Name der interviewten Person Anonym
Geschlecht Weiblich
Alter 39
Religion/Glaubenszugehörigkeit Islam
Herkunftsland Nordmazedonien
Herkunftsland der Eltern –
Kürzel DR3.1
LG/TZ LG
E.I.. [00:00:47]
Kannst du mir mal bitte von dein Leben erzählen?
DR3.1 [00:00:58]
Ja, erst mal Hallo. Mein Name ist [Name] vielen Dank, dass ich ehh an diesem Interview teilnehmen darf. Ich freue mich auch von mir und meiner Lebensgeschichte zu erzählen. Ich beginne am besten ganz am Anfang. Ich bin geboren am 28. 08 1984 in [Stadt in Nordmazedonien]. Das ist das ehemalige Jugoslawien, heute die Hauptstadt von Mazedonien. Und ehmm ich bin geboren als älteste Tochter von drei Kindern. Und habe bis jetzt eigentlich immer ein ganz gutes und erfülltes Leben gehabt, auch sehr behütet in einem familiären Kreis ehmm das Glück gehabt, dort hineingeboren zu werden (Pause). Ja, wie gesagt, ich bin in Mazedonien geboren, haben dort zeitweise gelebt bis zu meinem sechsten Lebensjahr. Ich habe dort nicht die Schule besucht. Ich habe einen Kindergarten besuchen können und da habe ich auch, sage ich mal, die ersten Diskriminierungen in meinen Leben feststellen können. Als sechsjähriges Mädchen wurde ich halt sehr oft auch dort als ehmm ja Roma beschimpft. Und so habe ich die erste Erfahrung im Leben gemacht, dass man als Roma eigentlich nicht eine vollwertige Person sein kann. Und ehmm nachdem haben meine Eltern das Land verlassen, haben sich entschieden, in Deutschland weiter Fuß zu fassen. Und so bin ich natürlich auch nach Deutschland gekommen. Mit sechseinhalb Jahren wurde ich auch eingeschult in Deutschland.
E.I. [00:02:58]
Ahmh.
DR3.1 [00:03:01]
[Stadt 1 in Deutschland] ist die Stadt, wo wir hingekommen sind. Und da habe ich das erste Mal direkt die erste Klasse besucht.
E.I. [00:03:10]
Okay, kannst du mir mal von deinen ersten Erfahrungen du hast erwähnt, jetzt in der in Mazedonien. Schon da hast du. Mit sechs Jahren oder fünf Jahren. Wie alt warst du. Hast du erste Diskriminierungserfahrungen oder etwas Ungewöhnliches da? Was? Was konkret? Kannst du mir erzählen? Wie war das für dich und was hast du da konkret?
DR3.1 [00:03:33]
Ja, also bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass das Wort Roma als für manche andere Menschen, die nicht Roma sind, als Schimpfwort auch benutzt wurden sind und bis dahin wusste ich auch nicht, das meine, dass mein Volk nicht so gut angesehen wird. Und mit jungen Jahren, ich meine, so eine 5-jährige Mädchen oder sechsjähriges Mädchen hat erfahren, dass das ihre, ihre Person nicht erwünscht ist und dass ich eigentlich nicht den gleichen Wertansatz habe wie die nicht Roma. Damals waren es die Mazedonier und ehmm wie Kinder halt so sind. Sie sind sehr ehrlich und aber auch gemein und haben mich halt beschimpft. Ja, du bist doch nur Roma, du bist nichts wert. Und da habe ich das erste Mal erfahren, dass ich nicht erwünscht bin bei anderen Kindern, die nicht Roma sind. Und da habe ich das erste Mal auch erfahren, diese ehmm, diese Klassen, die untereinander schon in früheren Jahren sortiert werden und dass man halt in diese Schublade gesteckt wird. Du bist Roma und du gehörst dahin und wir sind nicht Roma. Mit uns hast du nichts zu tun. Wir möchten auch nicht mit dir spielen. Und das war damals, wo ich das erste Mal erfahren habe. Auch diese Einsamkeit zwischen den anderen Kindern kein kein schönes Erlebnis.
E.I. [00:05:11]
Das war in den Ort, wo du gelebt hast. Also da draußen beim Spielen und ähh mit dem also die erste Freunde ne?
DR3.1 [00:05:20]
Das war tatsächlich in, in der im Kindergarten. Das nennt man heute so in Deutschland. Da habe ich das das erste Mal erfahren. Aber in meinen Umkreis, in meinem Freundeskreis, die nicht Roma sind. So habe ich so was nicht gespürt. Wir sind zusammen groß geworden, haben auch zusammengespielt und da habe ich diese Klassenunterschiede nie gemerkt. Bis dato wusste ich auch nicht, dass ich ja zu einem anderen Volk gehöre, weil für mich war das alles normal und jedes Kind und jedes andere Mädchen war für mich ein Mensch. Und da habe ich das erste Mal gemerkt Oh du, du gehörst nicht dazu, du du bist. Es gibt einen Unterschied. Und diesen Unterschied habe ich da festgestellt.
E.I. [00:06:05]
Also, wenn ich das hier schreibe. Ich mache mir nur Notizen.
DR3.1 [00:06:07]
Alles gut (Lacht).
E.I. [00:06:09]
Okay. Und dann hast du erzählt, mit Sechs seid ihr mit deine Familie nach Deutschland gekommen?
DR3.1 [00:06:20]
Genau
E.I. [00:06:21]
Kannst du mir mal mehr davon erzählen? Der Ankunft hier in Deutschland und alles andere?
DR3.1 [00:06:28]
Ja. Die Ankunft war sehr üblich für mich ehh sehr. Auch fremd. Natürlich. Ich ich habe mein Zuhause verloren. Ich habe meine meine Großeltern verlassen. Hmh. Natürlich ist das für mich wie jedes andere Kind erstmal sehr traurig gewesen, dass ich in ein fremdes Land gekommen, wo ich die Sprache nicht beherrsche, die Mentalität nicht kenne, keine Freunde auch von dem Zuhause und der Familie entrissen worden bin. Ich meine, ich war zwar mit meinen Eltern zusammen, aber ich bin in eine Familie hineingeboren, wo wir halt sehr viele ahm Menschen zusammen auch unter einem Dach gelebt haben. Und auf einmal waren alle Menschen weg und man ist in einem fremden Land alleine. Und diese Einsamkeit, die hat begonnen. Das war nicht schön. Ja, und wie das halt so ist. Wir sind im Sommer 91 hierhin gekommen und, hmm in Deutschland ist es so, dass man direkt nach der Sommerferien eingeschult worden ist, wie das auch so der Fall war bei mir. Ich wurde direkt eingeschult. Und bin in einer normalen Klasse reingekommen, wo viele deutsche Kinder sind und ehm ich als ein eizingstes Mädchen, was sage ich mal, eine andere Herkunft hat eine andere Haarfarbe, andere Augenfarbe. Und amh da habe ich dann auch direkt gemerkt, dass es nicht einfach wird für mich, weil ich ja schon den Hintergedanken gehabt habe, als ich in der ersten Klasse gekommen bin, du hast ja schon schlechte Erfahrungen gemacht mit deinem Hintergrund. Ahm. Vielleicht solltest du das hier nicht erwähnen, und da habe ich für mich begonnen, das zu verheimlichen. Das heißt, ich habe eine neue Identität für mich erfunden und habe von vornherein immer gesagt ich komme aus dem Land Mazedonien und ich bin Mazedonierin. Und dieses, ehmm und dieses Geheimnis behüte ich bis heute noch, und das werde ich auch im Laufe meiner Geschichte weiterhin erzählen, und es wird mich auch immer wieder einholen, aber es ist ein Geheimnis, mit dem ich lebe und das nie wirklich preisgebe, es sei denn, es ist ein Familienmitglied oder jemand, der mich, der mir sehr nah ist
E.I. [00:08:50]
Also es heißt jetzt immer noch heute Du lebst hier in Deutschland ehh und deine Identität wird hier nicht so richtig hm direkt geoutet, als Roma Frau. Sie sind eine erwachsene Frau, aber schon damals hat hier angefangen, dass du hier ehh quasi eine andere Identität wie du sagst, hat sie das nicht erfunden, sondern du kommst ja aus Mazedonien. Aber du hast ja gesagt, ich bin in Mazedonierin.
DR3.1 [00:09:18]
Genau
E.I. [00:09:19]
Also nicht ein eine Romni oder ein Roma
DR3.1 [00:09:22]
Nein. Meine eigentliche Herkunft habe ich nie verraten. Nein.
E.I. [00:09:27]
Ahm. Wie. Wie war das jetzt? Ich meine, deine Eltern. Welche Rolle hatten die da? Also, wenn du jetzt als Kleinkind. Komm ich wieder zurück die erste Erfahrung war jetzt in Mazedonien. Du bist du nach Hause gekommen? Hast du ja wahrscheinlich ja gefragt. Deine Eltern, was haben die darüber erzählt? Deine Eltern, wie ich das jetzt wahrscheinlich, du hast dich ja nicht gut gefühlt. Was haben sie dir denn dazu gesagt? Erstmal da, und dann weiter hin hier
DR3.1 [00:09:58]
Natürlich bin ich da zu meinen Eltern gekommen. Hat Ihnen das gesagt, dass mir das nicht gefallen hat und dass ich sehr verletzt dadurch bin und ich das eigentlich nicht so richtig verstehen kann, ahm mein Vater sagte dann zu mir Ja, das haben wir alle so gehabt und wir haben versucht, damit zu leben. Es ist schwierig und manchmal ist es auch gut, das zu verbergen. Und da wir jetzt nach Deutschland gezogen sind, ist es vielleicht gar nicht so schlecht oder verkehrt, das erst mal zu verheimlichen, das heißt, ich als Kind bin nicht alleine auf diese Idee gekommen. Ehmm. Meine Eltern haben natürlich das vorgeschlagen und leben das auch und die leben das auch bis heute, zu dem heutigen Zeitpunkt leben die das auch. Also wir haben das als Familie gemeinsam auch entschieden, dass wir uns nicht vor der Öffentlichkeit outen.
E.I. [00:10:53]
Das ist immer noch so?
DR3.1 [00:10:55] Dass es immer noch so Ja.
E.I. [00:10:59]
Okay. Was weißt du über deine Familie und deine Vorfahren?
DR3.1 [00:11:06]
Ja, meine Vorfahren. Bis zu welchem Grad? Vorfahren.
E.I. [00:11:12] Das, was du weißt.
DR3.1 [00:11:13]
Also sollte man erzählen ja.
E.I. [00:11:15]
Opa, Uropa, oder? Wenn du jetzt Uropa weißt. Was du da weißt.
DR3.1 [00:11:20]
(lacht) Ich erzähle von der Familie, die ich kennenlernen durfte. Und ehh davor. Die Generation oder die Vorfahren kenne ich nicht nur vom Hören her,.
E.I. [00:11:35]
Ja.
DR3.1 [00:11:36]
Und ich erzähle von meinen Großeltern. Am besten in dem Haus, wo ich auch geboren bin. Mein mein Großvater war ein stattlicher Mann, hat in einem Vorort gelebt ehh, hat, ist seine Arbeit nachgegangen, hat ehh einen Vollzeitjob gehabt. Meine Großmutter hat das gleiche auch vorgelebt. Also ganz normale Vorstadt, Menschen, die ein normales, geregeltes Leben geführt haben, sind weder noch in gewissen Klischees in Schubladen hineingefallen. Also keine Kriminalität oder irgendwelchen anderen Geschehnissen sind ganz normale Menschen gewesen, wie jeder andere, die in diesem Vorort auch gelebt haben. Wenn man das vom Bild hersehen würde, hätte man diese Menschen nicht unterscheiden können von den nicht Roma. Und das war für mich damals als Kind schon unvorstellbar, dass wir eine andere Klasse Menschen sind, auch wenn mein Großvater vielleicht ein besseres Auto gefahren hat oder das Haus viel schöner hatte als die nicht Roma nebenan amh.
E.I. [00:12:50]
Mhmh.
DR3.1 [00:12:51]
Aber dadurch, dass er diese Klassen Differenzierung hatte, wurde er immer damit runtergemacht. Und so erging es meinen Großeltern und meinen Eltern.
E.I. [00:13:09]
Zu dieser Informationen Hast du jetzt von deinen Eltern oder kannst du dich noch erinnern an deine Großeltern?
