geboren. Dann haben die erstmal hier gearbeitet, auch beide. Ich bin auch hier aufgewachsen, bis ich 5 war.

Speaker 1 [00:03:33]

Wo habt ihr vorher gelebt?

Speaker 2 [00:03:36]

Davor haben wir, also beziehungsweise meine Eltern, die Familie, die haben in Rumänien gelebt. Wie ich weiß, mussten die damals meine Eltern viel mit Trödel und sowas handeln also, die haben wohl Lebensmittel und Klamotten und Gold verkauft damals, damit die Überleben in Rumänien und da war wohl nicht so einfach für die. Deswegen wollten die unbedingt, dass die eher eine Zukunft für die Kinder, dann in Deutschland aufbauen, weil die wussten und innerlich dachten, ist es besser.

 

Speaker 1 [00:04:30]

Und hast du eine Erinnerung an deine Großeltern? Haben die auch am Trödelmarkt dann teilgenommen oder? Mit was haben die sich gekümmert? Wie war das damals noch?

Speaker 2 [00:04:46]

Also meine Großeltern selber, wie die in Rumänien gelebt haben, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass mein Opa damals in einer Schokoladenfabrik gearbeitet hat. In Rumänien, eher in Rumänien und Timisoara da, da haben die auch gelebt.

Speaker 1 [N/A]

In Rumänien?

Speaker 2 [N/A]

Meine Oma weiß ich, dass sie zu Hause war mit den Kindern. Die hatte ganz viele Kinder. Ja, ansonsten weiß, dass der Opa gearbeitet hat in einer Schokoladenfabrik, wie gesagt. Und dann irgendwann haben die sich auch entschieden, nach Deutschland zu reisen. Dann sind die mit den mit meinem Vater, meiner Mutter und die Eltern von meinem Papa, allen dann damals nach Deutschland gereist.

Speaker 1 [00:05:46]

Aha, OK und wie war so die Beziehung zwischen deine Eltern und Großeltern? Also ihr seid sozusagen, die sind alle zusammen gereist, also nach Deutschland im 1989? Na, aber wie war weiterhin, wie war das hier, das Leben als Roma in Deutschland?

Speaker 2 [00:06:10]

Also das Leben hier als Roma weiß ich, dass die eigentlich als Asylanten aufgenommen worden. Dann haben die erstmal Asyl beantragt, weil es in dem Heimatland wohl schwer war. Dann hat man so n bisschen Hilfe, glaub ich von der Stadt erstmal bekommen und dann weiß ich, dass mein Papa arbeiten war. Meine Mutter auch noch nebenbei als Reinigungskraft. Und wir, ich und meine 2 Geschwistern, wir sind dann im Kindergarten gewesen, weil wir ja noch ganz klein waren. Alles war eigentlich gut. Wir haben uns eigentlich ein gutes Leben hier dann schon aufgebaut. Und dann haben wir, soweit ich dann 6 war, sind wir wieder nach Rumänien zurück abgeschoben worden.

Speaker 1 [00:07:13]

Okay.

Speaker 2 [00:07:16]

Und das war ein großer Schlag für die Familie, weil für uns die Kinder, war ganz schwierig. Wir haben uns schon in Deutschland eingelebt, die Kindheit beziehungsweise die ersten Lebensjahre waren dann in Deutschland und dann war wieder eine ganz neue Welt. Ich kann mich noch sehen als Kind, wie ich vor der, vor dem Tor stand.

 

Speaker 1 [00:07:32]

Wann war das? Wie alt warst du da?

Speaker 2 [00:07:37]

Da war ich gerade mal 6. Aber dieses Bild habe ich noch ganz genau im Kopf. Da sind wir irgendwann so mitten in der Nacht angekommen. Es war aber schon hell draußen, weil es Sommer, zu Sommerzeit war.

Speaker 1 [N/A]

Also die ganze Familie ist dann wurde abgeschoben, oder?

Speaker 2 [N/A]

Ja, ja, wir sind als Familie, also meine Großeltern sind weiterhin in Deutschland geblieben. Aber für meine Mutter und mein Papa und wir, da gab es wohl, da gab es wohl kein Recht mehr, dass wir bleiben. Also da gab es ein Gesetz, da war was und da kann ich nicht mehr ganz genau wissen, das war halt so, und die haben gesagt, ihr müsst jetzt wieder in das Heimatland und dann standen wir erst mal damit vor der Tür. Wie gesagt, da meine Oma von Mutters Seite, die war ja in Rumänien. Die hat dann auf uns gewartet und hat gesagt: „Hallo, kommt doch rein“, wollte immer ganz nett sein. Nein, aber ich muss ehrlich sagen, die Bilder, die, die sind bei mir im Kopf geblieben. Ich wollte da wirklich gar nicht erst mal rein, da war ich erstmal ganz skeptisch. Ich kann mich erinnern, da waren 2 Hunde, ein Schwarzes und ein Weißes. Ja, und zum Glück hatten wir die Hunde, die haben dann auch wirklich so eine, so angezogen als Kind. Und die waren ja auch nett die Hunde. Und dann haben wir uns angefreundet. Dann mussten wir wieder weiterlernen zu leben. Ich war 6, mein Vater hat mich dann direkt für die Schule gemeldet, mich und meine Schwester, die Älteste, die Jüngste, die war, die war noch wirklich klein, die war sogar noch 3 oder so; 2, 3 war die. Dann haben die, dann mussten wir weitermachen, dann mussten wir uns in Rumänien wieder einleben.

Speaker 1 [00:10:12]

Und was kannst du mir über deine Mutter erzählen? Wie würdest du sie so beschreiben?

Speaker 2 [00:10:23]

Meine Mutter würde ich beschreiben als eine, als eine ambitionierte, motivierte junge Frau. Ähm, die wirklich sehr viel für ihre Kinder und ihre Familie gekämpft hat und eine Roma mit Herz, würde ich sagen, ist sie.

Speaker 1 [00:11:02]

Lebt deine Mutter noch?