E.I. [00:13:16]
Ja, ich kann mich teilweise auch erinnern, dass mein Großvater Ich durfte ihn im Krankenhaus für einen Tag besuchen, als kleines Mädchen.
E.I. [00:13:27]
Bei der Arbeit.
DR3.1 [00:13:27]
Weil ich habe bei der Arbeit. Genau. Er hat im Krankenhaus als Pfleger gearbeitet und durfte mich einen Tag mitnehmen, weil ich so interessiert an seiner Arbeit war, wollte einfach nur wissen, was mein Großvater den ganzen Tag im Krankenhaus treibt. Und da habe ich dann auch gemerkt, dass seine Arbeitskollegen ihn als das Wort Zigan übersetzt auf Deutsch Roma beschimpft haben, in einer ironischen, vielleicht nicht direkt diskriminierend oder beleidigende Art, aber das Wort Zigan ist gefallen und das hat mich schon damals gestört. Also wieso würde, wieso wird ein Mann in diesem Alter so beschimpft oder gerufen? Ich habe den Zusammenhalt vielleicht nicht verstanden, genau als Kind, aber so im Nachhinein ist das wahrscheinlich so ein umgänglicher Jargon gewesen in, in zwischen den Arbeitskollegen. Aber das hat mich gestört.
E.I. [00:14:33]
Also Zigan ist das übersetzt das Z Wort.
DR3.1 [00:14:37]
Das Z Wort genau Zigeuner.
E.I. [00:14:38]
Bedeutet, ja auf die mazedonische Sprache?
DR3.1 [00:14:41]
Genau.
E.I. [00:14:43] Hmh. Und schon lange hast du ja schon von diesem Wort gehört und sagt Hat dich schon mal gestört?
DR3.1 [00:14:49]
Das hat mich sehr gestört. Jan Mein Großvater ist in meinen Augen ein besonderer Mensch gewesen und auch hoch angesehen. Und dass jemand anderes ihn so genannt hat, hat mich sehr gestört. Ja.
E.I. [00:15:08]
Welche Beziehung hatten deine Großeltern? Zu deine Eltern und so andere Mitglieder der Roma Community.
DR3.1 [00:15:21]
Also insbesondere meine Familie, also meine Großeltern und meine Eltern haben, seitdem ich denken kann, nicht wirklich den Bezug zu anderen Roma Familien gehabt. Wir wir entsprechen nicht den den Roma Bild, was man vielleicht so kennt oder gehört hat. Wir waren auch immer eher distanziert zu den anderen Roma Familien, haben den den Kreis gemieden gemieden. Würde ich jetzt mal so behaupten. Nur zu den engsten Familienmitgliedern hatten wir die ehmm Beziehung gepflegt, so haben wir sehr distanziert gelebt und haben eigentlich eher das, hmh ja vielleicht das westliche Leben, was man so jetzt hier in Deutschland kennt, schon damals in Mazedonien gelebt.
E.I. [00:16:18] Du hast hier erwähnt, dass bevor du nach Deutschland kamst, ihr habt gewohnt, mehrere größere Familie zusammen und dann aus dir hier kammst in Deutschland. Dann wart ihr quasi alleine. Nur du deine Eltern. Kannst du dich noch erinnern? Da, wie lebt ihr da? Wie habt ihr da so gelebt? Habt ihr nicht in so eine Lebensart Respekt gehenden Eltern und so, engste Familie oder irgendwelche Traditionen erinnerst du dich an etwas nicht? Das habt ihr das. Kannst du mir etwas darüber erzählen?
DR3.1 [00:16:57]
Ja, natürlich. Ehmm. Also, es ist vielleicht nicht unbedingt Kultur oder Tradition, wie man das denkt, aber der Respekt vor älteren Familienmitgliedern sollte man schon haben. Und das wurde uns als Kinder viel beigebracht und auch so, dementsprechend haben wir das auch so gemacht und leben das auch bis heute noch aus. Obwohl wir das Land eigentlich verlassen haben und in ein anderes Land gezogen haben, haben wir unseren Respekt nicht verloren vor unseren älteren Familienmitgliedern. Also das ist schon ganz wichtig. Bei uns.
E.I. [00:17:36]
Also heute immer noch.
DR3.1 [00:17:38]
Heute immer noch.
E.I. [00:17:40]
Okay. Ja. Wie kannst du die Beziehung zwischen deine Großeltern und deine Eltern beschreiben?
DR3.1 [00:17:51]
Ja, eigentlich ist es eine ganz enge und verbundene Beziehung gewesen. Gewesen ist der Punkt, wo ich sagen meine Großeltern leben heutzutage nicht mehr. Kann man vielleicht daraus entnehmen. Hmh. Es ist immer so gewesen, dass meine Großeltern natürlich viel zu sagen hatten im Haus ist ja auch selbstverständlich, sind ja auch die Ältesten. Und meine Eltern haben viel Wert daraufgelegt, was die Älteren sagen. Und das würde ich jetzt nicht behaupten, dass das Typisch Roma Tradition ist, als wenn man aus einem guten Hause zu Hause kommt, ist das so und das kenne ich auch von ganz vielen deutschen Familien, so dass man halt den Respekt vor älteren Menschen hat und auch dementsprechend auch auf die Sage ich mal Wert legt, dass man sagt, die Beziehung zu meinen Eltern, meinen Großeltern war eigentlich sehr familiär, sehr eng und sehr verbunden. Ja.
E.I. [00:18:55]
Siehst du ahh Ähnlichkeiten oder welche Unterschiede siehst du zwischen deine Großeltern und deine Eltern?
DR3.1 [00:19:04]
Natürlich gibt es Unterschiede. Ehm, erstens ist das eine ganz andere Generation. Wiederum, sprich es springt die Generation um eine ganz andere Generation wieder ahh und man passt sich der Situation an dem Leben an und der Zeit auch an, mag sein, dass meine Großeltern vielleicht anders gedacht haben, aber das entsprach natürlich der Zeit, in der sie gelebt haben. Meine Eltern haben viel übernommen, was meine Großeltern vorgelebt haben, aber auch anders umgewandelt in der Zeit die, die jetzt gerade leben. Und meine Generation wiederum hat auch viel vorgelebt und auch viel übernommen, aber wiederum auch eine ganz andere Zeit. Wir passen uns der Zeit an.
E.I. [00:19:59]
Wie siehst du das? Was ist für dich diese ältere Zeit ist mehr, ist dir mehr wichtig oder eher. Jetzt sagst du ist ja besser, wir haben uns jetzt mehr angepasst an der Kultur und an die Zeit. Was ist für dich persönlich da besser was, was denkst du? Was ist am besser diese ältere Zeit, Traditionen von früher oder jetzt die heutige so persönlich für dich?
DR3.1 [00:20:26]
Für mich persönlich ist nicht ein großer Unterschied, was früher und heute anbelangt. Das heißt aber nicht, dass wir sehr veraltet oder altmodisch leben. Ehmm es ist, ich muss es wiederholen, es ist wirklich der Zeit angepasst. Aber die Erfahrung von den Großeltern und den Eltern, die einen mitgegeben haben, habe ich mitgenommen und die meiner Zeit heute angepasst. Das Leben in Deutschland ist natürlich ganz anders gewesen als das Leben in Mazedonien. Ich kann das leider nicht ganz beurteilen, weil mir da die Erfahrung fehlt und ich noch sehr jung war und in Deutschland quasi großgeworden bin. Kann ich das nicht genau differenzieren.
E.I. [00:21:19]
Kannst du mir mal ein bisschen mehr von deiner Kindheit erzählen?
DR3.1 [00:21:25]
Meine Kindheit in Mazedonien war sehr aufregend. Frei. Ich habe sehr viele Freunde gehabt in der Zeit. Und ich hatte ähmm da dieses Wort Einsamkeit nie gespürt. Weil wie gesagt, wir sind mit vielen verschiedenen Familienmitglieder zusammen gewesen und ehmm es war einfach eine super tolle Zeit. Keine Frage. Und wenn ich mir das wünschen würde, hätte ich das weiterhin so gehabt. Aber diese Freiheit, die ich da erlebt habe, habe ich in Deutschland als Kind nicht mehr erleben können.
E.I. [00:22:16]
Das heißt, wenn Sie jetzt nach Deutschland gekommen bist, dann hast du dich hier einsam gefühlt.
DR3.1 [00:22:20]
Sehr einsam? Ja.
E.I. [00:22:23]
Nicht frei.
DR3.1 [00:22:24]
Nein, bis heute nicht.
E.I. [00:22:27]
Kannst du mir sagen, wieso? Wieso fühlst du dich nicht frei? Was ist da so konkret?
DR3.1 [00:22:32]
Genau. Obwohl ich diese schlechte Erfahrung in Mazedonien gemacht habe, mit der Diskriminierung meiner meiner, meines Volkes, habe ich dennoch dort diese Freiheit mehr empfunden, wie die hier in Deutschland. Es war einfach ein ganz anderes Leben. Vielleicht lag es auch daran, dass wir ja etwas glücklicher waren, weil wir alle zusammen waren. Und als wir nach Deutschland gekommen sind, waren wir quasi alleine. Und das hat vielleicht viel geprägt und ehmm dieses, ja, diese Harmonie auch ein bisschen dadurch unterdrückt.
E.I. [00:23:18]
Es heißt. Wenn du jetzt. Du hast ja auch gesagt, bis heute immer noch nicht. Das heißt bis heute immer noch nicht fühlst du diese Freiheit nicht?
DR3.1 [00:23:27]
Nein, nicht wirklich. Nein. Auch unter anderem, dass wir uns hier nicht outen, dass wir eigentlich so versteckt leben und dass wir auf jedes kleine Detail achten, dass das nicht sag ich mal preisgegeben wird.
E.I. [00:23:44]
Also, das heißt. Interessant, du bis jetzt eine erwachsene Frau, und immer noch fühlst du das nicht? Hier, diese Freiheit in Deutschland?
DR3.1 [00:23:55]
Nein.
E.I. [00:23:56]
Okay. Wie war es für dich hier? Die erste. Du hast hier angefangen zu erzählen von deinem ersten Schultag in Deutschland?
DR3.1 [00:24:12]
Ja.
E.I. [00:24:12]
Kannst du mir mal mehr davon erzählen? Wie war das für dich jetzt? Weiterhin.
DR3.1 [00:24:19]
Ja, wie gesagt, der erste Schultag in Deutschland war natürlich aufregend. Ich bin eine wissbegieriges Kind gewesen, wollte viel lernen und auch die Sprache, die war mir sehr fremd. Und das war für mich eine Möglichkeit, wo ich für mich gesehen habe, da wirst du was lernen und da wirst du auch weiterkommen, weil ich hier die Sprache gar nicht verstanden habe. Du nicht. Und das war die Möglichkeit für mich, und der erste Schultag war natürlich auch sehr anders für mich wie für die anderen Kinder. Es hat damit begonnen, dass alle Kinder eine Schultüte hatten. Und das war natürlich sehr schlimm für mich. Ich hatte keine. Es lag aber nicht daran, dass meine Eltern mir keine kaufen wollten oder dass wir das Geld nicht dafür hatten. Meine Eltern wussten das nicht, sie wussten nicht, dass eine Schultüte ehh gebraucht wird. Sie kannten diesen Brauch nicht. Und da hat man dann wieder gesehen Ja, es ist ein fremdes Land, sind fremde Kulturen, fremde Bräuche und man muss sich hier schnell wie möglich anpassen, weil das Kind dann auch dadurch leidet, und das war für mich auch wieder ein Erlebnis, wo ich, hmh, ja traurig war, ich hatte keine Schultüte.
E.I. [00:25:46]
Ja, die wussten ja nicht. Aber trotzdem war sie traurig.
DR3.1 [00:25:49]
Ja, natürlich.
E.I. [00:25:52] Und ehm wie wurdest du dann aufgenommen in der Klasse? Also, wie war das für dich? Du kanntest die Sprache nicht?
DR3.1 [00:26:00]
Nein, ich konnte die Sprache gar nicht. Hab natürlich paar Wörter in der Zeit, wo wir vor der Schule waren aufgeschnappt und hatte die dann auch natürlich auch mit eingesetzt, um überhaupt Kontakt zu finden mit den anderen Kindern. Das ist mir aber auch schnell gelungen. Ich wurde eigentlich sehr gut in der Klasse aufgenommen. Auch als kommunikativ hat man das irgendwie unter Kinder geschafft, sich zu verstehen, ich habe auch innerhalb von ein paar Wochen nicht fließend Deutsch gesprochen, aber habe viel verstanden und somit habe ich mich wirklich ganz schnell integrieren können und habe auch Anschluss gefunden und hatte auch Freunde, natürlich ist das kein Vergleich gewesen, was ich in der Heimat hatte, aber es war trotzdem in Ordnung für mich, ich hatte Freunde gefunden und das war ein Riesenerfolg für mich, für jemanden, der, sage ich mal, jetzt gekommen ist und ganz alleine dastand und zwei Wörter Deutsch konnte, das war schon eine große Erfolgs (lacht) für mich.
E.I. [00:27:18]
Warst du dann mit diese Freunde weiter befreundet in der Schule?
DR3.1 [00:27:21]
Teilweise sind wir heute noch Freunde.
E.I. [00:27:23]
Ja?
DR3.1 [00:27:23]
Es ist schon ein… Ja, ja, also wir sind teilweise noch befreundet. Man sieht sich zwar nicht mehr so häufig, aber man bleibt im Kontakt, und dank Social Media sind wir alle miteinander noch verbunden.
E.I. [00:27:38]
Na super, hmm bist du dann, wenn du dann an deine erste zu Hause gedacht hast, als du hier warst. Was hast du in der gedacht von der ersten zu Hause wieder zurück in Mazedonien?
E.I. [00:27:58]
Wie war das?
DR3.1 [00:27:59]
Mein erstes Zuhause in Mazedonien?
E.I. [00:28:04]
Ja.
DR3.1 [00:28:04]
Was das in mir ausgelöst hat? Ja. Geborgenheit, Liebe und Freiheit, Zusammengehörigkeit.
E.I. [00:28:19]
Wolltest du dann zurück gehen?
DR3.1 [00:28:21]
Ja, ja, das war mein erster Gedanke, als wir Deutschland betreten hatten, hatte ich meine Mama gefragt Und wie lange bleiben wir jetzt hier? Wann gehen wir wieder nach Hause? Ich möchte nach Hause gehen. Das, hm das ist nicht mein Zuhause.
E.I. [00:28:38]
Ging das lange so?
DR3.1 [00:28:41]
Das ging sehr lange. Ja, weil wir hatten auch nicht direkt eine Bleibe gehabt in Deutschland, wir sind erst bei meiner Tante angekommen, die schon etwas länger in Deutschland gelebt hat, als Zeit, also als Gastarbeiter hier nach Deutschland gekommen ist und einen festen Wohnsitz hatte. Und die hatte uns erst mal aufgenommen und anschließend sind wir in einen Einrichtung gekommen in [Stadt 1 in Deutschland], das, das nennt man Asylantenheim, da haben wir ein Jahr lang gelebt. In der Zeit wurde ich auch eingeschult. Das heißt, es war ein Zimmer, vielleicht um die 20 Quadratmeter, wenn nicht weniger, das kann ich jetzt so nicht so richtig beurteilen. Aber man muss sich vorstellen, es gab damals meine Eltern, mich und meine jüngere Schwester, und wir haben zu viert in diesem kleinen Zimmer gelebt, das Zimmer hatte vier Betten, ein Waschbecken und eine Tür nach außen, und in diesen Asylantenheim hatten sich zig Familien befunden, die aus verschiedenen Herkünften gekommen sind, teilweise ganz viele verschiedene Sprachen, die man gar nicht unterscheiden konnte oder verstehen konnte. Also das war schon wirklich sehr beängstigend für mich damals. Und das als Zuhause zu empfinden. Konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
E.I. [00:30:17]
Das heißt, ihr seid als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen?
DR3.1 [00:30:21]
Genau. Als Flüchtlinge.
E.I. [00:30:23]
Du hast erwähnt, 91 ist ja Krieg im Bürgerkrieg in Jugoslawien. War das der Grund? Warum seid ihr geflüchtet aus dem Land?
DR3.1 [00:30:36]
Ja. 1991 hatte der Bürgerkrieg in Jugoslawien damals begonnen. Allerdings waren wir in Mazedonien etwas davon verschont. Aber man wusste ja nicht ganz genau, wie die Situation sich ehh entwickeln wird. Und daher beschloss meine Familie, das Land zu verlassen. Und nicht nur ich, sondern die gesamte Familie hatte das Land verlassen und nur meine Großeltern sind zu Hause geblieben.
E.I. [00:31:10]
Ja. Dann wart ihr in einem Flüchtlingsheim. Wie lange habt ihr dort gelebt? In diesen heim?
DR3.1 [00:31:19]
Ein Jahr lang.
E.I. [00:31:20]
Ein Jahr?
DR3.1 [00:31:20]
Ein Jahr lang haben wir da gelebt. Unter Vorbehalt immer wegzuziehen und was Besseres zu finden. Viele Familien haben die Sozialhilfe in Anspruch genommen. Da wurde auch Essensausgabe. Also man hatte eine Essensausgabe, da wurde auch Essen verteilt, das ehmm haben wir nie in Anspruch genommen, weil wir uns das im besten Willen nicht vorstellen konnten, einfach sich anzustellen, irgendwo und Essen zu verlangen. Ich weiß noch heute, dass mein Vater sich kurz darauf, wo wir angekommen sind, auf den Weg gemacht hat und wirklich von Firma zu Firma gelaufen ist, wir hatten weder noch Fahrrad, Auto oder sonst irgendetwas, und hat versucht, einen Job zu finden, egal was es war oder was er machen sollte, ob er dafür Qualifikation hatte oder überqualifiziert qualifiziert war. In den meisten Fällen war es, hat er versucht, einen Job zu finden, um Geld zu verdienen, um uns aus diesen Asylantenheimen quasi rauszubringen, das ist ihm sehr schnell gelungen, er hat einen Job gefunden in einer Bäckerei und hat die Nachtschichten dort gemacht, die war natürlich nicht begehrt. Die Nachtschichten für andere Mitbürger, also deutsche Mitbürger, und dementsprechend hat er die dann genommen, weil das war seine Chance und die hat er ergriffen und hat das in Anspruch genommen, nur um Geld zu verdienen, um uns quasi da rauszubringen. Das hat ein Jahr gedauert, bis er dann genug Geld zusammen hatte und eine Wohnung für uns dann mieten konnte, wir haben dann eine Wohnung bekommen, es war eine ganz kleine Wohnung, wir hatten auch kein Kinderzimmer, wir haben auch wieder in einem Schlafzimmer schlafen müssen, mit meiner Schwester und meinen Eltern zusammen, aber wir waren sehr glücklich, dass wir das Asylantenheim verlassen durften, wir hatten dann endlich wieder Ruhe, Harmonie und vor allem ein eigenes Bad, das hatten wir vorher nicht, das mussten wir uns mit den anderen Familien teilen, das war sehr schwierig für mich oder meine Mutter, sie hat sich da immer ein bisschen unwohl gefühlt.
E.I. [00:34:01]
Wie war die erste zu Hause, da für euch. Wie haben, wie, wie haben euch die Nachbarschaft da wahrgenommen? Die Nachbarn? Also, ihr seid da eingezogen und?
DR3.1 [00:34:15]
Ja, wir sind da eingezogen, die Nachbarschaft hatte uns ja sehr forsch angeguckt und haben auch erst mal uns nicht begrüßt. Und dann hat man auch gehört das sind Ausländer, die haben mal schwarze Haare, Öl Auge. Das hat man dann auch direkt gemerkt, dass wir nicht direkt willkommen waren.
E.I. [00:34:41]
Öl Auge?
[00:34:42]
Öl Auge, das ist ein Begriff, das wird ganz oft im Ruhrpott genannt und so werden die die Leute oder Menschen mit braunen Augen genannt.
E.I. [00:34:54]
Das höre ich zum ersten Mal, wirklich,
DR3.1 [00:34:56]
Ja, das ist, das ist tatsächlich ein Standartbegriff hier in Ruhrpott.
E.I. [00:35:00]
Okay.
DR3.1 [00:35:00]
Und damit wurde ich sehr oft konfrontiert, ein Öl Auge zu sein.
E.I. [00:35:08]
Hmm. Das ist wie ein… ist das wie ein Schimpfwort?
DR3.1 [00:35:11]
Das ist für mich ein Schimpfwort. Ja. Weil es gibt ja auch ganz andere Menschen, sage ich mal, auch deutsche Menschen, die braune Augen haben. Die werden halt nicht als Öl Auge beschimpft.
E.I. [00:35:23]
Okay.
DR3.1 [00:35:23]
Aber in der Kombination mit deiner Herkunft wirst du dann als Öl beschimpft.
E.I. [00:35:29]
Das heißt, die Leute, die jetzt braune oder schwarze Augen haben, die werden also Öl Auge genannt.
DR3.1 [00:35:37]
Ja. Öl Auge
E.I. [00:35:38]
Okay, was Neues. Habe ich auch was gelernt heute, ja. Hmm, Wie lange haben Sie jetzt dort gelebt, da in diesem Haus?
DR3.1 [00:35:52]
Wir haben relativ sehr lange gelebt, ähm. Es waren, ähm. Ich müsste mal kurz zusammen, um die sieben, acht Jahre haben wir da gewohnt in demselben Haus, allerdings haben wir mit der Zeit sind wir dann in einer größeren Wohnung, die sich mit dem Haus befunden hatte, umgezogen, weil mit der Zeit wurde es ja schon eng mit zwei Kindern in einer Ein Zimmer Wohnung zu leben, und da die Vermieterin eigentlich sehr gut in der Zeit sich mit meinen Eltern auch angefreundet hatte, hat uns dann diese Wohnung gegeben. Es war relativ sehr schwierig damals als Asylant, wir hatten ja keine Papiere auch gehabt ne. Das heißt, wir hatten unter Duldung in Deutschland gelebt und wurden immer wieder verlängert. Das heißt, wir durften das Land ja nicht verlassen. Wir durften ja auch noch nicht mal in Nordrheinwestfalen verlassen. Solange man in Duldung lebt, und es war wieder wirklich sehr schwierig, dann eine Wohnung zu finden mit Papieren, die immer wieder verlängert werden müssen. Kann man sich ja heutzutage vorstellen, wer würde so was nehmen in seiner Wohnung, und dadurch, dass wir einen sehr guten Kontakt zu der Vermieterin gepflegt hatten, hatte sie uns dann diese größere Wohnung gegeben, die war natürlich viel größer, viel schöner. Da haben wir dann das erste Mal auch ein Kinderzimmer gehabt.
E.I. [00:37:32]
Das war dein erstes Kinderzimmer?
DR3.1 [00:37:33]
Das war mein erstes Kinderzimmer mit meiner Schwester zusammen, ja, das war ja ein Glücks Erlebnis, es war schön.
E.I. [00:37:43]
Also, da hast du gute Erinnerungen, also Schöne Errinerungen?
DR3.1 [00:37:46]
Ja, Schöne, ja, sehr schöne Erinnerungen. Ja, da hatte uns auch die Nachbarschaft auch etwas akzeptiert, nach zwei, drei Jahren hat es gedauert, bis sie dann eingesehen haben okay, das ist eine vernünftige Familie.
E.I. [00:38:03]
Öl Auge aber (lacht).
DR3.1 [00:38:07]
Ja, Öl Auge. Also eine vernünftige Familie, die arbeiten, Kinder gehen zur Schule. Keine größere Kriminalität oder so was, die Kinder gehen auch pünktlich ins Bett, also ganz normales Leben. Was wir auch vorher in Mazedonien gelebt haben, haben wir ganz normal in Deutschland weitergelebt. Es war kein großer Unterschied für uns, nur dass es ein anderes Land war.
E.I. [00:38:32]
Und wieso erwähnst du das gerade, dass die Nachbarn, die haben hier solche Erwartungen gehabt, dass die Kinder jetzt nicht pünktlich ins Bett gehen, dass die Familie kriminelle Sachen macht? War das jetzt so vor erwartet oder wieso genau hast du diese Information?