Speaker 2 [00:11:04]

Ja, meine Mutter lebt noch. Sie lebt auch zurzeit auch in Deutschland. Was heißt zurzeit, wir sind ja damals dann wieder zurückgekommen. Wir leben jetzt alle mittlerweile in Deutschland, meine ganzen Geschwister, meine ganze Familie, die hat auch sehr lange hier in Deutschland gearbeitet. Über 20 Jahre als Reinigungskraft gearbeitet in Helios Krankenhaus.

Speaker 1 [00:11:32]

Wie ist denn deine Beziehung zu deiner Mutter?

Speaker 2 [00:11:39]

Also ich meine Mutter, wir führen eine gute Beziehung. Manchmal erzählen wir über die guten Seiten, über die Kindheit, auch über die traurigen Momente, die wir hatten. Aber im Großen und Ganzen sind wir sehr glücklich und sehr froh, dass wir es so weit geschafft haben, jetzt hier in Deutschland und; dass wir eigentlich uns sehr gut integriert haben.

Speaker 1 [00:12:12]

Erzähl ruhig weiter. Ich schreib mir so ein paar Notizen nur auf für mich. Wie ist deine Beziehung zu deinem Vater?

Speaker 2 [00:12:26]

Mein Vater hat es ein bisschen schwieriger als ich, hier zu integrieren, sage ich mal. Er war wohl das ging also, der war einen anderen Charakter als meiner Mutter. Meine Mutter war ein offener Mensch und sehr, wie soll ich das erklären, sie wusste halt, was sie will und deswegen die hat Durchsetzungsvermögen. Aber mein Papa war eher schüchtern und zurückgezogen, deswegen war es für den ein bisschen schwieriger hier sich noch was aufzubauen. Er hat aber eigentlich immer so kleine Jobs gemacht. So wie Gartenarbeit oder mal ausgeholfen beim Umzug oder so, da hat er bisschen Kleingeld für bekommen oder der ist auch mal mit so einem, ich weiß noch mein Onkels haben alle damals mit Schrott gehandelt, dann haben die dann auch manchmal mitgenommen. Aber dadurch, dass er natürlich die Sprache, die Sprachkenntnis nicht hatte, Deutsch, dann hatte der es immer schwieriger, als meine Mutter oder wir. Aber eigentlich habe ich auch zu meinem Papa ein gutes Verhältnis. Er hat auch immer zu uns gesagt, versucht euch zu integrieren, versucht Schule zu machen, versucht was aus euch zu machen. Wir sind schon Roma, wir werden sowieso schon anders angeschaut und deswegen versucht es mit Bildung, das würde ich am meisten helfen.

Speaker 1 [00:14:26]

Hat dir mal dein Vater früher oder jetzt auch irgendwelche Lebensergebnisse, Lebensgeschichten oder irgendwas Probleme gehabt, dass er in Roma ist, oder?

Speaker 2 [00:14:32]

Ja, ich kann mich sogar noch sehr gut erinnern, dass er mir mal was erzählt hat, und zwar war er der Klassenbeste aus der Klasse. Und er hat mir das mal erzählt und da kann ich mich auch noch erinnern, der war der Klassenbeste, obwohl er der Klassenbeste war und die Lehrerin, es gab 2 Lehrerinnen, die mussten, es gab ja immer dann so eine Feier am Ende des Jahres und dann hat man natürlich immer so Prämien bekommen wie Platz 1, 2 oder 3. Und nur weil er ein Roma war und die wussten, dass er in Roma ist, dann haben die Lehrer doch wohl den anderen genommen, der war aber ein bisschen schwächer als er. Und dann hat der andere den ersten Platz bekommen, nur weil er nicht aus einem so guten sozialen Verhältnis kam wie jetzt der andere. Vielleicht war der ein Einzelkind oder 2 Kinder, aber mein Papa war aus einer Familie von sehr vielen Kindern und war dazu noch ein Roma, der hat mir dann gesagt, ich wurde halt nie so gut angesehen, obwohl ich Klassenbeste war.

Speaker 1 [00:16:01]

Also weil er ein Roma war.

Speaker 2 [00:16:04]

Als Roma wurde er diskriminiert und ja, ansonsten, so habe ich immer gespürt, auch bei meinen Eltern. Die wollten halt nie wirklich auch damit so prahlen oder so angeben, dass die Roma sind, die haben erstmal versucht, das immer zurückzuhalten und nicht sofort zu zeigen, weil man immer das Gefühl hatte, dass man dann ausgestoßen wird, und man hat sich da nie dazu gefühlt. So.

Speaker 1 [00:16:37]

Also das wurde oft versteckt um zur Seite gelegt, damit man, ja OK.

Speaker 2 [00:16:44]

Ja, damit man so, man dachte direkt negativ und man dachte, man vermeidet vielleicht so Sachen wie, dass man nicht mehr so ankommt als Roma. Lieber dann nicht mehr erwähnen und ja, besser verstecken.

Speaker 1 [00:17:12]

Genau, du hattest erzählt du hast noch wie viele Geschwister?

Speaker 2 [00:17:18]

Also ich habe noch 2 Schwestern. Eine ist älter als ich und die andere ist jünger als ich. Ich bin ein Mittelkind.

Speaker 1 [00:17:29]

Leben auch alle beide hier? Wie ist denn deine Beziehung, dein Verhältnis zu deinen Geschwistern?

Speaker 2 [00:17:36]

Also mit meinen Schwestern verstehe ich mich sehr gut und wir sind auch, wir sind halt Familienmenschen alle. Das ist so. Ich will jetzt nicht sagen bei den Romas, aber. Ich weiß nicht, die Roma, die haben wirklich ein Herz für alle, ne und ich sag mal so, wir verstehen uns sehr, sehr gut. Wir sind auch, wir sehen uns, wenn ich jeden Tag, jeden 2, 3. Tag sehen wir uns und a, wir haben auch Geschichten erlebt in der Schule, auch alles und.

Speaker 1 [00:18:17]

Genau das wäre jetzt meine nächste Frage. Inwiefern haben sie ihre Geschwister beeinflusst? Oder gab es schon mal so in der Arbeitsschule Grundschule, Kindergarten?

 

 

Speaker 2 [00:18:35]

Ja, also ich und meine älteste Schwester, Schwester, wir waren auf einer gleichen Schule. Sie war eine Stufe höher als ich und ich war unter. Und dann haben wir das so abgemacht und wir haben uns abgesprochen und gesagt, pass auf, ich glaub, das war sogar meine Idee, wenn nicht, dann hat man gesagt, lass uns jetzt bloß nicht sagen, dass wir Romas sind, erwähnen das bloß nicht hier und weil du weißt. Wir dachten immer, also ich hatte immer diesen negativen, obwohl, obwohl, was interessant ist, dass, sobald ich mich mit also das war, so bis 7, 8. Klasse, da konnte ich mich ja selber noch nicht so wirklich wehren und sagen, hey, ich bin dieser Mensch. Ich bin so, du magst mich doch als Mensch, ja, und ich hatte Freunde und dann ab der 9, 10. Klasse, da stand ich dazu zu was ich bin und da war mir das auch nicht mehr peinlich zu sagen, hey, ich bin dein Roma, aber als Kind, wo ich mich selber noch nicht so wehren konnte, da war ich nicht mit einverstanden, dass das offiziell ist, weil ich dachte, ich kann das nicht argumentieren und ich konnte mich nicht wehren, wenn irgendjemand, weil da kann man immer so, hey, Zigeuner, na zappzarapp oder irgendwas sowas ne, und dann haben wir dann so ein Pakt geschlossen, nicht um meine Schwester und haben gesagt, nee, wir sagen das nicht. Und dann einmal weiß ich noch, da wurden wir gefragt von jemand, ihr seid doch Zigeuner, oder? Und da weiß ich, meine Schwester hat, glaube ich gesagt, ja und? Na oder? So war das irgend so ein Erlebnis. Ah, da war ich so traurig. Und ich war so, ich hab mir, da waren auch mehrere Leute, ich hab mich gefühlt wie als wenn mich jemand bloßgestellt hat. Und da hätte ich mich lieber irgendwo hin in ein Wasser sein können.

Speaker 1 [00:20:58]

Also hattest du Angst, oder? Nur gedacht, OK, das ist ein Problem, weil diese Lüge im Endeffekt rausgekommen ist. Was ich jetzt für mehrere Jahre versteckt habe oder dass du als Roma jetzt dastehst und.

Speaker 2 [00:21:18]

Nein, ich hatte einfach immer diese Angst, dass ich nicht mehr so akzeptiert und gesehen werde, wie ich hier bin. Aber die Leute haben mich ja schon gekannt. Die haben, wenn, dann haben die mich schon akzeptiert und die wussten schon, wer ich bin als Mensch und wie ich bin. Ich musste mich ja nicht mehr beweisen, doch diese Angst war immer noch da, dass ich dann mit anderen Augen angesehen wird als Roma.

Speaker 1 [00:21:54]

Gibt es jetzt irgendwas was euch zwischen Geschwistern richtig unterscheidet?

Speaker 2 [00:22:10]

Ja, wir sind ja so. Jeder von uns ist unterschiedlich auf ihre Art. Die eine ist offener, die andere ist wie alle anderen Schwestern, wie bei anderen Nationalitäten. Also das hat jetzt nichts damit zu tun, dass wir Roma sind und das natürlich unterscheiden wir uns unter uns. Ja, die eine aufgeschlossener, die andere nicht, andere ruhiger, die andere temperamentvoller, ja Unterschiede gibt wie zwischen alle Geschwistern.

Speaker 1 [00:22:52]

Jetzt hast du mir so viel erzählt über deine Kindheit. Hast du irgendetwas, wo du denkst, wobei, du weißt ja, eine Zeit warst du in Rumänien dann, dann warst du wieder hier. Hast du irgendwas besonderes, wo du so, wo die, wo du dich freust an diese Erinnerung zu zu, wie dann diese Zeit zu denken und ach da hab ich mich gut gefühlt oder hier oder da irgendwas besonderes, was du mir erzählen kannst? Zum Beispiel war das hier am Anfang. Ihr seid ja als Familie zusammengereist, aber wie habt ihr weiterhin gelebt? Nach deiner Abschiebung mit deiner Familie.

Speaker 2 [00:23:47]

War erstmal der Schock da, wo wir in Rumänien waren.

Speaker 1 [00:23:51]

Wie lange habt ihr da gelebt?

Speaker 2 [00:23:56]

Also soweit ich mich erinnern kann, war ich mit irgendwie 5 Jahren wieder da. Um die 5 Jahren mit 11 sind wir wieder nach Deutschland gereist, wo ich dann 11 war.

Speaker 1 [N/A]

Wie hat dir das da gefallen oder wie war das für dich diese Trennung dann wieder von Rumänien nach Deutschland?

Speaker 2 [N/A]

Ich muss sagen erstmal war der Schock natürlich da, weil das ja ganz anders war alles mit 6, wo ich dann da stand. Doch meine Kindheit war sehr schön in Rumänien. Ich kann sagen, ich bin froh, dass ich meine Kindheit, eine eine Seite aus meiner Kindheit, da hatte um die 5 Jahre, weil das war ein schönes Gefühl, einfache Zeiten von Freiheit war Schönheit. Über die Grundschule habe ich Standard gemacht. Und dann ist meine Mutter schon vor, bevor wir gereist sind. 3 Jahre bevor wir auch mitgegangen sind, ist sie dann schon nach Deutschland vereist. Und hat gearbeitet, hat dann die Arbeitserlaubnis bekommen damals, dann auch das Aufenthalt für uns, damit wir natürlich kommen können, weil damals war ja die Rumänien noch nicht in EU. Da war auch alles schwieriger als gedacht.