DR3.1 [00:38:50]
Genau die, die Ausländer haben ein gewisses Klischee in Deutschland, was teilweise natürlich dem entspricht, aber eher nicht alle in diese Schublade gehören. Und das ist immer der erste Kontakt. Denken die deutschen Mitbürger halt direkt Ausländer gleich Klischee, Kriminalität, größere Partys auch zu Hause, Kinder gehen pünktlich ins Bett, dass das gar nicht diese also wir haben gar nicht dieses, diesem Bild entsprochen. Aber so denken viele deutsche Mitbürger von vielen Ausländern und wo sie dann nach einer gewissen Zeit die Familie kennenlernen und sich dann denken Ach ja, das sind ja ganz normale Menschen wie alle anderen auch.
E.I. [00:39:44]
Und die Nachbarn da haben nicht gewusst, dass die Roma seit?
DR3.1 [00:39:50]
Nein.
E.I. [00:39:51]
Hätten die gewusst, dass ihr Roma seit: Was meinst du, wie wäre es das?
DR3.1 [00:39:56]
Das wäre natürlich nicht schön für uns gewesen. Vielleicht hätte es noch länger gedauert, dass wir angenommen werden. Und vor allem von der Erfahrung her als Mazedonier haben wir ja schon Schwierigkeiten gehabt, überhaupt in der Gesellschaft aufgenommen zu werden. Und wenn man von Anfang an sich präsentiert hätte als Roma, hätte man vielleicht gar keine Möglichkeiten gehabt, in der Gesellschaft aufgenommen zu werden. Das ist meine Befürchtung. Bis heute noch.
E.I. [00:40:28]
Okay. Also, was haben dir deine Eltern über die Roma Community erzählt. Was weißt du, über die Roma allgemein?
DR3.1 [00:40:42]
Ja.
E.I. [00:40:43]
Also wir haben viele Unterschiede zwischen den Roma, ne. Roma aus Mazedonien, Roma aus der ganzen Welt und auch deutsche Roma, und so weiter und sofort.
DR3.1 [00:40:57]
Also meine Eltern haben mich eigentlich immer, sage ich mal, von anderen Roma Communitys ferngehalten, weil sie selber auch der Meinung sind, wenn du mit dieser Community sehr eng befreundet bist oder in den Kreisverkehrst, wirst du vielleicht in den. Ja, um das vorsichtig auszudrücken, aber dann, dann passt du dich ja vielleicht den Community an und gehörst dann zu dieser Schublade, die eigentlich nicht gerne gesehen wird. Und meine Familie hat immer versucht, ja das westliche Leben, was ich am Anfang schon gesagt habe zu leben und nicht unbedingt das Roma Leben. Das Roma leben ist jetzt nicht schlimm oder gar schlecht, aber es ist halt ehmm sehr speziell. Und wenn man das Roma Leben auslebt, kann man sich ja dem westlichen Leben gar nicht richtig anpassen. Es passt dann nicht zusammen. Es sind zwei verschiedene Welten.
E.I. [00:42:07]
Findest du das Roma Leben schön oder eher nicht?
DR3.1 [00:42:12]
Also ich lebe natürlich das westliche Leben, was man mir vorgelebt hat, das lebe ich weiterhin und ehh schön, ich finde es nicht schlimm, aber ich würde es nicht gern erleben.
E.I. [00:42:32]
Also das heißt, wenn man sich jetzt, wie man das Leben lebt. Wird man erst mal direkt geoutet als Roma.
DR3.1 [00:42:40]
Richtig.
E.I. [00:42:41]
Und das war auch der Grund. Wolltest du ja nicht dich outen also du wolltest ja nicht, dass die deine Umgebung, Nachbarn, Schulfreunden so weiter und so fort wissen, dass du eine bist. Und bloß findest du das jetzt das westliche Leben schöner, oder, du würdest gerne deine Identität sagen, aber eher nicht?
DR3.1 [00:43:09]
Ja, ich würde es tatsächlich gerne sagen, um der Welt auch zu zeigen, dass wir Roma nicht wirklich so sind, wie ehmm das alle behaupten, das würde ich tatsächlich sehr gerne manchmal hinausschreien und sagen Hallo, wir sind nicht alle so! Wir lieben ganz genau wie ihr alle anderen auch, und wenn ihr genau hinschauen würdet, würdet ihr überhaupt keinen Unterschied erkennen. Aber die Angst ist halt so groß, dass man nicht aufgenommen wird oder dass man dadurch Rückschläge erleidet, ist halt viel zu groß, um das tatsächlich mal aussprechen zu können.
E.I. [00:43:53]
Meinst du, dass das hier in Deutschland fällt? Dass die Leute in Deutschland wenig über die Roma Community wissen und über das Roma leben? Oder fehlt jemand, der das machen soll?
DR3.1 [00:44:09]
Es ist tatsächlich in Deutschland immer noch sehr veraltet, das Denken, was die Roma betrifft, sehr veraltet. Es wird ja auch teilweise sehr oft, ja, es widerspricht sich in dem Satz, aber es wird das Wort Zigeuner sehr viel benutzt, wenn man genau den Hintergrund des Wortes nachschlagen würde, würde man mit beiden Händen über den Kopf schlagen, sagen Oh Gott, so will doch keiner genannt werden. Aber es wird tatsächlich sehr viel benutzt und allein schon deswegen traut man sich das nicht zu sagen. Wenn das, wenn das anders wäre, wenn ehmm das deutsche Volk, sage ich mal, etwas moderner auf die Roma zugehen würde, und ehh dann würden die merken, dass eigentlich fast in jedem Kulturkreis, in jeder Verdienst Klasse, ob Mittelschicht, reich oder arm. Es befinden sich alle unter euch Roma, die sich nicht outen. Und dann, wenn wenn wir vielleicht alle uns outen würden, denn dann würde das vielleicht die Gesellschaft anerkennen und würden dann anders über uns denken. Aber ich glaube, da traut sich keiner.
E.I. [00:45:29]
Sich zu outen?
DR3.1 [00:45:30]
Ja.
E.I. [00:45:33]
Hmm es gibt sehr viele, die das machen. Meinst du, dass das nicht genug?
DR3.1 [00:45:42]
Nein, das ist nicht genug. Nein. Da muss schon viel mehr kommen, dass sich dann die Menschen unter anderem ich auch sich dann outen, dass sie Roma sind. Es ist einfach viel zu wenig.
E.I. [00:46:00]
Aber wenn sich die Menschen outen, so wie was fehlt das die andere Seite, dass sie anders wahrnehmen, dass die sagen Hey, also wie du eben das genannt hast Was fehlt, ist die andere Seite. Das versteht, wie du es eben gesagt hast, dass da von der anderen Seite auch gesehen wird, von Roma gibt es auch Leute, die ganz normal, also die sind. In jede Schicht klasse gibt es auch solche, solche, solche. Es gibt es sehr viele Studierte und so was fehlt ist da meiner Meinung nach nach.
DR3.1 [00:46:37]
So genau kann ich das nicht beurteilen. Vielleicht ist das das Problem, dass wir nicht genau wissen, was fehlt oder was wir brauchen, um uns auch zu outen. Die Gefahr dadurch. Ist, kann ich eher erklären und beurteilen, dass wir dadurch sehr viel Verlust haben. Das ist. Das ist eher, was ich beurteilen kann, aber was von der anderen Seite genau fehlt. Für. Das kann man nicht so richtig erklären.
E.I. [00:47:14]
Meinst du mit Verluste? Wenn sich jemand als Roma outet, wird er Verluste haben.
DR3.1 [00:47:20]
Natürlich.
E.I. [00:47:21]
Inwiefern?
DR3.1 [00:47:23]
In der ersten Linie ist, dass wir das beruflich. Wenn wir uns beruflich outen würden, dass wir da Rückschläge bekommen, das heißt Posten verlieren, sogar gekündigt. Das kann ja auch sein, oder, wenn irgendein Fehler Mag sein, begangen wird, das man dann halt direkt den Zigeuner unter den anderen direkt beschimpft, dass es das, wo man halt beruflich, sage ich mal in Anführungsstrichen Angst hat. Dann gibt es auch noch das private Umfeld, Nachbarschaft, das dann halt, dass man da abgekapselt wird. Und dann gibt es auch noch die Kinder, die in den Schulen sind. Die werden dann von anderen Kindern, sag ich mal, auch dadurch gehänselt oder gemobbt teilweise. Und das will man ja verhindern. Man möchte ja auch seine Kinder nicht unter diesen. Eigentlich schützen und schützt sie davor.
E.I. [00:48:25]
Du hast jetzt Kinder erwähnt, ich stelle dir gleich eine Frage, aber wo ich jetzt die Frage über die ich dir stellen möchte, ich komme ja zurück an das, was du eben gesagt hast, wenn man sich outet. Als Roma wird man es mal, wenn jemand einen Fehler macht, wird er direkt, wird er der, ne sagen wir mal mit Z genommen wird, unter die. Finger genommen die Augen, das man da sieht. Das heißt. Auf deiner Arbeitsstelle. Wissen die nicht, dass du ein….
DR3.1 [00:49:05]
Nein.
E.I. [00:49:06]
Nein.
DR3.1 [00:49:07]
Nein. Also, ich kann ja was für meinen Werdegang erzählen. Vielleicht ist das auch etwas Interessantes, ich habe nach der zehnten Klasse meinen Realschulabschluss gemacht. Und habe dann die Lehre begonnen als Zahnmedizinische Fachangestellte. Eine klassische Lehre mit 17 Jahren, die erfolgreich abgeschlossen. Da habe ich relativ sehr wenig an Diskriminierungen oder was das an betrifft, erfahren, also da ging es mir wirklich sehr gut oder auch sehr gut aufgenommen von der Klasse und der Zahnarztpraxis, allerdings ehmm habe ich nach ein, zwei Jahren für mich persönlich entdeckt, dass mir die Zahnmedizin nicht wirklich Spaß gemacht hat, dass das vielleicht doch eine Fehlentscheidung war in den jungen Jahren und habe mich dann ein bisschen anders orientiert und habe mich umgeschaut und habe dann relativ sehr schnell Fuß gefasst in [Stadt 2 in Deutschland] und zwar bei einer Ortskrankenkasse. Weiß nicht, den Namen muss ich erwähnen oder.
E.I. [00:50:26]
Wie du magst
DR3.1 [00:50:27]
Die [Name der Krankenkasse], das ja schon in mir drin begonnen und da habe ich dann weiterhin als zahnmedizinische Assistenz gearbeitet und habe mich da dementsprechend hochgearbeitet als Facharbeiter für die zahnmedizinische Dentalbereich und in der Zeit natürlich auch eine zusätzliche Ausbildung noch mal als Sozial Fachangestellte absolviert und die auch erfolgreich beendet, und wie gesagt, da bin ich bis heute noch, in der Zeit habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Vielleicht ist es auch nur eine wichtige Sache, die ich erwähnt, wenn.
E.I. [00:51:09]
Du kannst ja alles erwähnen ich komme zu den Fragen. Aber wenn du schon jetzt angefangen hast.
DR3.1 [00:51:13]
Genau in der Zeit, wo ich als Zahnmedizinische Fachangestellte gearbeitet, habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Für mich stand das immer fest im Leben. Klare Sache, ich werde niemals einen Roma heiraten. Das war für mich immer klar. Weil für mich hat das Roma Bild von einem Mann nicht entsprochen. Das was ich später erleben möchte. Es ist halt sehr schwer für mich gewesen, in Deutschland jemanden zu finden. Der eine Roma ist, aber nicht Roma lebt. Das ist eine ganz schwierige Zusammensetzung, entweder bist du Roma, oder du bist es nicht. Aber etwas dazwischen, das gab es nicht. Und genau das bin ich. Und das war sehr schwierig für mich, jemanden zu finden, der meinen Prinzipien entspricht und mit dem ich ein Leben führen könnte. Und dann traf ich meinen Mann ganz zufällig, und er ist auch ein Roma und lebt genau diese Prinzipien, die ich auch lebe. Und das ist das, was mich an ihm fasziniert hat, dass es jemanden gibt wie ich, der nicht unbedingt mein Blutsverwandte ist lacht, aber es gibt tatsächlich jemanden, der ein Roma ist und aber nicht das Roma Leben führen möchte. Und für mich war es auch immer schwierig in den Beziehungen vor meinem Mann, das waren auch deutsche Freunde, die ich nie anvertraut habe, dass ich Roma bin, und das war für mich ganz schwierig, wie toll der Mann sein mochte, also für mich war es klar, ich kann jemanden nicht für ewig anlügen. Ich kann ihm nicht in die Augen schauen, sagen ich bin Mazedonierin wobei ich eigentlich was anderes bin, und ein Leben mit einem Mann zu führen in einem dunklen Geheimnis (Lacht), war für mich unvorstellbar, und da war es für mich klar Es wird schwierig für mich sein, einen Partner fürs Leben zu finden.