Speaker 1 [N/A]

Also deine, deine Mutter ist alleine oder mit dem Vater nach Deutschland gereist?

Speaker 2 [N/A]

Ja, sie ist verreist, aber sie ist alleine verreist. Ja, eine Bekannten von unserer Familie hat dann einen Job für sie gefunden hier. Ist für die erstmal nur Arbeit, gab es hier alleine vereist und mein Papa ist dann mit uns dann in Rumänien geblieben. Leider, denn er hatte dann gesagt, gut, wenn du dann gehst, dann einer von uns muss sicher für die Kinder kümmern. Und ja, dann ist sie alleine erstmal verreist. Wie gesagt hat sich dann eingestellt im Krankenhaus als Reinigungskraft, hat dann alles für uns hier schon vororganisiert, eine Miete, also Unterkunft und alles, damit wir dann nach 3 Jahren dann gemeinsam als Familie hier leben können.

Speaker 1 [00:26:40]

Und wie war es für dich dort zu wohnen, also zu leben, ohne deine Mutter? Seid ihr da mehrmals umgezogen oder habt ihr die ganze Zeit da gelebt, gewohnt?

Speaker 2 [00:26:52]

Wir hatten, wir hatten ein Haus in Rumänien. Das Haus gehört meinen Großeltern, wir hatten da auch die Schulen besucht. Die schönste Zeit war immer, wo wir Sommerferien hatten. Dann sind wir immer zum Dorf, in ein Dorf zu unseren Großeltern gefahren, den ganzen Ferien. Ja, da hatte ich halt immer ganz schöne Freunde. Da hatten wir Kirsche Weine.

Speaker 1 [00:27:29]

Also im Dorf haben deine Großeltern gelebt, oder?

Speaker 2 [00:27:32]

Ja, ja und da bin ich halt immer gerne hingegangen. Ja, ohne meine Mutter war die Zeit nicht so schön als Kind, da war diese Sehnsucht, da war dieses, die hat immer gefehlt in der Zeit. Ne da war, es war schon schwierig. Ist auch eine traurige Geschichte. Ist auch wieder eine sehr, sehr, sehr, sehr dunkle Seite von meiner Kindheit, aber ja, sie ist einmal im Jahr dann gekommen und dann hat sie auch mal mit uns Urlaub, also dann hat sie mit uns gelebt. Und wenn sie gehen musste, war für mich immer ganz, ganz schlimm.

Speaker 1 [N/A]

Kannst du mir noch, was zu deinen Großeltern erzählen, die in Rumänien gelebt haben, wo du in den Sommerferien warst? Wie das Leben so für den da war?

Speaker 1 [00:28:49]

Meine Großeltern waren einfache Menschen, meine Großeltern, meine Oma. Ich kann mich an ihr nämlich gut erinnern. Zu ihr hatte ich eine sehr gute Beziehung, war eine sehr fleißige Frau, hat sehr viel Haushalt und Gartenarbeit gemacht. Ähm, stell dir vor, die hatte da alles Bio, Tomaten, Gurken, ähm, wir hatten einen riesigen Garten da. Das waren schon kilometerweise waren da nur Erde, da hat sie sich für gekümmert. Ich weiß, im Sommer ist sie immer gegen 4:00, 4:30 Uhr aufgestanden, hat dann den Ganzen, die ganze Erde mit Wasser bestreut und hat sich um die ganze Obst und Gemüse hat sie gepflegt und sich gekümmert. Dann die Tiere, also ich weiß, dass sie da ein ganz einfaches Leben hatte, aber wirklich sehr, sehr viel und sehr gute Sachen. Auch im Haushalt hatte sie fast alles. Wir mussten kaufen wirklich nur so Kleinigkeiten, wie Zucker oder Mehl oder Öl. Ansonsten hatte sie alles da selbst gemacht. Viele, viele Sachen hat die wirklich selber gemacht. Ja, war eine einfache Frau, war eine Roma Frau, hatte auch ihre schwierige Seiten. Hat mir auch viel erzählt, doch habe ich viel vergessen.

Speaker 1 [00:30:41]

Wie war die Beziehung? Wenn du dich noch erinnern kannst, oder als Kind mit deinen Nachbarn oder mit Nachbarn, Kindern oder irgendwas, was? So, ich meine jetzt als Leben als Roma. Gab es da Probleme oder Auseinandersetzungen?

Speaker 2 [00:31:12]

Wo ich ganz Schwierigkeiten hatte, war in der Schule. In der Schule war ich.

Speaker 1 [00:31:17]

In Deutschland oder in Rumänien?

Speaker 2 [00:31:19]

In auch Rumänien. Da wurde ich auch mal bestraft, richtig hart. Da hatte ich auch richtige Angst. Das war in der dritten Klasse, da hatte ich, da hatte ich wohl keine Taschentücher mit und meine Nägeln waren nicht geschnitten. Und dann hat mich die Lehrerin ganz, ganz laut angeschrien und war wirklich sehr aggressiv und dann habe ich mir in die Hose gepinkelt vor lauter Schreck. Und dann war es natürlich noch schlimmer, wo sie das gesehen hat, hat sie direkt mein Papa angerufen und hat gesagt, er soll mich jetzt sofort und, dass das nicht geht und auf die Seite. Also es gab 2 Reihen in der Klasse, einmal links und rechts und auf der rechten Seite waren wohl die Früchte, wo sie gesagt hat, dass das gute Kinder sind, die lernen und auf die andere Seite waren die Gemüse und das waren wir, also ich und noch paar andere Roma Kinder da waren. Die meisten waren Roma Kinder auf die andere Seite, auf die Linke bei mir und wir waren dann die Gemüsewahl. Wie die gesagt hat, wir waren nicht so gut. Ja, und das, das bleibt. Als Kind bleibt das als Erinnerung, das bleibt dann. Na, das bleibt in deinem Gedächtnis drin. Und dann weißt du, du bist nicht so gut wie die anderen, wenn du sowas erlebst, dann denkst du, deswegen war auch immer diese Angst bei mir, dazu zu stehen, dass ich ein Roma bin.

Speaker 1 [00:33:21]

Und so richtige Auseinandersetzungen hattest du noch mit der Lehrerin, dass du dich mal beschwert hast oder dass sie dann immer irgendwie was noch gemacht hat, gesagt hast.

Speaker 2 [00:33:37]

Das war jetzt ein Fall, wo ich mich wirklich erinnern kann.

Speaker 1 [00:33:41]

Haben sich deine Eltern auch nicht weiter beschwert oder was unternommen, dein Vater?

Speaker 2 [00:33:46]

Nein, mein Vater hat dann wohl auch nichts mehr gesagt, der hat mich nur abgeholt und hat dann die Meinung von der Lehrerin einfach so respektiert und akzeptiert. Und ja. Das war es.

Speaker 1 [00:34:12]

Und in der Zeit, wo deine Mutter, sie ist ja wieder nach Deutschland eingereist. Hat noch jemand bei euch gelebt oder seid ihr weiterhin da? Habt ihr da gewohnt oder umgezogen?

Speaker 2 [00:34:23]

Nein, wir haben da weiterhin gewohnt, bei meiner Oma. Wir waren mit meinem Vater alleine, manchmal kamen Tanten, manchmal kam auch Oma selber.

 

Speaker 1 [00:34:43]

Wie lange habt ihr dort gelebt?

Speaker 3 [00:34:48]

Wie gesagt, ich glaube insgesamt um die 5 Jahren.

Speaker 1 [00:34:53]

Und mit dem Nachbarn. Wie war das, mit den Nachbarnkindern?

Speaker 3 [00:35:00]

Mit den Nachbarn hat sich immer anders gefühlt, immer anders gefühlt als Roma, aber zum Glück sind die Kinder da nicht so nachgetragen, wie Erwachsene. Die Kinder haben mit uns gespielt und das war es auch. Also wir hatten nicht wirklich.

Speaker 1 [00:35:21]

Also hattet ihr auch Freunde, mit denen ihr auch was.

Speaker 2 [00:35:27]

Ja, wir hatten Freunde. Dann haben wir Puppen gespielt, wir hatten Klamotten gebastelt und, also ich hatte auch eine schöne Kindheit und schöne Zeiten und Erinnerungen, ganz viele Spiele, auch wirklich auf der, auf der Straße, wo wir gelebt haben, gewohnt haben alle, da haben wir immer ganz viele Spiele gemacht mit dem Ball oder gefangen gespielt oder Fußball gespielt, ne mit den ganzen Nachbarkindern der Straße. Man hat sich einfach gekannt unter sich und vertraut und ja, war schön.

Speaker 1 [00:36:23]

Was kannst du mir über deine Schulzeit erzählen?

Speaker 2 [00:36:28]

Meine Schulzeit in Rumänien war gut. Da war ich von der ersten Klasse bis zu Vierten dann, die Fünfte bin ich direkt nach Deutschland gekommen. In Deutschland war es wieder schwierig, da habe ich mich schon in Rumänien eingelebt. Da war wieder ein Neuanfang. Ne, das war immer so ein hin und her für mich, das war, man hat immer, man hatte immer das Gefühl von, man wusste nicht, bin ich jetzt die rumänische Roma? Oder bin ich jetzt die Deutsche? Wer bin ich jetzt? Man hat schwer dann irgendwann die Heimat so wirklich gespürt, weil im Endeffekt habe ich mich erst in Rumänien wieder eingelebt als Kind und dann mit 11 wieder nach Deutschland und dann war schon die Pubertät-Zeit, da waren irgendwie die Sorgen noch größer. Man hat sich noch ausgestoßener gefühlt, weil die Sprache auch nicht so da war. Ja, zum Glück habe ich mich schnell eingelebt. Wieder. Haben viel Sprachkurs gemacht, viel gelernt, viel Deutsch gesprochen, schnell Freunde gefunden. Ja, die einzige Sorge, die ich hatte, war, ich wollte halt nie von Anfang an sagen, dass ich ein Roma bin, auch in der Schule nicht.

Speaker 1 [00:38:22]

Du sagtest gerade meine Heimat. Was ist für dich Heimat? Welche Erinnerungen hast du an Heimat?

 

Speaker 2 [00:38:32]

Ich muss sagen, wenn ich in Rumänien bin, dann bin ich da eine Zeit lang, um Urlaub zu machen. Dann ist Deutschland für mich Heimat. Wenn ich in Deutschland bin und ich merke die Sommerzeit, wir haben Lust, Urlaub zu machen, dann will ich wieder in Rumänien und dann sage ich, ich will wieder da und da ist für mich Heimat. Obwohl die Wurzel so verteilt sind, muss ich sagen, ähm, Heimat ist einfach da für mich, jetzt wo mein Herz ist. Wo man sich wohl fühlt und willkommen geheißen wird. Und, ja, muss ich unbedingt immer das Land sein oder so? Es ist immer da, wo man wirklich nett empfangen wird, wo man merkt, hier kann man sich was aufbauen, da ist Heimat für mich.

Speaker 1 [00:39:38]

Okay welche Schule hast du denn besucht? Und wann war das ungefähr?

Speaker 2 [00:39:51]

Das war, das war glaub ich in der Zeit von 2006 oder 2007. Sogar 2005 oder 4. Ich bin mir da nicht mehr sicher. Hab ich die Inrather Hauptschule besucht. Ja, da bin ich bis zur 10. Klasse gegangen. Dann habe ich die andere Realschule besucht. Das war es dann auch.

Speaker 1 [00:40:45]

Und hattest du Konflikte oder wie war das zum Beispiel mit Gruppenarbeit oder sowas? Du jetzt durch deine Herkunft auch mal so an die Seite gelegt oder hast du dich schon mal schlecht gefühlt, oder vernachlässigt, sag ich mal?