E.I. [00:53:34]
Hast du das jemals erzählt?
DR3.1 [00:53:36]
Nein.
E.I. [00:53:37]
Niemals?
DR3.1 [00:53:38]
Nein.
E.I. [00:53:40]
Also du hast. Du hattest das Gefühl, dass du. Du das nicht erzählen würdest und wurde da dein ganzes Leben mit Geheimnis. Und du meinst, wenn du das erzählt hättest, würdest du nicht akzeptiert oder würde diese Beziehung beendet, oder was?
DR3.1 [00:54:01]
Ja, wären viele Möglichkeiten gewesen. Klar, er hätte vielleicht eine Beziehung beenden können aufgrund dessen. Er hätte die Beziehung dann vielleicht nach paar Jahren beendet. Aufgrund dessen, weil meine Herkunft so ist, und dann ist es ja auch immer so, dass man nicht nur einen Mann heiratet, sondern auch die Familie mit heiratet, und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein deutscher Mann das vielleicht mit meiner Familie schaffen wird oder akzeptieren wird sogar,
E.I. [00:54:32]
Aber du würdest, du warst akzeptiert als eine Mazedoniern.
DR3.1 [00:54:39]
Genau.
E.I. [00:54:41]
Aber denkst du auch eine als eine Romni würdest du nicht?
DR3.1 [00:54:45]
Nein, das habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht, und das war der Grund für mich, dann diese Beziehung auch zu beenden, weil ich mit dieser Lüge nicht leben wollte.
E.I. [00:54:58]
Und deswegen hast du auch die Beziehung beendet?
DR3.1 [00:55:00]
Ja. Ich habe das Gefühl gehabt, dass das immer dazwischenstehen würde und dass es immer ein Problem geben wird.
E.I. [00:55:13]
Und das war für dich nicht richtig?
DR3.1 [00:55:15]
Das war für mich in dem Augenblick nicht richtig, auch einen Mann anzulügen, also den zukünftigen Partner anzulügen, das war für mich nicht richtig und auch vielleicht auch die Familie anzulügen, also nicht meine eigene, aber seine Familie, vielleicht hätte er das auch nicht unbedingt erzählen wollen, dass er eine Roma Frau hat.
E.I. [00:55:46]
Meinst du, dass eine Beziehung zwischen ein Roma und einem Deutschen funktionieren kann?
DR3.1 [00:55:53]
Natürlich. Das kann funktionieren, ja.
E.I. [00:55:57]
Kann aber von dieser Beziehung ein Ehe auch werden.
DR3.1 [00:56:01]
Ja, das könnte auch natürlich sein. Viele haben eine Mischehe, und manchmal auch sehr erfolgreich.
E.I. [00:56:10]
Ich meine wo die wissen auch, dass andre ja …
DR3.1 [00:56:12]
Auch, sage ich mal, wissen und sich geoutet haben und wo die Familien auch Bescheid wissen. Es gibt viele Ehen, die tatsächlich bis heute noch funktionieren.
E.I. [00:56:23]
Du darfst ja auch was trinken. Ist dir warm? Bedien‘ dich. Nicht, dass wir hier…
DR3.1 [00:56:30] Danke. Gerne ich trinke (lacht).
E.I. [00:56:32]
Ja so. Gehen wir zunächst die Frage. Wir sind jetzt dabei. Aber erzähl mir, wie hast du deinen Mann kennengelernt?
DR3.1 [00:56:44]
Wir haben uns im Internet kennengelernt. Nachdem ich mich von meinem Freund getrennt habe, war ich auch ein bisschen natürlich sehr deprimiert. Und so sind wir in Kontakt gekommen durch einen Chat, den es damals gab. Und für mich war sehr der Reiz an ihm, dass er von Anfang an preisgegeben hat, dass er Roma ist. Und das hat mich, etwas sage ich, auch beeindruckt, weil ich es ja nie getan habe. Aber dass es jemand anderes tat, war für mich reizvoll, um zu wissen Was steckt dahinter? Wer bist du?
E.I. [00:57:32]
Er wusste nicht, dass du ein Roma Mädchen ist. Und er hat sich direkt geoutet.
DR3.1 [00:57:37]
Ja, er hat sich geoutet, aber wusste nicht, dass ich auch einer bin. Er dachte, ich wäre Mazedonier. Und da er wusste, dass ich Mazedonier bin, hat er gedacht Ach ja, sie weiß es ja dann, dass ich Roma bin und hatte sich direkt geoutet. Aber seine Sachen, sein Umgang und seine Sprache und wie er sich wie er sich gegeben hat, war nicht so typisch Roma. Und das war der Reiz für mich, um diese Person näher kennenzulernen.
E.I. [00:58:10]
Ahmm. Meinst du, dass. Gibt es sehr wenige Roma. Hast du erwähnt, die jetzt in Roma sind, aber nicht ein Roma leben?
DR3.1 [00:58:26]
Ja.
E.I. [00:58:27]
Konkreter. Was meinst du genau damit genau?
DR3.1 [00:58:31]
Genau: es gibt sehr wenige von meiner Art, sage ich jetzt mal! Die anderen leben halt das klassische Roma, leben unter sich in diesen Kreis und nicht weiter hinauf. Um diese Diskriminierung auch zu umgehen, denke ich mir mal. Vielleicht auch jetzt nicht unbedingt, was gut sein muss, aber viele von denen sind halt nicht sehr viel gebildet. Das betrifft aber auch wiederum das Elternhaus, weil das ja auch nicht anders gekannt hat und sie immer dieses halt Leben ganz in ihren eigenen Kreis gelebt haben oder leben und nicht weiter hinauskommen wollen. Und dadurch ist auch die Bildungschancen dieser Kinder und den zukünftigen Kindern sehr gering. Und das war für mich, wo ich gesagt habe, ich möchte nicht in diesen Kreis reinkommen oder nicht damit zu tun haben. Hört sich jetzt schlimm an, aber ich möchte nicht in diesen Kreis aufgenommen werden. Ich möchte das andere Leben führen. Das sind dann halt diese Roma wie ich. Die sich dann entwickeln, sich der Gesellschaft anpassen. Vollkommen integrieren. Und das ist der Unterschied.
E.I. [01:00:07]
Also dein Mann lebt auch so?
DR3.1 [01:00:12]
Versucht es ja. Hoffentlich.
E.I. [01:00:16]
Ja. Okay. Die. Kannst du mir mal von deine Kindheitsfreundschaften erzählen? Also, wie war das für dich? Du hattest was Buch, was erwähnt, Kindheit, ein bisschen mehr da ein Einblick zu bekommen.
DR3.1 [01:00:34]
Ehmm, meine Kindheitsfreunde sage ich mal in Deutschland, in Deutschland? Ja, es war. Es war. Es war gut. Ich wurde direkt aufgenommen in der ersten Klasse. Da habe ich dann meine ersten Freunde auch direkt kennengelernt ehmm und es war immer ein bisschen schwierig für mich, weil ich die Sprache nicht so gut kann. Aber mit der Zeit habe ich natürlich gelernt und mich dementsprechend auch mehr anpassen konnte. Das gelingt natürlich Kindern sehr schnell, sich anzupassen, was den Erwachsenen heutzutage nicht gelingt. Und das hat mir natürlich Vorteile erschaffen und somit habe ich Freundschaften gepflegt, die bis heute noch anhalten. Und darunter sind auch viele in der Nachbarschaft gewesen. Die Kinder, die auch mit in der Klasse gegangen sind, waren auch natürlich unsere Nachbarskinder. Dementsprechend konnte man die Beziehungen noch noch intensivieren und auch die Eltern haben sich ehmm durch die Kinder Freundschaften entstanden, auch Eltern, Freundschaften. Und das hat natürlich dann noch mal die Freundschaften verstärkt. Also es war ein Hin und Her, man hat dann bei der Freundin übernachtet und die Freunde übernachten bei einem und man hat Ausflüge zusammen gemacht. Also es war ganz normale Freundschaften, wie jede andere Kinder in Deutschland auch. Es gab keinen Unterschied. Natürlich gab es den einen oder anderen, der etwas sag ich mal, diskriminierender auf einen gekommen ist. Darunter war auch ein ehmm Junge in der Klasse. Ich muss auch sagen, sein Vater ist Polizist gewesen in [Stadt 1 in Deutschland] und ehmm hatte etwas mehr zu sagen, sage ich mal unter anderen den Polizisten. Mehr kann ich dazu nicht sagen, in welcher Position er sich befunden hat.
E.I. [01:02:39]
Also der Junge hatte.
DR3.1 [01:02:40]
Der Junge, der Junge. Nee, der hat jetzt nicht viel zu sagen. Mich falsch ausgedrückt. Der Vater von ihm war Polizist und hatte eine eine höhere Position in der Polizei bei der Polizei gehabt und dementsprechend hat er sich auch ein bisschen immer anders benommen, dieser Junge. War so typisch Polizistenkinder.
E.I. [01:03:01]
Ahh okay.
DR3.1 [01:03:05]
Er hatte versucht, mich in der Klasse immer etwas runterzumachen. Mich beschimpft als Ausländer. Ich sollte doch bitte zurück in mein Land gehen. Wir waren gerade sieben oder acht Jahre alt. Da sagte er zu mir Bitte zurück in ein Land. Scheiß Ausländer! Ja, habe ich mir nur gedacht. Ich würde ja gerne gehen. Mir ging es ja auch gut bis dahin. Es ist ja nicht so, dass ich nicht freiwillig gekommen bin, aber das hat mich schon verletzt, weil ich mich eigentlich so ein bisschen eingelebt hatte. Und es ging aber auch so weiter, dass er mich auf dem Nachhauseweg angegriffen hatte und mich getreten hat. Ich bin gefallen. Natürlich war das ein großer Junge und ich war ziemlich zierlich und klein und bin gefallen. Und er hat nicht aufgehört. Er hat weiter getreten und er hat mich die ganze Zeit immer wieder als Ausländer beschimpft. Ich solle doch zurückgehen und wir sollen doch vergast werden. Und so weiter.
E.I. [01:04:16]
Einfach so, ohne Grund.
DR3.1 [01:04:17]
Einfach so, ohne Grund, Weil ich ein ausländisches Mädchen bin.
E.I. [01:04:24]
Hast du das deine Lehrerin gesagt, oder.
DR3.1 [01:04:27]
Ja. Ich bin natürlich weit nach Hause gerannt und habe das meinen Eltern erzählt. Mein Vater war außer sich, weil ich ihm auch gesagt habe, er hat mich als Ausländerin beschimpft und ich soll zurückgehen und wir sollen vergast werden. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, was das Wort vergast bedeutet. Sieben Jahre oder acht Jahre alt? Ich weiß es nicht mehr genau.
E.I. [01:04:51]
Aber er wusste schon?
DR3.1 [01:04:52]
Er wusste schon ganz genau, was er damit andeutet. Also einen ausländischen Mädchen zu sagen, du sollst vergast werden, ist schon sehr eindeutig, finde ich. Habe ihm das erzählt. Mein Vater wusste natürlich sofort, worauf er hinauswollte, dieser Junge, und ist am nächsten Tag direkt zur Schulleitung gegangen, hat das da offengelegt und denen mitgeteilt, was mir widerfahren ist auf dem Nachhauseweg von diesem Mitschüler und noch einem anderen Mitschüler, der ihn halt begleitet hat. Und daraufhin sind diese Jungen von der Schule geflogen. Ja.
E.I. [01:05:31]
Obwohl sein Vater…
DR3.1 [01:05:32]
Polizist war und der andere Junge auch.
E.I. [01:05:36]
Es waren zwei?
DR3.1 [01:05:37]
Es waren zwei Junge. Der andere ist der Haupttäter gewesen. Der andere war nur ein Mitläufer, denke ich mir mal, um Freundschaft zu. Ich denke mir, der hat nicht viel damit zu tun gehabt. Aber es ist ein Mitläufer gewesen. Ja.