Speaker 2 [00:41:12]

Ich muss ehrlich sagen, dadurch dass ich in der Klasse, wir eine Mischklasse waren und da gab es halt wirklich alle Nationalitäten fast in der Klasse und da hatte ich wirklich nicht so wirklich so ein Problem gehabt.

Speaker 1 [00:41:38]

Okay so. Was was war nach deiner Schule? Von wann hast du die beendet oder was hast du gearbeitet?

Speaker 2 [00:41:50]

Ja, ich hatte dann die Abenteuerschule beendet und dann nach der Abenteuerschule habe ich dann meinen Freund kennengelernt. Der war auch ein Roma, der ist auch immer noch ein Roma. Ich bin immer noch heutzutage mit dem zusammen, wir haben 3 Kinder zusammen. Also wie gesagt, danach habe ich geheiratet. Mit 18 Jahren habe ich dann mein erstes Kind bekommen.

Speaker 1 [00:42:27]

Wann hast du deinen Mann kennengelernt?

Speaker 2 [00:42:31]

Da war ich 17.

Speaker 1 [00:42:39]

Und mit 18 bist du Mutter geboren, ja. Erzähl weiter, ich hör dir zu.

Speaker 2 [00:42:49]

Ja, dann war ich erstmal zu Hause mit meiner Tochter. Er ist arbeiten gegangen, er hat als Schrotthändler gearbeitet. Dann haben wir uns eine Wohnung gemietet. Und dann irgendwann, ist mein Sohn gekommen. Als meine Kinder wieder in die Schule waren, habe ich dann auch als Sozialarbeiterin gearbeitet. Da hatte ich auch viel mit Menschen zu tun. Da hatte ich auch viel Erfahrung mit Menschen gehabt, auch mit Roma.

Speaker 1 [00:43:38]

Ach so, ja, wie war die die Arbeit mit deinen Kollegen oder mit?

Speaker 2 [00:43:45]

Also die Arbeit an sich war sehr gut, ich sag mal so, solange du deine Arbeit machst und du wirklich nicht anders so extrem mit aufräumen willst, dann hast du auch gute Chancen, in Deutschland zu arbeiten und wirtschaftlich und alles wirklich dir eine Zukunft hier aufzubauen. Und so war das bei mir.

Speaker 1 [00:44:19]

Du hast gesagt, du hast mit dieser Roma Bereich oder mit mit ganz viel Roma gearbeitet. Was genau hast du mit denen gearbeitet, oder?

Speaker 2 [00:44:35]

Ich habe die wirklich versucht zu integrieren. Ich habe versucht, denen bisschen so den Weg hier in Deutschland zu zeigen und hab sie beraten, wo sie mich gebraucht haben, begleitet bei den Schulen, bei Arbeit auch oder bei Ärztinnen und ja, das ist halt mein Job gewesen als Sozialhelferin und Übersetzerin. Ja, leider viel, viel Rassismus erlebt. Ich war mit einem Mädchen.

Speaker 1 [00:45:13]

Du oder die Kunden?

Speaker 2 [00:45:15]

Die Kunden und gleichzeitig ich wurde auch abgeschlossen ausgestoßen und man sieht wirklich, wirklich heutzutage noch Rassismus und das tut wirklich weh. Das tut weh für die Romas, tut weh, weil die können sich die meisten auch nicht wirklich wehren, weil die die Sprache nicht so beherrschen. Ich sag mal nur ein Beispiel. Ich war mit einem Mädel, die war um die 12 Jahren.

Speaker 1 [00:46:00]

Wann war das?

Speaker 2 [00:46:11]

Das war 2020, war ich mit ihr bei einer Schule, sie musste eingeschult werden. Direkt hat man gesehen, da war diese Wut in die Augen von den Lehrern, warum sie wohl diese Kleidung trägt? Warum hat sie dieses Rock an, warum, wenn sie in die Schule kommt, soll sie das bitte lassen? Und dann hab ich gesagt, das gehört zu ihr, da von ihr wie sie sich anzieht. Das haben die nicht verstanden. Wir wurden nicht herzlich aufgenommen, wir wurden, man hatte diese dieses Ausstoßen gespürt und das war nicht, das war nicht so schön. Jetzt war kein schönes Erlebnis, das Mädel hat dann wohl und dann hab ich mal nachgefragt, so den Papa und die Eltern, dann hat sie wohl in der Schule wohl immer Hosen dann auch wirklich angezogen, weil das ist unterschiedlich, es gibt unterschiedliche Roma. Bei mir in der Familie war nie der Fall, dass man sich traditionell jetzt anziehen muss, aber es gibt auch Roma, die sich noch traditionell anziehen mit Kleidern und Röcken und die geflochtenen langen Haare. Und dieses Mädchen war ein Fall davon. Und dann hat die aber für die Schule, hat die das weggelassen und sich dann Hosen und ganz normale Sachen angezogen. Da gabs aber irgendwie immer wieder Probleme, da dran kann ich mich erinnern bei der. Das stimmte für die Lehrer immer nicht irgendwas und da hat immer wohl nicht irgendwas gepasst. Ja, leider heute sogar noch diese.

Speaker 1 [00:48:26]

Okay und du sagtest, du hast in so einen Verein oder mit so einer Roma Gruppe gearbeitet. Was hat was hat dich dazu gebracht, dich für sowas zu entscheiden oder wie wie bist du auf diese Gedanken gekommen?

Speaker 2 [00:48:38]

Die Liebe zu den Menschen, das hat mich dazu gebracht. Ich war immer schon ein offener Mensch und ich bin sehr sozial. Sobald ich sehe, man braucht mich für übersetzen oder der, der braucht mich nicht auf die Schnelle irgendwo. Dann mach ich das einfach. Das fällt mir leicht, dass ich mach das gerne und deswegen habe ich gesagt, guck mal sowas könntest du machen, das passt. Meine Schwester hat schon in so einem Verein gearbeitet und hat gesagt, schau mal, bei uns suchen wir gerade was, willst du nicht da mitmachen? Ich hab gesagt, warum nicht, ich probiere es aus. Es war auch, es gab auch stressige Tage, wo es wirklich stressig war, aber die meiste Zeit da war schön.