E.I. [01:05:56]
Er wusste nicht, dass du ein Romamädchen bist. Er wusste nur, dass du ein Ausländer bist. Ja, Und trotzdem wollte er, dass du zum.
DR3.1 [01:06:09]
Ja, Ja. Unvorstellbar. Nur wegen meinen Äußeren. Hat er mich so angegriffen. Nur wegen meiner äußeren, also nicht wegen meinem Hintergrund.
E.I. [01:06:26]
Wie war das für deinen Vater? Für deine Mutter War die. Wie haben Sie sich da gefühlt?
DR3.1 [01:06:31]
Natürlich. Außer sich vor Wut. Erstens, weil sie mit den Gedanken nach Deutschland gekommen sind, dass wir ein besseres Leben haben sollen. Und dann widerfährt uns das genau wieder hier und mit noch schlimmeren Andeutungen, wie vergast zu werden. Für einen Roma ist das sehr schlimm. Ja.
E.I. [01:06:55]
Die Reaktion der Schule. Hattest du ein Gefühl, dass du dann Schutz hast, dass du da, dass die diese Maßnahmen, die, die eingegriffen haben mit dem ehmm. Aus ausgeschult oder geworfen aus der Schule. War das gerecht oder wie? Wie hast du dich da gefühlt.
DR3.1 [01:07:17]
Als der Junge die Schule verlassen hat? War es natürlich für mich sehr gerecht. Allerdings bis es dazu gekommen ist, war es kein einfacher Weg für meinen Vater. Er hat da auch nicht nachgegeben. In den ersten Versuch, das zu unterbreiten, dass dieser Junge gefälligst die Schule oder die Klasse verlassen soll, ist nicht erfolgt. Natürlich hat dieser Junge und dieser Vater sich auch gewehrt, aber nach mehreren Versuchen und auch Hilfe von dem evangelischen Roma Verein hat das natürlich geklappt. Also mein Vater hatte Hilfe. Er hat einen.
E.I. [01:08:04]
Von einem Verein?
DR3.1 [01:08:04]
Von einem Verein Hilfe geholt. Er hat das dort erklärt, was seiner Tochter passiert ist und dass das nicht richtig ist und dass da tatsächlich auch Maßnahmen ergriffen werden sollten. Und nach dem Versuch hat es dann geklappt und der Junge musste dann. Die Schule verlassen.
E.I. [01:08:27]
Also das heißt, der Verein hat sich da eingesetzt und. Meinst du dann waren die Chancen größer mit dem Hilfe Verein, dass man dazu Gerechtigkeit finden?
DR3.1 [01:08:41]
Ohne den Verein wäre es nicht dazu gekommen, weil wir auch nicht gesagt haben, dass wir Roma sind. Aber als mein Vater das dann der Schulleitung mitgeteilt hatte unter ehmm. Voraussetzung, dass das nicht weitererzählt wird und auch nicht der Klasse erzählt wird, dass ich Roma bin, hat das dann natürlich geklappt, weil einen Roma Mädchen zu erzählen, dass sie vergast werden sollte, entspricht nicht den deutschen Prinzipien. Und das hat dann dazu geführt, dass der Junge diese Schule verlassen musste. Damit haben wir natürlich nicht gerechnet. Aber die Chance hat mein Vater ergriffen. Das war das erste Mal, dass er sich geoutet hat. Und auch das letzte Mal.
E.I. [01:09:32]
Das letzte Mal.
DR3.1 [01:09:32]
Letzte Mal.
E.I. [01:09:36]
Wie war das? Das war eine Grundschule.
DR3.1 [01:09:38]
Das war eine Grundschule.
E.I. [01:09:39]
Wie war es dann in der weiterführenden Schule?
DR3.1 [01:09:43]
In der weiterführenden Schule habe ich so was nie erlebt. Klar gibt es immer wieder einen, sage ich mal, der solche Anmerkungen verteilt hat. Blöde Ausländer, Ausländer raus! Aber da hat sich wahrscheinlich mein Charakter so stark entwickelt, dass mich sowas nicht mehr verletzt hat und oder angegriffen hat. Aber sowas wie in der Grundschule habe ich danach nicht mehr erlebt.
E.I. [01:10:08]
Auch in der Ausbildung?
DR3.1 [01:10:13]
Nein so was ist mir nicht mehr widerfahren. Gott sei Dank (Lacht).
E.I. [01:10:19]
Ja was sind deine stärksten Erinnerungen an deine Zeit als Jugendliche? Woran du dich jetzt so ganz stark erinnerst?
DR3.1 [01:10:30]
Ja, leider keine guten, muss ich sagen. Mich hat viel geprägt, dass wir sehr lange als Asylbewerber in ehh Deutschland gelebt haben. Und das meine fast meine ganze Jugend mit einbezogen hat. Das heißt, man, mein täglicher normaler Alltag hat sich damit. Wiedergefunden, um einen Weg zu finden, wie wir an deutschen Aufenthalt kommen.
E.I. [01:11:00]
Wie lange habt ihr so gelebt? Wie lange war das?
DR3.1 [01:11:04]
Ungefähr zehn Jahre.
E.I. [01:11:07]
Zehn Jahre? Das heißt, du bist mit 16 gekommen? Mit sechs entsculdigung? Und dann was? Bis zu deinem 16.
DR3.1 [01:11:15]
Lebensjahr. Genau. Habe ich damit verbracht, gemeinsam mit meinen Eltern einen Weg zu finden, um an einen deutschen Aufenthalt zu kommen. Weil wir vier Jahre unser Leben hier in Deutschland aufgebaut haben. Und dann einfach so verlassen und alles hinschmeißen. Wäre ein bisschen fatal gewesen.
E.I. [01:11:37]
Wie war es für dich, so als Asylbewerber hier zu leben? War das…
DR3.1 [01:11:43]
Schrecklich. Das hat damit angefangen, als wenn die Sommerferien angefangen haben, dass alle Freunde natürlich in den Urlaub gefahren sind und wir wieder als einzige Kinder mit meiner Schwester daheim geblieben sind. Wir durften ja nicht das Land verlassen, somit konnten wir auch keinen Urlaub machen. Und das ist auch ein Grund gewesen. Oder Erinnerungen, die geblieben sind und wo ich schon gesagt habe nicht gute. Das hat mich immer sehr, sehr zurück geschmissen und gesagt, dass… Ich hätte es schon gerne anders gehabt und das hat auch viel, viel, viel geprägt.
E.I. [01:12:26]
So hinein in deine Schulzeit, sagen wir weiterführende Schule und Ausbildungszeit. Gab es dann mehrere große Schulen, mehrere Kinder, mehrere Gruppen? In welche Gruppen hast du dich da wohlgefühlt?
DR3.1 [01:12:47]
Ich hatte tatsächlich einen verschiedenen Freundeskreis gehabt. Aber tatsächlich hatte ich sehr viele deutsche Freunde gehabt. Sehr viele Freunde unter anderem, mit denen ich heute noch befreundet bin. So wie in der Grundschulzeit. In der weiterführenden Schule und im Anschluss auf dem Berufskolleg hatte ich vorwiegend deutsche Freunde gehabt. Auch mein erster Freund war ein Deutscher.
E.I. [01:13:26]
Also sehr viele solche Freunde. Wie ist die Kultur bekannt und du hast, du bist da gut aufgenommen?
DR3.1 [01:13:35]
Wurde immer sehr gut aufgenommen. Am Anfang ist es wie jedes andere Kind. Was das erste Mal ein Haus betrifft, wird man ausgefragt Woher kommst du? Was machst du? Woher kommen deine Eltern? Was machen deine Eltern? Und nach einer Zeit wurde man sehr gut aufgenommen. Ich habe nie gemerkt, dass ich anders bin als die ahmm deutschen Kinder.
E.I. [01:14:00]
Meinst du, dass du hast es geschafft, dass die dich da aufnehmen. Hast du dir das selber geschafft oder ist das so weil du… Wieso? Wieso haben die sich dann auf einmal im Vergleich mit der Zeit jetzt von dem von der Grundschule? Diese Erinnerungen. Also wieso ist das jetzt dann so gewesen? Was meinst du?
DR3.1 [01:14:25]
Ganz unterschiedlich. Ich denke, mal die. Vielleicht habe ich es geschafft. Ja. Aber es hat ja auch gedauert. Wie am Anfang, bis wir aufgenommen wurden. Wir sind in der Gesellschaft und das spricht sich ja vielleicht auch rum. [Stadt 1 in Deutschland] ist eine kleine Stadt und jeder kennt auch jeden und das spricht sich auch schnell rum. Aber es ist ja doch schwierig gewesen am Anfang. Aber mit der Voraussetzung, dass wir eine jugoslawische Familie sind und keine ernten.
E.I. [01:15:05]
Wie war das für dich in deinen Arbeitswelt. Sagen wir mal finde ich das jetzt ein bisschen welche mit dem Ausbildung und Weiterbildung und was du machst die Reihe. Wie war sagen wir mal an deine erste Arbeitsstelle. So, wie sind da Erinnerungen?
DR3.1 [01:15:29]
Meine erste Arbeitsstelle war auch meine Ausbildungsstelle. Das war mein erster Punkt, wo ich auch angefangen habe zu arbeiten. Und da bin ich eigentlich auch sehr gut aufgenommen worden. Ich muss auch allerdings sagen, da waren ja eine Ein Mix Kultur. Es waren viele türkische Mitbürger, unter anderem auch dabei, polnische Mitbürger. Und da habe ich das Gefühl, nie erlebt, anders zu sein oder ein Ausländer zu sein, weil da waren halt sehr viele, auch andere Kulturen mit dabei und. War ein bisschen anstrengend, aber da habe ich nie das Gefühl gehabt, dass ich mich da nicht aufgehoben fühle. Es wurde sehr schnell aufgenommen.
E.I. [01:16:30]
Hattest du gute Noten?
DR3.1 [01:16:32]
Ja, tatsächlich hat sich immer gute Schulnoten. Das. Das ist, da man dann wieder zurückgeht, meine Familie. Die haben versucht, immer ein anderes Leben zu führen. Und Schulbildung, Bildung, gute Noten inbegriffen waren halt sehr wichtig bei uns. Das wurde uns von Anfang an immer so vermittelt, dass Bildung sehr wichtig ist und dass man das nicht außer Acht nehmen soll, dass das halt Priorität hat bei uns. Und das hat tatsächlich dazu geführt, dass ich immer gute Schulnoten hatte.
E.I. [01:17:10]
Und. Kannst du mir erzählen, ähh wie es dazu kam, dass du diesen Beruf ausgesucht hast? Also das, was du gerade machst.
DR3.1 [01:17:22]
Ja, das ehmm. Liegt daran, dass meine Großeltern im Krankenhaus gearbeitet haben und ich ja schon als kleines Kind so begeistert davon war und unbedingt in diese Fußstapfen treten wollen. Und dann gab es auch meine Tante, die eine Krankenschwester ist und immer wieder Leute versorgt hat und ich ihr auch nachgeeifert habe. Und so bin ich in der Richtung gekommen. Also das ist, das wurde mir schon so ein bisschen in die Wiege gelegt. Und dadurch, dass meine halbe Familie in ehmm dieser Branche arbeitet, ehmm wird man geprägt.
E.I. [01:18:07]
Ich möchte dir noch paar andere Frage stellen. Deine Familie?
DR3.1 [01:18:16]
Ja.
E.I. [01:18:18]
Wenn es geht. Willst noch was trinken?
DR3.1[01:18:21]
Nein. Alles gut. Danke
E.I. [01:18:25]
Okay. Ähm. Wie würdest du deinen Vater beschreiben?
DR3.1 [01:18:32]
Mein Vater. Verschlossen. Verschlossen.
E.I. [01:18:40]
Wie würdest du ihn beschreiben. Einfach.
DR3.1 [01:18:44]
Also als Vater. Sehr liebevoll. Intelligent. Es ist ein laufender Google. Man kann nicht alles fragen. Allgemeinwissen. Hat viel Allgemeinwissen, hat ein großes Herz. Und es ist immer für einen da. Also, es ist immer der erste Mensch, den ich anrufen würde, wenn mir etwas widerfahren sollte oder so, dann würde ich als erstes mal meinen Vater anrufen. Das ist heute noch so!