Speaker 1 [00:49:39]

Jetzt arbeitest du nicht mehr, du hast es verlassen?

Speaker 2 [00:49:40]

Ich bin momentan in Mutterschutz, aber ich denke mal eventuell, dass ich dann in die nächste Zeit da wieder anfange.

Speaker 1 [00:49:51]

Und was hast du noch gearbeitet als?

Speaker 2 [00:49:57]

Als Erwachsene habe ich im Callcenter gearbeitet. Callcenter, das bedeutete, da musste ich so Leute anrufen und Verträge mit denen abschließen und ja. Ansonsten was hab ich noch … ach bei Zalando hab ich noch gearbeitet, das ist einen eine Handelskaufhandel, wie heißt da waren Textilien online.

Speaker 1 [00:50:31]

Den kaufmännischen Bereich?

 

Speaker 2 [N/A]

Ja ne. Einzelhandel, Einzelhandel, ja.

Speaker 1 [N/A]

War’s das?

Speaker 2 [00:50:53]

Im Sommer als Kind habe ich manchmal in der Bäckerei gearbeitet.

Speaker 1 [00:51:02]

Wo hast du dich am besten so wohl gefühlt? Jetzt, wo du auch gut unter Kollegen aufgenommen wurdest oder mit deinen Mitarbeitern am besten?

Speaker 2 [00:51:19]

Die Zeit, wo ich in den Verein gearbeitet habe für die Roma. Ja, da habe ich auch wirklich gemerkt, dass es das, was du machen willst. Das ist ein Teil von dir.

Speaker 1 [00:51:37]

Hattest du auch Konflikte irgendwo auf der Arbeit?

Speaker 2 [00:51:46]

Nein, nicht wirklich.

Speaker 1 [00:51:54]

Wie wichtig es für dich heute zu sagen, ja, ich bin ein Roma oder wie, wie gehst du damit um?

Speaker 2 [00:52:04]

Das ist für mich heute sehr wichtig. Weil ich heute dazu steh, zu was ich bin. Wie ich damit umgehe? Es ist immer mit Fragezeichen, es kommt drauf immer drauf an, wie die Person vor mir steht und wie die mich aufnimmt. Ich gehe offen damit. Ich gehe freundlich damit um. Ich stehe dazu zu was ich bin. Ich bin diese Person und das kommt immer darauf an, wie die andere Person vor mir das so annimmt.

Speaker 1 [00:52:49]

Wann musstest du oder wie, wann hast du dich dafür entschieden, dazu zustehen zu sagen, so jetzt.

Speaker 2 [00:53:01]

Wie gesagt, das war, das war wirklich, wo ich gemerkt hab, ok, du solltest mal jetzt dazu stehen, war so in der 10. Klasse. Da war ich schon richtig beliebt bei mir in der Schule und in der Klasse und ich hatte so viele Freunde und so viele Leute, die mich kannten, mich mochten und manchmal kommt dann auch wirklich die Frage, bist du denn ein Roma? Es gab Leute, die das einfach irgendwie gemerkt haben oder geschaut haben oder gespürt haben. Dann hab ich auch gesagt, ja, bin in Roma. Oder manchmal habe ich das einfach selber erwähnt, dass ich ein Roma bin, weil ich wollte das sagen und wollte gucken, nehmen mich die Leute immer noch so, akzeptieren die mich immer noch, meine Freunde. Es gab Leute, die haben sich von mir weggezogen, aber die habe ich dann einfach in Ruhe gelassen. Ich habe gemerkt, OK, dann waren wir wohl nicht so gute Freunde, weil weil ich bin immer noch die gleiche, mein Charakter hat sich ja nicht geändert, ich bin nur ein Roma.

Speaker 1 [00:54:25]

Wie wichtig ist für dich Religion oder Glaube oder was kannst du dazu sagen?

Speaker 2 [00:54:36]

Also Religion ist ein Teil von mir, ich bin gläubig. Ich bin ein Christ, ich bin evangelischer Christ. Ja, der Glaube ist auch ein Teil von mir. Ja, ohne Gott könnte ich auch nicht leben. Also ich bin schon gläubig.

Speaker 1 [00:55:11]

Ist das alles? Als Roma auch einen Glaube zu haben oder Religion oder eher, also die Frage wäre, ob die Roma alle jetzt so gläubig sind.

Speaker 2 [00:55:28]

Es kommt drauf an. Es gibt Romas die, die Glauben an Gott, die haben Angst vor Gott, aber die haben jetzt keine silberne Beziehung zu Gott, oder? Nein, ich würde jetzt nicht sagen, dass alle Roma jetzt gläubig sind oder so. Das würde ich jetzt nicht behaupten. Es gibt gläubige Roma, es gibt auch Ungläubige, oder? Welche, die nicht so wichtig des Glaubens empfinden.

Speaker 1 [00:56:12]

Was waren so deine größten Glücksmomente? So als Erwachsener im Leben.

Speaker 2 [00:56:19]

Meine größte Glückmomente, die Geburten von meine Kinder und, dass meine Kinder alle gesund zur Welt gekommen sind und ja.

Speaker 1 [00:56:40]

Genau das wollte ich jetzt auch fragen. Mit deinen Kindern, wie viele Kinder hast du? 3? Und was es für dich sehr wichtig bei deiner Erziehung jetzt den Kindern mitzugeben?

Speaker 2 [00:56:59]

Meine Kinder sollen wissen, dass egal ob du in Roma bist oder ob du ein deutscher bist oder rumänisch bist, sei einfach ein barmherziger Mensch, guter Mensch, gebildeter Mensch. Versuch, egal wo du gehst, einen Tag zu lassen, mehr kann ich nicht dazu sagen.

Speaker 1 [00:57:29]

Welche Sorgen machen sie sich bezüglich Ihrer Kinder?