E.I. [01:19:22]
Und was für eine Beziehung hast du mit deiner Mutter?
DR3.1 [01:19:29]
Meine Mutter ist eine liebevolle Frau. Sie hat uns viel versucht, von der Roma Kultur ein bisschen mitzugeben. Was? Was mein Vater nie gemacht hat. Sie versucht, uns etwas immer ein bisschen zu vermitteln und mitzugeben. Aber ja, in kleinen Maßen ist es nicht so geprägt. Aber es ist. In kleinen Massen haben wir noch sehr viel von ihr mit mitgenommen als Kinder.
E.I. [01:20:01]
Nenn mir ein Beispiel. Was? Versuch sie ihr dir von einer Kultur zu geben. Was genau, da genau…
DR3.1 [01:20:11]
Zum Beispiel ist es sehr wichtig, dass diese Respekt von den Älteren zu haben. Das hat meine Mutter mir immer vermittelt. So ganz einfache Gesten wie zum Beispiel wenn ein Raum ein älterer betritt, hast du gefälligst aufzustehen und ihnen deinen Platz anzubieten. Das ist so ein bisschen typisch Roma Kultur. Und solche Gesten, solche Bräuche hat sie uns halt auch ein bisschen mitgegeben.
E.I. [01:20:41]
Du hast mir erzählt, dass du auch Geschwister hast. Kannst du mir mal ein bisschen von deinen Geschwister erzählen? Und was für ein Verhältnis hast du zu deiner Geschwistern?
DR3.1 [01:20:55]
Also, als wir nach Deutschland gekommen sind, gab es ja mich und meine jüngere Schwester. Meine Schwester war damals ein Jahr alt. Oder eineinhalb. Und mit der Zeit kam dann noch eine Schwester dazu. Sie ist auch heute 23 Jahre alt. Meine mittlere Schwester ist 32 Jahre alt. Wir haben eine sehr inniges Verhältnis. Ich habe keine beste Freundin. Meine Bestenfreunde sind meine Schwester. Das war immer so und ich glaube, es wird auch immer so sein. Wir haben. Es gibt keinen Tag, an dem wir nicht telefonieren oder uns schreiben oder den anderen kontaktieren, um zu fragen, wie es einem geht oder was den anderen so am Tag passiert ist. Und wir haben auch das große Glück, dass wir alle drei zusammen arbeiten bei der Krankenkasse. Meine mittlere Schwester hat gelernt als Rechtsanwalt und Notar Fachangestellte und hat sich da bei der Allgemeinen Ortskrankenkassen auch weiterentwickelt und ist jetzt in der Rechtsabteilung. Und meine jüngere Schwester hat meinen Weg eingeschlagen, hat Zahnmedizinische Fachangestellte gelernt und hat den Weg dann genau in meiner Branche in der Allgemeine Ortskrankenkassen auch gefunden. Also wir sind Teamkollegen, sogar beide verheiratet. Meine mittlere Schwester hat einen deutschen Ehemann und sie hat wahrscheinlich das getan, was ich nicht getan habe und. Vielleicht mutiger war als ich.
E.I. [01:22:47]
Er weiß, dass sie ein Roma ist.
DR3.1 [01:22:50]
Er weiß, dass sie Roma ist und seine Familie ebenfalls. Das heißt seine Eltern, seine Geschwister. Weiter hinaus weiß ich es nicht genau, habe ich nicht nachgefragt. Aber sie wissen, dass wir Roma sind. Sie waren auch erst sehr skeptisch, was ich nachvollziehen kann. Aber sie haben meine Schwester kennengelernt und gesehen und ihr auch gesagt Hey, ihr seid doch nicht so, wie wir dachten. Also dieses typische Roma Bild, was sie vor Augen hatten, haben sie durch meine Schwester und unsere Familie verloren. Und haben das Bild jetzt von unserer Familie entdeckt und sehen uns nicht mehr als. Das Z Wort. Sondern als eine ganz normale Familie.
E.I. [01:23:45]
Versteht sich deine Schwester gut mit ihrem Ehemann? Hat sie ein gutes Leben?
DR3.1 [01:23:50]
Ja, sie verstehen sich sehr gut. Sie lieben sich. Ich. Sie sind ja noch zusammen. Sie sind acht Jahre lang zusammen gewesen, bevor sie geheiratet haben. Und in der Zeit hat natürlich auch die Familie erfahren. Meine Schwester ist damals sehr offen gegangen. Sie ist die Mutige gewesen. Sie hat das immer wieder gesagt. Hey, ich bin Roma. Ich möchte nicht mit dem Geheimnis nicht leben. Weil sie will ja auch ein gemeinsames Leben mit ihm führen. Und er soll ja schon wissen, worauf er sich hinein begibt.
E.I. [01:24:33]
Und Familien verstehen sich auch gut. Ja.
DR3.1 [01:24:38]
Tatsächlich verstehen sich alle gut. Wir feiern zusammen Weihnachten. Wir feiern zusammen Ostern. Geburtstage. Und Grillpartys. Also. Mein Schwager wurde bei uns in der Familie sehr gut aufgenommen. Und fühlt sich auch immer wieder wohl bei uns und meine Schwester genau so in der deutschen Familie haben.
E.I. [01:25:06]
So? Du hast ja deinen Mund. Dein Mann erwähnt das. Wie hast du ihn kennengelernt? Und dass du. Hast du. Kann ich dir. Hast du eine eigene Familie? Hast du Kinder?
DR3.1 [01:25:19]
Ja.
E.I. [01:25:19]
Kannst du mir.
DR3.1 [01:25:20]
Ja. Ich bin jetzt mit meinem Mann 17 Jahre zusammen. 21. Lebensjahr haben wir, führen wir eine Beziehung. Davon waren wir ungefähr fünfeinhalb Jahre lang ein Paar und sind dann anschließend Eltern geworden. Meine Tochter ist im Moment zwölf Jahre alt. Meine älteste Tochter, meine jüngere Tochter, ist zehn Jahre alt. Sind beide auf einem Gymnasium auf einen weiterführenden Schule gekommen. Und für ein, sage ich mal, deutsches Leben. Meine Kinder können kein Roma.
E.I. [01:26:04]
Können sie nicht, wenn man nicht spricht.
DR3.1 [01:26:07]
Die sprechen nicht. Sie verstehen das teilweise. Aber sprechen das nicht.
E.I. [01:26:16]
Wieso willst du denen das nicht beibringen? Oder die wollen das nicht. Wie?
DR3.1 [01:26:22]
Meine Kinder sind da eigentlich nicht schuld. Schuld daran ist ich und mein Mann. Weil wir untereinander auch nur Deutsch sprechen. Das ist so am ersten Tag unserer Beziehung gewesen, dass wir nur Deutsch miteinander gesprochen haben und dann auch weiterhin, als wir zusammengezogen sind, verheiratet etc. war, haben wir auch nur Deutsch gesprochen. Das ist heute noch so, also die Muttersprache meiner Kinder ist Deutsch.
E.I. [01:26:56]
Möchtest du, dass deine Kinder die Kultur und die Sprache irgendwie wissen noch? Oder ist das dir nicht so wichtig?
DR3.1 [01:27:06]
Doch, schon. Also ich möchte gerne, dass meine Kinder das wissen, verstehen. Schöner wäre es natürlich, wenn sie auch sprechen würden. Ich habe meinen Kindern immer wieder das weitergegeben, was ich vorgelebt habe. Es ist wichtig, eine Bildung zu haben im Leben, in der Gesellschaft gut aufgenommen zu werden. Und das habe ich natürlich meinen Kindern so vermittelt. Und die leben das jetzt auch aus. Darunter war für mich die Sprache nicht so wichtig.
E.I. [01:27:38]
So gibt es jetzt eine Unterschied du bist ja selber Mutter, deine Kinder gehen ja auch zur Schule. Hattest du das Gefühl, dass deine Kinder auch in der Schule solche Schwierigkeiten wie du gehabt haben oder haben?
DR3.1 [01:27:51]
Ja. Ist das in Ordnung? Ja. Ich habe das erst vor kurzem auch mitgemacht. Das ist meine Tochter. Meine 12-jährige Tochter hat dunkel schwarzes Haar und auch meine Augenfarbe braun, also tief braune Augen. Und sie wurde auch in der Klasse als Ausländer beschimpft und auch als Öl Auge. Das ist halt leider verbreitet hier im Ruhrpott und sie solle doch bitte wieder Deutschland verlassen. Das hat meine Tochter erst vor kurzem auch erfahren müssen. Und daraufhin hat sie aber sehr gut gekontert und sagte Ja: „ich lebe in Deutschland, ich bin hier geboren, ich spreche nur Deutsch. Welches Land bitte soll ich? Wo und welches Land soll ich bitte zurückgehen?“ Und ich finde, dass Sie das mit Ihren zwölf Jahren sehr gut gekontert hat, weil das natürlich der Wahrheit entspricht.
E.I. [01:28:55]
Also, sie würde auch zurückgeschickt.
DR3.1 [01:28:57]
Ja, sie wurde in ein Land zurückgeschickt, was das für ihren ihre Situation eigentlich gar nicht gibt. Sie ist hier zu Hause. Das ist hier ihre Heimat. Sie spricht Deutsch, und das hat sie versucht, diesen Jungen zu vermitteln. Aber es ist wahrscheinlich so von Zuhause aus geprägt gewesen bei diesem Junge, dass alle schwarzhaarige, dunkelhaarige Menschen bitte zurückgehen sollen in ihren Land.
E.I. [01:29:28]
Also.
DR3.1 [01:29:29]
Das passiert tatsächlich heute.
E.I. [01:29:31]
Ja.
DR3.1 [01:29:32]
Ja.
E.I. [01:29:33]
Und meinst du, sie hat das alleine selber gemeistert und Antwort gegeben? Oder musstest du auch mal zur Schule gehen und Gespräche da führen? Wie Wie hast du dich dann gefühlt?
DR3.1 [01:29:46]
Also nach der Fahrt. Ich wurde wieder 20 Jahre zurück in die Vergangenheit geschickt, weil mich das so überkommen hat, dass meiner Tochter, wo ich gedacht habe, eigentlich dieses Deutschland ist nicht mehr das, was es mal vor 20 Jahren war. Und da habe ich mich wiedergefunden. Als ich das mitbekommen habe. Und das darf doch wohl nicht wahr sein, dass meine Tochter so was passiert. Sie spricht perfekt Deutsch, sie benimmt sich genau wie andere deutsche Mädchen auch. Und dass ihr das widerfährt, war für mich nicht vorstellbar. Ich musste tatsächlich auch zur Schule gehen und dass das Schulamt also der Schulleitung mitteilen.
E.I. [01:30:30]
Wieso ist das so? Immer noch? Was meinst du, wieso ich das jetzt immer noch so in der heutigen Zeit da?
DR3.1 [01:30:39]
Ja. Es wird. Also. Diesen Jungen kann ich es ja nicht übel nehmen. Das wird ihn ja von zu Hause aus so mitgegeben. Und es wird immer wieder von Generation zu Generation weitergegeben, dieses Faschismus.
E.I. [01:30:58]
Meinst du, dass Faschismus in Deutschland immer noch gibt?
DR3.1 [01:31:02]
Ja. Auch nicht groß Unterschied wie vor 20 Jahren.
E.I. [01:31:09]
Meinst du das früher mehr war oder ist jetzt mehr? Was würdest du da sagen?
DR3.1 [01:31:16]
Meiner Erfahrung nach war es früher mehr. Dadurch, dass sich in Deutschland, sage ich mal so entwickelt hat mit sehr multikulturell, ist das etwas weniger geworden. Aber in so Orten wie in [Stadt 1 in Deutschland], wo jetzt sage ich mal nicht die Ausländeranzahl hoch ist wie jetzt vergleichbar mit Großstädten, ist der Faschismus größer, also so kleiner die Stadt, umso größer der Faschismus.
E.I. [01:31:47]
Also und dort, wo mehr Ausländer gibt, da ist weniger?
DR3.1[01:31:52]
Weniger, ja.
E.I. [01:31:54]
Meinst du, liegt es, dass die Deutschen, die in größeren Orten leben, haben mehr mit dem Ausländer und sind da öffener?