Speaker 2 [00:57:38]

Meine einzige Sorge ist, dass vielleicht, dass jede Chance nicht so gut nutzen, dass die sich vielleicht ablenken lassen durch Freunde, oder? Das ist meine Sorge, aber ich werde versuchen, dass meinen Kindern am Ball bleiben und dass sie schön gebildet werden.

 

Speaker 1 [N/A]

Was wünschen Sie sich für ihre Kinder?

Speaker 2 [00:58:11]

Natürlich, eine gute Bildung, eine gute Ausbildung, ein guter Arbeitsplatz, schöne Zukunft hier in Deutschland. Deswegen sind wir hiergeblieben und haben was für die Kinder aufgebaut. Letztendlich müssen die dann aber selbst entscheiden, wo die glücklich sind und sich wohlfühlen.

Speaker 1 [00:58:34]

Und du bist noch mit dem Vater?

Speaker 2 [00:58:39]

Ja, wir sind zusammen, ja.

Speaker 1 [00:58:43]

Wie, wie habt ihr euch kennengelernt?

Speaker 2 [00:58:48]

Wir haben uns kennengelernt, also das war 2009. Da waren wir, da gab es bei uns eine Feier, beziehungsweise es gab eine Gemeinde und da wurde glaube ich sogar die Öffnung gefeiert. Ja, da haben wir uns zum ersten Mal gesehen und dann haben wir uns verliebt. Ja, dann. Nun wollten wir natürlich ab dem Zeitpunkt, wollten wir zusammen sein.

Speaker 1 [00:59:36]

Das war Liebe auf den ersten Blick, oder?

Speaker 2 [00:59:39]

Ja, ja, genau.

Speaker 1 [00:59:47]

Er kommt auch aus Rumänien oder? Ja?

Speaker 2 [00:59:50]

Er kommt aus Rumänien und der ist auch ein Roma.

Speaker 1 [00:59:53]

Und wie alt ist er?

Speaker 2 [00:59:55]

Er ist 33.

Speaker 1 [00:59:58]

Und was macht er?

 

Speaker 2 [01:00:00]

Also momentan arbeitet er im Bau. Ja, er hat viel zu tun und arbeitet im Bau, hat seine Leute, seine Truppe ein Renovieren oder Entrümpeln. So was halt.

Speaker 1 [01:00:22]

Wie würdest du deine Beziehung jetzt beschreiben?

Speaker 2 [01:00:26]

Also meine Beziehung zurzeit ist wirklich sehr festgeschweißt und wir sind jetzt schon mittlerweile 13 Jahren zusammen. Ja, wir verstehen uns gut.

Speaker 1 [01:00:49]

Und ihr habt euch auch hier in Deutschland kennengelernt, ne?

Speaker 2 [01:00:52]

Ja, hier in Deutschland und auch in der Stadt hier früher. Ich komme aus Krefeld. Wir leben heute noch hier in Krefeld.

Speaker 1 [01:01:09]

Wie wichtig ist, beziehungsweise, wie geht ihr damit um, jetzt, wenn ihr beide als Roma. Versteckt ihr euch oder wird ihr noch diskriminiert heutzutage?

Speaker 2 [01:01:30]

Also es gibt immer Leute, die einen so ein bisschen schief von der Seite angucken, aber irgendwann nimmt man das einfach nicht mehr so auf. Man merkt das es nur Blicke sind.

Speaker 1 [01:01:46]

Werdet ihr auch mal beleidigt oder angegriffen?

Speaker 2 [01:01:50]

Nein, soweit nicht, so weit kommts nicht. Also wir gehen auch so Konflikte aus dem Weg oder so, wir suchen nicht so. Aber klar, man merkt manchmal die Blicke mancher Leute. Man merkt halt, man wird, wenn man nicht so ankommt. Aber meistens haben wir keine Probleme mit niemandem.

Speaker 1 [01:02:26]

Was hat ihr Lebensweg am meisten geprägt?

Speaker 3 [01:02:33]

Also ich glaube was bei mir halt so ein bisschen, mich so ein bisschen zurückgezogen hat, war dieses hin und her. Mal da, mal da paar Jahre da, dann paar Jahre da. Immer dieses Neuanfang, das hat schon seine Seiten gehabt und das hat man gespürt. Also das hat ein bisschen gestoppt, so, um voranzukommen, wirklich. Vielleicht wäre ich von klein auf wirklich hiergeblieben, dann wäre es vielleicht noch besser für mich gewesen, obwohl, ich kann mich ja jetzt nicht beschweren oder so, ich leide nicht an lesen, schreiben oder ich habe, ich bin ja schon gebildet.

Speaker 1 [01:03:20]

Was würdest du noch so ändern, wenn du die Chance hättest?

Speaker 2 [01:03:31]

Meinst du jetzt Vergangenheit? Oder das, was sich als Abschiebungen geändert hat. Aber ich glaub, dann hätte man sich noch besser hier integriert und eingelebt und diese Zeit hätte man sich gespart in Rumänien. Wieder die Jahre und dann wieder hier, wieder alles neu aufzubauen, das war schon, wie gesagt, das war ein bisschen so n Rückschlag. Na aber ja, was will man machen, man muss weitermachen in meinem Leben.

Speaker 1 [01:04:12]

Gibt es etwas, was du gerne noch erzählen möchtest? Was ich jetzt nicht nachgefragt habe oder irgendwas, was wir vergessen habe?

Speaker 2 [01:04:32]

Nee, eigentlich möchte ich nichts mehr erzählen. Das Einzige, was sagen will, ist, dass ich froh bin, dass ich dieses Interview mitgemacht habe. Ja, dass ich so ein bisschen meine Lebensgeschichte erzählen konnte.

Speaker 1 [01:04:52]

Super Cassandra, ich danke dir für die Zeit für deine Geduld, für deine Lebensgeschichten, dass du das so erzählen konntest. Und wünsch dir noch alles Gute, alles Gute für deine Kinder, für deine Familie.

Speaker 2 [01:05:13]

Ja, sehr gerne. Vielen Dank, Tschüss.

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