DR3.1 [01:32:04]
Oder die sind natürlich offener, weil sie ja die die Möglichkeit haben, die in den Kleinstädten nicht haben, sich anzuschauen und mehrere Kulturen kennenzulernen. Und dadurch sind sie natürlich weltoffener, verständlich. Jemand, der, sage ich mal, in einer Vorstadt lebt und überhaupt keinen Zugriff hat zu mehr anderen Kulturen. Es dementsprechend auch ähmm nicht so offen.
E.I. [01:32:39]
Hast du viele deutsche Freunde?
DR3.1 [01:32:43]
Teilweise. Aber mit der Zeit hat sich das so entwickelt, dass ich sehr viele Multi Kulti Freunde habe, also unter anderem türkische Freunde, italienische Freunde, polnische Freunde, russische Freunde. Die deutschen Freunde habe ich immer noch. Aber es ist nicht mehr so wie früher. Es ist weniger geworden.
E.I. [01:33:12]
Hmm okay, was hat dein Lebensweg am meisten ähh geprägt?
DR3.1 [01:33:26]
Das ist schwierig. Am meisten hat mich geprägt, dass wir hier eine. In Deutschland sehr lange keine Papiere hatten.
E.I. [01:33:37] Dein Status.
DR3.1 [01:33:38]
Ja das hat mich am meisten geprägt und auch sehr viel von meiner Kindheit genommen.
E.I. [01:33:44]
Kannst du dich erinnern, als ihr den Status bekommen habt? Wie war das für dich?
DR3.1 [01:33:51]
Es war natürlich schön erleichternd. Freiheit gewonnen.
E.I. [01:33:57]
Was hast du so als erstes gemacht hast? Du wusstest jetzt. Ich habe jetzt meinen Status hier. Was hast du als erstes gemacht? Oder was hast du als erstes gedacht?
DR3.1 [01:34:06]
Als erstes habe ich gedacht, dass ich jetzt in den Urlaub fahren kann. Das war das Erste. Und das haben wir natürlich auch sofort gemacht. Wir haben kurz darauf unsere Sachen gepackt und sind dann in die Heimat als erstes gefahren.
E.I. [01:34:21]
Wie war dein Gefühl danach? Wie viele Jahren war das? Zehn, Zehn Jahre? Kein Urlaub gehabt und nach zehn Jahren dann erst einmal eine Heimat.
DR3.1 [01:34:32]
Es war total aufregend, war als Jugendlicher total aufregend. Das war schön. Auch die Gedanke daran, in den Urlaub zu fahren ehh, zu fliegen, war besonders. Aber als man dann da angekommen ist in der Heimat. War es dann ein Rückschlag auch. Man hat zu viel verpasst. Man hat einiges verloren. Unter anderem. Die Großeltern.
E.I. [01:35:06]
Naja, naja.
DR3.1 [01:35:08]
Da war ja keiner mehr da. Und dann wusste man ja, es ist schon eine lange Zeit gewesen. Was man verpasst hat.
E.I. [01:35:17]
Gehst du jetzt immer noch in deine Heimatort?
DR3.1 [01:35:23]
Tatsächlich war ich jetzt des Öfteren da und freue mich auch wieder dahin zu fahren.
E.I. [01:35:31]
Also, du hast immer noch Freunde.
DR3.1 [01:35:33]
Und ich habe immer noch Freude daran. Ja, und ganz unerwartet auch für mich, dass meine Kinder, die überhaupt keinen Bezug dazu haben, sich auch freuen.
E.I. [01:35:44]
Und die freuen sich auch. Wann warst du das letzte Mal da?
DR3.1 [01:35:48]
Vor drei Monaten (Lacht).
E.I. [01:35:49]
Okay. Okay. Und würdest du und deine Kinder würden immer wieder dahin gehen? Ja.
DR3.1 [01:35:56]
Wir fahren jetzt in den Urlaub.
E.I. [01:35:57]
Dein Mann auch.
DR3.1 [01:35:58]
Ja, mein Mann auch. Obwohl er überhaupt keinen Bezug zu diesem Land hat und er auch nicht dort geboren ist. Er ist hier in Deutschland geboren und aufgewachsen und ist fast nie daheim gewesen. Freut sich jetzt mit mir wieder erneut.
E.I. [01:36:12]
Was? Was gefällt euch daran? Was? Was macht euch sehr glücklich? Was ist das bei dir? Genau? Und was ist das?
DR3.1 [01:36:21]
Es ist dieses. Dieses. Diese Freiheit, die man dort erlebt. Dieses Ja. Einfach frei leben. Wie soll ich das definieren? Es ist. Es sind Glücksgefühle, wenn man dort ankommt. Man lebt einfach vor sich hin und lebt den Tag intensiver. Den man in Deutschland nicht hat. Man genießt das Essen dort, man genießt, auch wenn es nur ein Glas Wasser ist. Aber es ist ein ganz anderes Leben.
E.I. [01:36:55]
Also in Deutschland lebt man nicht frei.
DR3.1 [01:36:59]
In gewisser Form nicht, nein. Man ist zwar frei als Mitbürger, man lebt. Man hat ein freies, demokratisches Leben. Aber. Man ist nicht so ähmm! Man ist sehr viel gebunden hier der Alltag und man ist gefangen. Man lebt vor sich hin. Was man in der Heimat nicht hat. Man genießt den Tag und das Leben.
E.I. [01:37:34]
Und das macht dich glücklich.
DR3.1 [01:37:35]
Das macht einen glücklich ja.
E.I. [01:37:39]
Könntest du dir vorstellen, zurück zu gehen?
DR3.1 [01:37:42]
Tatsächlich ja. Ja.
E.I. [01:37:45]
Auch dort zu leben?
DR3.1 [01:37:47]
Ja.
E.I. [01:37:52]
Okay, was würdest du rückblickend etwas anderes machen in deinem Leben? Was hättest du anders gemacht?
DR3.1 [01:38:02]
Da habe ich oft darüber nachgedacht. Tatsächlich hätte ich mir manchmal Ich habe auch die Frage habe ich mein Vater gestellt? Wärst du mal zu Hause geblieben? Dann wäre das Leben vielleicht anders gewonnen, hätten wir vielleicht diese zehn Jahre nicht verloren.
E.I. [01:38:21]
Also zu Hause in Mazedonien. Du denkst an diese zehn Jahre als Asylbewerberin hier.
DR3.1 [01:38:28]
Richtig.
E.I. [01:38:30]
Die sind ziemlich schwer für euch gewesen.
DR3.1 [01:38:33]
Sehr schwer, für mich persönlich am schwierigsten. Dass wir sehr viel verpasst haben im Leben.
E.I. [01:38:42]
Meinst du, wenn wir da unten geblieben wären, wäre das anders? Wie wäre es glücklicher.
DR3.1 [01:38:48]
Intensiver, das Leben intensiver geführt? Vielleicht auch als normale Kindheit oder normaler Jugendlicher? Wir hätten Urlaub gehabt, wir hätten mit den Großeltern zusammen aufwachsen können und es wäre vielleicht harmonischer. Nicht, dass wir eine harmonische Familie hier in Deutschland sind, aber es wäre vielleicht harmonischer gewesen zu Hause.
E.I. [01:39:15]
Würden deine Eltern zurück gehen?
DR3.1 [01:39:18]
Das glaube ich nicht.
E.I. [01:39:21]
Die wollen sie. Die fühlen sich hier wohl.
DR3.1 [01:39:23]
Die fühlen sich hier wohl. Sonst hätten sie es getan(Lacht).
E.I. [01:39:31]
Bis jetzt. Ja. Ja. Bevor wir zu. Gibt es etwas, was du gerne aus deinem Leben erzählen möchtest oder was ich dich nicht gefragt habe? Du hättest gerne etwas erzählt. Gibt es etwas, was du da erzählen möchtest? Und ich habe dir diese Fragen nicht gestellt. Vielleicht hättest du die Frage.
DR3.1 [01:40:00]
Nicht, was mir was auffällt. Eigentlich habe ich so. Fast alles erzählt von meinem Leben.
E.I. [01:40:10]
Deine Arbeit oder etwas über deine Kinder man Geschwister etwas oder weil sie nicht, weil sie seine Pläne für Zukunft.
DR3.1 [01:40:19] J
a, meine Pläne wurden vor einem Jahr so ein bisschen aus der Bahn geworfen. Meine Zukunftspläne waren eigentlich immer erfolgreich im Beruf zu sein. Eine glückliche Ehe zu führen, gesunde Kinder zu erziehen und den auch die Werte, die ich vorgelebt habe oder lebe, auch weiter zu vermitteln. Ich bin halt leider an Krebs erkrankt vor einem Jahr und das hat mich so ein bisschen aus der Bahn geworfen. Das ist etwas schwierig. Für mich und für meine Familie. Aber das hat die Familie noch mehr zusammengebracht und gestärkt. Das macht auch natürlich einen anders. Es verändert einen und die Ziele und die Erwartung vom Leben hat sich auch verändert. Man lebt nicht mehr so für die Zukunft oder was man erreichen möchte, sondern man lebt einfach vor sich hin und jeder Tag zählt. Das sind aber persönliche Entwicklungen sag ich immer, dass unabhängig von meinem Namen, von meiner Herkunft oder mein Zuhause oder Familie.
E.I. [01:41:52]
Wie ich das wie eine Familie, eine Familie da unterstützt?
DR3.1 [01:41:56]
Ja, sehr. Ohne, ohne Familie hätte ich das glaube ich gar nicht so wirklich geschafft. Also die Familie ist wirklich das Wichtigste für mich gewesen. Immer. Und das hat dann noch mal alles bestärkt oder bestätigt, dass es ohne Familie nicht klappt.
E.I. [01:42:17]
Siehst du das anders? Wie? Nach. Jetzt geht es dir gut?
DR3.1 [01:42:21]
Ja. Gott sei Dank(Lacht).
E.I. [01:42:23]
Super. Freut mich. Siehst du das jetzt anders? Nach und nach. Die Krankheit. Hast du einen anderen Blick? Da hast du jetzt eben erwähnt. Andere Pläne hinausgeworfen. Was ist jetzt anders?
DR3.1 [01:42:37]
Ja, mein Mann denkt ganz anders. Also ist es so, als ob es. Als wäre man ein anderer Mensch. Vorher war es für mich, wie gesagt, wichtig, Ziele zu erreichen. Wie? Ich würde gerne eine ein Haus kaufen, ein Auto und materielle Werte und eine erfolgreiche Zukunft für die Kinder und dass die halt eine erfolgreiche Karriere starten. Das war für mich alles so wichtig. Aber nach der Krankheit sind diese Sachen für mich als Nebensache geworden. Es ist alles nicht mehr so wichtig. Dieses Materielle und karrieremäßig, das ist für mich nicht mehr so wichtig. Für mich ist wichtig, dass wir als Familie gemeinsam zusammenleben. Egal wo.
E.I. [01:43:33]
Egal wo ob in Deutschland oder in Mazedonien.
DR3.1 [01:43:36]
Das ist egal.
E.I. [01:43:37]
Hauptsache als Familie.
DR3.1 [01:43:38]
Als Familie und gesund.
DR3.1 [01:43:40]
Und gesund. Gesundheit ist das Wichtigste, Wichtigste. Ja, schönes Abschlusswort. Möchtest du noch etwas sagen? Ich habe hier keine Fragen mehr. Bevor ich mich Ja. Bedanken bei dir. Möchtest du noch etwas sagen, was ich da für günstig.
E.I. [01:44:01]
Herzlichen Dank an dich, dass ich hier meine Lebensgeschichte dir erklären, erzählen durfte. Oder auch an die Welt draußen. Das hat Spaß gemacht. Vielen Dank.
E.I. [01:44:12]
Danke auch. Danke auch. Ich habe. Ja. Ich habe zu danken. Natürlich, dass ich hier sein durfte. Und dass ich. Dass du dir Zeit genommen hast. Dass du mir.
DR3.1 [01:44:23]
Gern.
E.I. [01:44:25]
Von dein Leben und Erfahrungen erzählt hast. Bedanke mich herzlich, herzlich für deine Zeit und wünsche dir alles Gute, vor allem für Gesundheit. Danke. Und bis bald.
DR3.1 [01:44:38]
Bis bald.
E.I. [01:44:38]
Tschüss.